Wie sexistisch ist die Wiesn?

Die Diskussion um das Lied "Layla" wirft diese Frage auf. Doch es sind nicht nur Liedtexte, die auf dem Oktoberfest heuer unter besonderer Beobachtung stehen.
| Paul Nöllke
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Zwei Frauen und zwei Männer am Rande der Wiesn: Hat unser größtes Volksfest ein Problem mit Frauen? Und sollte die Stadt dagegen vorgehen? Eine Debatte, die gerade neu entfacht wird.
Zwei Frauen und zwei Männer am Rande der Wiesn: Hat unser größtes Volksfest ein Problem mit Frauen? Und sollte die Stadt dagegen vorgehen? Eine Debatte, die gerade neu entfacht wird. © Victoria Bonn-Meuser/dpa

München - Die Wiesnwirte haben entschieden: Der Schlager "Layla", in dem eine "Puffmama" als "schöner, jünger, geiler" besungen wird, wird heuer nicht auf der Wiesn gespielt werden (AZ berichtete) - Ende der Diskussion. Oder?

Vielleicht fängt die Diskussion um Sexismus auf der Wiesn aber auch gerade erst an. Unverständnis äußerten manche Münchner darüber, dass "Layla" nun verboten wird, in ein paar Monaten aber ein Schlager in allen Zelten erklingen wird, in dem "Joanna" als "geile Sau - geboren um Liebe zu geben" beschrieben wird.

"Will beim Oktoberfest nicht alles auf den Prüfstand stellen"

Die Wiesnstadträtin Anja Berger (Grüne), die den Hit "Layla" diese Woche scharf kritisiert hatte, will das Thema auf AZ-Anfrage nicht noch einmal diskutieren. Sie wolle beim Oktoberfest "nicht alles auf den Prüfstand stellen" und habe auch nicht vor, sich "alle Lieder, die auf der Wiesn gespielt werden, anzuhören und zu beurteilen".

Zum Hit "Skandal im Sperrbezirk", in dem ebenfalls Prostitution besungen wird, hat Anja Berger aber eine klare Meinung: "Das Lied hat Niveau, es ist ein Lied, was ironisch auf München schaut. Ein Klassiker und etwas ganz anderes als 'Layla'!"

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Lieder-Verbote auf der Wiesn? Das scheint also unwahrscheinlich. Doch es sind nicht nur die Schlager, die beim Volksfest nun in den Fokus geraten sind.

Dieser Dame hat es bei der Flucht aus einem Geisterhaus recht viele Kleider zerissen.
Dieser Dame hat es bei der Flucht aus einem Geisterhaus recht viele Kleider zerissen. © Heinz Gebhardt

Denn auch außerhalb der Bierzelte könnten manche auf der Suche nach Sexismus schnell fündig werden. Da gibt es zum Beispiel die Abbildungen an Fahrgeschäften und Ständen . Dort finden sich viele barbusige Damen: wahlweise als Surferin am Strand, fliehend aus einem Geisterhaus oder stolz als Meerjungfrau.

Der Stand mit diesem Bild, auf dem ein Schwarzer einer Frau unter das Dirndl schaut, ist ein häufiger Gast in München - auf der Wiesn und der Auer Dult.
Der Stand mit diesem Bild, auf dem ein Schwarzer einer Frau unter das Dirndl schaut, ist ein häufiger Gast in München - auf der Wiesn und der Auer Dult. © Heinz Gebhardt

Doch eine Malerei löste am Freitag besonders starke Diskussionen aus: Dort zieht ein Schwarzer einer Frau das Dirndl hoch und schaut darunter. Direkt daneben schaut ein Mann mit einer Mistgabel böse eine Frau an, die sich mit einem anderen Schwarzen im Heu vergnügt hat.

Dieses Foto zeigt den gleichen Stand wie das vorherige Bild. Hier passiert zwar viel - geschmackvoll ist es nicht unbedingt.
Dieses Foto zeigt den gleichen Stand wie das vorherige Bild. Hier passiert zwar viel - geschmackvoll ist es nicht unbedingt. © Heinz Gebhardt

Der Stand mit dem Bild war neben der Wiesn auch auf der Dult zu sehen - eine breitere Diskussion wurde nie über ihn geführt. Kann man "Layla" von der Wiesn verbannen, aber solche Bilder zulassen?

"Sowas gehört nicht auf die Wiesn, sondern auf den Sperrmüll"

Die AZ fragt Münchens zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) und legt ihr ein Foto der Malerei vor: "Die Wiesn ist nach meinem Verständnis vor allem ein Familienfest", meint die Politikerin, die auch Mutter ist. "Ich will nicht, dass Kindern dort das Bild vermittelt wird, dass Frauen Lustobjekte sind, denen man schon mal den Rock hochziehen könne. Ich finde das inakzeptabel."

Sie halte die Bilder teils auch für rassistisch. "Sowas gehört nicht aufs Oktoberfest, sondern auf den Sperrmüll. Ich werde mit dem Wiesn-Chef darüber sprechen." Entspannter sieht das die Grüne Wiesn-Stadträtin. Sie wolle erst einmal sehen, ob diese Bilder in diesem Jahr noch auf der Wiesn seien, dann könne man darüber sprechen.

Da ist die halbnackte Surferin am Strand, die dieses Fahrgeschäft ziert, vergleichsweise harmlos.
Da ist die halbnackte Surferin am Strand, die dieses Fahrgeschäft ziert, vergleichsweise harmlos. © Heinz Gebhardt

"Wollen wir etwa eine Kunst- und Musikpolizei sein?"

Klare Worte findet der Wiesnchef selbst. Clemens Baumgärtner (CSU) könne verstehen, dass Leute das Bild als sexistisch einschätzen. "Man muss sich aber fragen, ob wir eine Musik- und Kunstpolizei sein wollen", so Baumgärtner. "Wenn wir da anfangen, müssen wir auch in städtischen Museen kontrollieren?" Ihn störe es, dass kleine Schausteller, die gerade noch gefördert würden, "jetzt mit Kritik überzogen werden".

Die Diskussion über Sexismus auf der Wiesn? Sie hat vielleicht gerade erst begonnen.

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