Polizeichef von Oberbayern Süd zu G20-Krawallen: Hätte auch München treffen können

Der Polizeichef von Oberbayern Süd war 2015 Vize-Einsatzleiter beim G7-Gipfel in Elmau.
Herr Kopp, Sie haben in München acht Jahre lang alle Großeinsätze geleitet. 2015 waren Sie Vize-Einsatzleiter beim G7-Gipfel. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie die Bilder aus Hamburg sahen?
Es ist erschreckend. Wir haben hier eine Eskalation von Gewalt von Autonomen und Linken, die wir bisher nicht gekannt haben. Das waren Kriminelle, die auf Leib und Leben von Menschen keine Rücksicht genommen haben. Ich hoffe, dass sehr viele von denen noch nachträglich ermittelt werden.
Sind solche Gewaltexplosionen auch in München denkbar?
Klare Antwort: Ja. München oder Berlin hätte es theoretisch genauso treffen können. Jeder Einsatz birgt Unbekanntes und Risiken. Auch bei noch so guter Vorbereitung können Ereignisse eintreten, die nicht im Voraus planbar sind. In Hamburg waren Kriminelle unterwegs, die es nur darauf angelegt haben, schwere Straftaten zu begehen. Sie sind zum Teil extra aus diesem Grund angereist.
Wie ist die Linie der Münchner Polizei im Umgang mit potenziellen Gewalttätern bei Großeinsätzen?
Kurz und knapp lautet die Linie: In kleinen Dingen großzügig agieren, wenn es aber zu Sicherheitsstörungen kommt, sehr konsequent vorgehen. Generell setzen wir ganz stark auf Kommunikation.
Erreichen Sie Linksextreme mit gutem Zureden?
Beim Schwarzen Block und bei Hooligans stoßen wir als Polizei an Grenzen. Das sind Kriminelle, die anreisen, um Gewalt auszuüben. Diese Leute reden nicht mit uns. Da haben Sie als Polizei ein Problem. Da wird es extrem. Ich zolle den Beamten, die in Hamburg eingesetzt waren, größten Respekt. Das war schon fast übermenschlich, was die geleistet haben. Man muss der Polizei jetzt den Rücken stärken.
Inwieweit sind Hamburg und Elmau vergleichbar?
Ein Vergleich ist nicht statthaft. Die Situation war eine andere. In den vergangenen zwei Jahren hat sich auch die Sicherheitslage noch einmal geändert. Und außerdem ist bei uns in Bayern einiges anders. Bei einer Hausbesetzung gilt beispielsweise, dass sie spätestens nach 24 Stunden zu räumen ist. Ich kann den Einsatz in Hamburg nicht beurteilen, dafür weiß ich zu wenige Details.
Elmau ließ sich als Tagungsort auf jeden Fall besser abschirmen.
Das ist richtig. Wir hatten aber große Gegen-Demos in Garmisch und München mit über 30 000 Teilnehmern. Unser großes Glück war das Wetter. Als es wolkenbruchartig regnete, haben wir Rettungsdecken an die Demonstranten verteilt. Als es heiß war, wurde Wasser verteilt. "Wasserbecher statt Wasserwerfer", hieß es da in den Medien. Ist ja nicht so, dass die Wasserwerfer bei uns nicht bereit standen. Aber wenn ein Polizist einem zuvor etwas Gutes getan hat, greift man ihn nicht so leicht an.
Sollten solche Gipfel künftig nicht mehr in Großstädten stattfinden?
In einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft muss jeder Veranstaltungsort möglich sein.
Lesen Sie dazu auch den AZ-Kommentar "G20-Krawalle: Ein Fiasko mit Ansage"