Pauls Eltern verklagen ihre Ex-Kita
München – Irgendwie stimmte die Chemie wohl nicht. Fabian Z. (38) und seine Frau Sandra (39), beide berufstätig, nahmen jedenfalls ihren damals 16 Monate alten Sohn Paul nach nur zehn Tagen, also noch in der Eingewöhnungszeit, wieder aus der Feldmochinger Kinderkrippe.
Auf die Kündigung des Platzes im September 2013 reagierte die Kita mit einem Anwaltsschreiben. Es seien die vollen Gebühren für drei Monate zu bezahlen. Immerhin 1602 Euro. Die bereits bezahlte Kaution von 1000 Euro würde daher einbehalten.
Doch das reichte der Kita noch nicht. Sie beklagte einen Einnahmeausfall, da sie Fördergelder nur bekomme, wenn der Kinderkrippenplatz auch tatsächlich belegt sei. Der „Förderungsausfall“ für drei Monate belaufe sich auf 2495,07 Euro. Die Eltern sollten der Kita also insgesamt noch weitere 3100 Euro zahlen.
Schon als die Eltern mit der Kitaleitung die Kündigung besprechen wollten, erklärten die Verantwortlichen, dies hätte „erhebliche finanzielle Konsequenzen“ zur Folge. Die Kündigungsfrist von drei Monaten sei einzuhalten. Das überraschte Fabian und Sandra Z. dann doch. Auch in Feldmoching waren Krippenplätze im September 2013 rar, die Versorgung lag nur bei einem guten Drittel.
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Der Kita-Geschäftsführer erklärte aber gestern vor Gericht, dass man Pauls Platz trotzdem nicht zeitnah neu belegen konnte. Die Kita sei aber auf solche Einnahmen angewiesen.
Pauls Eltern sahen das nicht ein und klagten. Das Urteil des Amtsgericht im Juli 2014 war gespalten. Die Kita darf zwar aufgrund der Kündigungsfrist drei Monate Gebühren verlangen, nicht aber einen „Förderungsausfallschaden“ geltend machen. Beide Parteien gingen beim Landgericht in die Berufung. Schon die Erhebung einer Kita-Kaution wie bei einer Wohnungsvermietung findet Kläger-Anwältin Sabine Richly seltsam. „Ein „Sicherungsbedürfnis“ gibt es beim Kita-Vertrag nicht“, sagt sie. Im Konfliktfall müssen die Eltern aber aktiv klagen, wenn sie Geld zurückverlangen.
Ebenfalls strittig: Ist die Eingewöhnungszeit nicht auch eine Probezeit für Kind und Krippe? Aus Sicht der Eltern kann in den ersten vier Wochen klar werden, dass das Kind in der Kita nicht glücklich wird. So wie bei Paul.
Und selbst wenn das nicht greift: Nichts verlange mehr Vertrauen als die Betreuung von Kleinkindern. Verträge mit besonderer Vertrauensstellung können aber jederzeit fristlos gekündigt werden (§627 BGB).
Eins ist jetzt schon klar: Dieses Verfahren ist von grundsätzlicher Bedeutung, es fehlt an Präzedenzfällen. Die Vorsitzende Richterin Brigitte Schröder kündigte deswegen gestern auch an, dass ihre Kammer die Argumente beider Seiten „in Ruhe“ abwägen will.
Auf den 23. April, den Tag der Urteils, werden Münchens Eltern und Kitas mit Spannung warten.
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