Reiter beim Anstich: „Scheiß drauf. Wurscht! Ozapft is!“

Ein Schlag, dann zwei, dann drei, dann vier – da rutscht dem neuen Oberbürgermeister ein unfeines Wort der Unzufriedenheit heraus. Dieter Reiters Anzapf-Premiere verläuft alles andere als langweilig
von  Laura Kaufmann
Da müht er sich noch ab: Dieter Reiter zapft souverän an.
Da müht er sich noch ab: Dieter Reiter zapft souverän an. © Peter Kneffel/dpa

München - Gemessen an der Zahl der Interviews, die Dieter Reiter im Vorfeld der Wiesn geben musste und sein Anzapftrainer obendrein, mag man ja meinen, es gäbe für einen Oberbürgermeister keine wichtigere Amtshandlung, als an einem Samstagmittag Ende September einen Wechsel in ein Fass zu treiben.

20 Jahre lang hat sein Vorgänger Christian Ude mit seiner bühnenreifen Präsenz diesen Akt vollbracht, zuletzt sehr erfolgreich mit zwei Schlägen. Da kann ein Dieter Reiter, mag man meinen, bei seiner Premiere nur verlieren.

Ab 11.52 Uhr steht er in der Anzapfboxe und gibt das Live-Interview in die Kamera. Um 11.58 Uhr nimmt er seine Uhr ab und reicht sie seiner Frau, dann richtet er sich den Kragen. Er ist angespannt, hat den Wechsel immer noch nicht in der Hand, erst jetzt, sieben Sekunden vor 12 Uhr, das Zelt zählt runter – und dann schlägt Reiter: Einmal, zweimal, dann noch einmal. Und dann noch schnell ein viertes Mal, dabei hätte spätestens der dritte gereicht, aber er war eben gerade so in Fahrt, sagt er später.

Und dann, bei ganz genauem Hinhören: „Scheiß drauf“, sagt er da leise, im Affekt, mehr zum Bierfass als in die Kamera, dann folgt ein „Wurscht. Ozapft is!“ Jetzt mögen einige sagen, es gehöre sich nicht für einen Oberbürgermeister, einfach „Scheiß drauf“ zu sagen. Aber: Es gibt keine menschlicheren, passenderen Worte, die diesen Moment beschreiben.

Denn: Der dritte Schlag hätte es ja auch schon getan. Darauf hatte der Anzapftrainer Reiter gerade hingewiesen, weswegen dem OB die beiden Wörtchen herausrutschten.

Aber: Vier Schläge sind doch auch okay. Und sieben, wie sie Ude bei seinem ersten Versuch gebraucht hatte, die wären auch kein Beinbruch gewesen. Es ist Wurscht, oder eben: „Sch... drauf“, auf den Anzapf-Zirkus.

Hauptsache, das Ozapft is! ist noch hinterhergerutscht. CSU-Bürgermeister Seppi Schmid, der bei einem anderen Ausgang der Kommunalwahl selbst am Fass hätte stehen dürfen, nimmt’s mit Humor. „Ich bin jetzt Chef des größten Volksfestes der Welt, da kann man sich streiten, was wichtiger ist. Souveräne Leistung, der dritte Schlag hätte schon gereicht. Aber so kann er sich die kommenden Jahre noch steigern.“ Und Reiter? Ist erleichtert. „Ich Freude mich jetzt erstmal drauf, mich in Ruhe hinzusetzen.“

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