"Wir wollten das unbedingt selbst erleben": Italiener feiern das Dolce Vita auf der Wiesn

Audio von Carbonatix
Nicht alle Wiesnbesucher erlebten einen unbeschwerten Festsamstag: Gegen 17 Uhr musste das Gelände wegen Überfüllung geschlossen werden. Noch bevor vom späteren Chaos etwas zu spüren ist, mischt sich der AZ-Reporter unter die Besucher und fängt die Stimmung am Italiener-Wochenende ein.
Zuerst trifft er auf Francesco Rainiri aus San Remo. Der 44-Jährige ist ein Wiesn-Neuling. Zum ersten Mal erlebt er heuer mit seinen Freunden das größte Volksfest der Welt selbst. Die Drei sind am Tag zuvor mit dem Camper auf dem Wiesn-Campingplatz angereist. Der befindet sich an der Messestadt-Ost und bietet Platz für 1500 Wohnmobile.
Trotzdem sieht man während der Festtage einige Wohnmobile und Camper rund um die Wiesn illegal campen. Francesco Rainiri und seine Freunde haben sich jedenfalls für die offizielle Version entschieden. Von größeren Camping-Platz-Partys haben sie aber nichts mitbekommen. Nach zwölf Stunden Fahrt waren die drei Männer müde. So ging es dort wohl den meisten. Dafür soll es heute hoch her gehen.

Drei Maß pro Person werden sie schon packen, glaubt Francesco Rainiri. "Wir geben unser Bestes", verspricht er mit einem Augenzwinkern. Ein spezielles Zelt haben sie nicht im Blick – einfach erst mal treiben lassen und den Wiesn-Wahnsinn erleben. Rainiri sagt: "Das Oktoberfest ist weltbekannt, wir wollten das unbedingt mal selbst erleben." Und das Wetter spielt sogar mit.
Sonnige Stunden auf der Wiesn am Samstag heben die Laune der Besucher
Seit Mittag drückt sich die Sonne immer wieder durch die Wolkendecke. Bei rund 15 Grad lässt es sich in Tracht und Janker gut aushalten. Die Wiesnbesucher scheint das zu freuen: Nach Tagen mit Schauern und kühlem Wind tun die warmen Sonnenstrahlen spürbar gut.
Schausteller Linus Fuchs (34) bleibt auch bei durchwachsenem Wetter gelassen. Gemeinsam mit seinem Vater und einem Freund betreibt der Architekt die historische Hexenschaukel. Er findet: Die Wiesn 2025 sei bisher sehr angenehm. "Die Leute sind heuer gut drauf." Das Standl gibt es seit 1894.
Der AZ-Reporter testet das Fahrgeschäft. Fazit: Für echte Adrenalin-Junkies ist die Hexenschaukel nichts. Durch einen optischen Effekt hat man das Gefühl, die Schaukel überschlage sich stetig. Das ist verblüffend, aber eine echte Nahtod-Erfahrung wie bei manch anderer Wiesn-Atrraktion stellt sich für den AZ-Reporter beim Ausprobieren nicht ein. Dafür steckt die Hexenschaukel voller Wiesn-Geschichte.

Die Holztheke ist stolze 140 Jahre alt, sagt Linus Fuchs. In den Kriegswirren sei die Hexenschaukel einmal von der Wiesn verschwunden. Dann habe sein Vater das Ding wieder entdeckt und mit einem Freund zusammen neu aufgezogen. Von Kindesbeinen an ist der gebürtige Münchner Linus Fuchs dabei: "Eigentlich so lange ich denken kann."
Italiener ergattern Unterkunft in Augsburg – sie sind extra aus der süditalienischen Region Apulien angereist
Am Nachmittag trifft der AZ-Reporter auf eine weitere Gruppe gut gelaunter Italiener. Rocco und seine Freunde sind extra zum Italiener-Wochende angereist. Rocco spricht etwas Englisch, ansonsten kann man sich auch mit Händen und Füßen ein bisschen verständigen. Sie kommen aus Lecce – einer Kleinstadt in der süditalienischen Region Apulien. Vier Maß hätten sie schon in etwa getrunken, so die Selbsteinschätzung. Später schläft die Gruppe in Augsburg ihren Rausch aus, wo sie das Wochenende über unterkommen. Na dann, Prost!

Die Wiesn zieht zwar viele internationale Gäste an, "ist aber nach wie vor ein bayerisches Fest" – so ein Bericht des Wirtschaftsreferats von Juli diesen Jahres. 67 Prozent der Besucher der Wiesn 2024 stammten aus München oder dem Umland, weitere 10 Prozent aus Bayern. 19 Prozent kamen aus dem Ausland, wobei Italien hinter den USA den zweiten Platz belegte.
Bleibt abzuwarten, ob unsere italienischen Freunde heuer wieder den zweiten Platz im internationalen Ranking belegen. Bis dahin: Benvenuta, Italia!
Polizisten aus Italien
Jährlich werden die deutschen Einsatzkräfte von italienischen Beamten unterstützt. Heuer sind je sechs Polizisten der Polizia di Stato und der Carabinieri am mittleren und letzten Festwochenende im Einsatz, so die Polizei auf Anfrage der AZ.