Pflegenotstand: Abdulai will gern helfen - aber darf nicht!

Abdulai (24) aus Sierra Leone möchte hier als Pfleger arbeiten. Der Staat stellt sich quer.
Ruth Frömmer
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Abdulai aus Sierra Leone wartet seit Jahren auf die Erlaubnis, eine Ausbildung als Pfleger machen zu dürfen.
Abdulai aus Sierra Leone wartet seit Jahren auf die Erlaubnis, eine Ausbildung als Pfleger machen zu dürfen. © Daniel von Loeper

München - Abdulai ist heute 24 Jahre alt. Mit 19 flüchtete er aus Sierra Leone nach Deutschland. Der Grund: Er ist schwul und das gilt in seiner Heimat als Verbrechen. Der Staat und seine Mitmenschen hätten ihm das Leben dort zur Hölle gemacht, ihn mit Steinen beworfen und mit dem Tod gedroht. Viele Menschen wurden schon wegen ihrer sexuellen Orientierung ermordet.

"In Europa kann man so sein, wie man will, deshalb wollte ich hier leben", erzählt Abdulai. Und so hat er 2016 das große Risiko auf sich genommen und ist über Guinea, Mali, Burkina Faso bis nach Libyen geflüchtet. Von dort setzte er mit dem Boot nach Italien über – ein gefährliches Unterfangen, bei dem viele Menschen im Meer ums Leben gekommen sind.

Ein Ausbildungsplatz ist da, aber die Behörden erteilen keine Erlaubnis

Er hat es schließlich geschafft und in München Asyl beantragt. Seitdem muss Abdulai warten. Er hat die Zeit genutzt, die Schule besucht, spricht gut Deutsch auf B2-Niveau. Und er weiß auch, was er hier werden möchte: Krankenpfleger. Dass er für diesen Beruf geeignet ist, wurde ihm bei mehreren Praktika bestätigt.

Einen Ausbildungsplatz hätte er schon vor Jahren antreten können. Aber er bekommt keine Arbeitserlaubnis. Zwar hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF inzwischen verstanden, dass er tatsächlich schwul ist, Asyl gewähren möchte man ihm aber trotzdem nicht.

Seine Identität ist für die Behörden noch nicht ausreichend geklärt. In Sierra Leone hat Abdulai nie Ausweispapiere bekommen. Aber ohne die erhält er keine Arbeitserlaubnis. Er hat eine Geburtsurkunde, aber diese wird nicht anerkannt, da sie (wie in Deutschland auch) grundsätzlich kein Foto hat.

Aufgeben ist keine Option

Aber Abdulai gibt nicht auf, stellt sich allen behördlichen Anhörungen. Denn Rückkehr ist für ihn keine Option. Er möchte unbedingt arbeiten, eine Ausbildung machen. Das Nichtstun zermürbt den jungen Mann, der in einer Geflüchteten-Unterkunft lebt.

Im Sub - dem Schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum München - hat Abdulai Menschen gefunden, die ihn (und andere Asylbewerber) unterstützen. Sein Betreuer Yury Snigirev und die Anwältin Ronja Corell stehen ihm nun zur Seite, aber die Lage scheint aussichtslos.

"Dieser Fall ist exemplarisch. In all den Jahren, seit ich diese Arbeit mache, gab es nicht einen Fall, wo jemand arbeiten wollte und keine Arbeit gefunden hat. Aber zahllose, die keine Arbeitserlaubnis bekommen haben", erzählt Ronja Corell.

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Trotz Pflegenotstand darf Abdulai nicht als Pfleger arbeiten

Bei jedem Fall liegt es im Ermessen der Behörde, ob sich ein Mensch ausreichend bemüht hat, seine Identität zu klären. Abdulai hat alles mitgemacht, seine Zwangsvorführung war bereits im Oktober letzten Jahres. Einen Pass bekam er nicht.

Aber das Sub macht jetzt Druck. "Es kann nicht sein, dass wir in einem Land mit Pflegenotstand auf eine helfende Hand wie Abdulai verzichten", sagt sein Betreuer Yuri Snigirev. Inzwischen hat Abdulai sogar einen neuen Arbeitsvertrag. "Das zeigt doch, wie gut der junge Mann in Deutschland integriert ist", ergänzt seine Anwältin. Im September würde die Ausbildung beginnen. Die Hoffnung, dass Abdulai bis dahin einen positiven Bescheid bekommt, ist groß.

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36 Kommentare
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  • chgmuc am 29.01.2022 13:46 Uhr / Bewertung:

    Ich denke dass da doch etwas mehr hinter dieser Ablehnung steht!

  • Katz und Maus am 29.01.2022 02:47 Uhr / Bewertung:

    @Der wahre tscharlie
    Ohh, jetzt kommt die Nummer mit den Beweisen. Glauben Sie wirklich, ich nenne hier Namen und Anschriften? Welche Beweise haben Sie denn vorzubringen für Ihre Behauptungen, ausser diesen reißerisch aufgemachten Artikel?
    Es ist immer schön, wenn Menschen, die noch nie im Pflegeberuf gearbeitet haben, mir erklären wollen, was alles zum Pflegeberuf dazugehört. Sie können sicherlich Nachweise erbringen, dass Herr Abdulai all diese Voraussetzungen mitbringt. Aber bitte nicht, den Artikel erwähnen. Das ist kein Beweis. Aber, um Ihr Verständnis etwas wachzurütteln. Ich zweifle nicht an (ist auch in keinem meiner Kommentare herauszulesen), dass Herr Abdulai die nötigen Voraussetzungen mitbringt, um den Pflegeberuf zu erlernen. Die "ist-doch-egal-ob-jemand-deutsch-oder-dialekt-spricht"-Diskussion haben Sie angeleiert. Dann müssen Sie auch mit kontroversen Meinungen rechnen. Wenn Sie nur Zustimmung suchen, dürfen Sie keine Diskussion starten.

  • Der wahre tscharlie am 29.01.2022 15:04 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Katz und Maus

    "Sie können sicherlich Nachweise erbringen, dass Herr Abdulai all diese Voraussetzungen mitbringt."
    Wieso ich? Falls du Zweifel an den hier geschilderten Aussagen hast, wende dich vertrauensvoll an diese zwei Personen und frag einfach nach. "Sein Betreuer Yury Snigirev und die Anwältin Ronja Corell stehen ihm nun zur Seite, ....." Oder glaubst du, die erfinden Geschichten???

    Und weiter heißt es in deinem Kommentar....."Ich zweifle nicht an (ist auch in keinem meiner Kommentare herauszulesen), dass Herr Abdulai die nötigen Voraussetzungen mitbringt, um den Pflegeberuf zu erlernen."

    Na was denn nun??? Oder gehts in deinem Kommentar gar um was ganz anderes???

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