Mehr als 600 Euro pro Nacht zum Oktoberfest: Der Wahnsinn mit den Wiesn-Wohnungen in München

München - Eine Dreizimmer-Wohnung in Laim mit zwei Doppelbetten, einer großen Couch und einem kleinen Balkon: 650 Euro. Und zwar nicht pro Monat – sondern pro Nacht.
Oder das 44-Quadratmeter-Appartment in der Au für knapp 500 Euro. Ganz gewöhnliche Preise für ganz gewöhnliche Münchner Wohnungen auf der Plattform Airbnb zur Wiesn-Zeit.
Mehr als zehn Prozent aller Airbnb-Buchungen in München fallen auf das Oktoberfest
Während der Oktoberfest-Zeit in den Urlaub fahren, die eigene Wohnung untervermieten und am Ende des Urlaubs ein paar tausend Euro verdient haben – das klingt nicht nur für Wiesn-Muffel nach einer verlockenden Option.

Und so wimmelt es auf der Untervermietungs-Plattform Airbnb aktuell an Angeboten, in denen Münchner ihre Wohnung als "perfekt für den Wiesnbesuch", "nahe am Oktoberfest" oder als einmalige "Möglichkeit für Wiesn-Bedienungen" anpreisen. Mehr als zehn Prozent aller Airbnb-Buchungen in München, so schreibt das die Plattform auf ihrer Webseite, konzentrierten sich 2022 auf die beiden Oktoberfest-Wochen.
"Homesharing" wird das Prinzip von Airbnb genannt. Zu deutsch: Zuhause teilen. Das klingt nett und gemeinschaftlich und als die Plattform in den 2010er-Jahren ihren Siegeszug angetreten hat, waren dementsprechend auch alle schwer begeistert. Inzwischen hat sich diese Begeisterung weitgehend gelegt.
Privatvermieter in München bieten "gemütliche Wohnungen" an – mit spärlicher Einrichtung
Städte klagen über Vermieter, die heimlich Wohnraum in Ferienwohnungen umwandeln und Mieter über Nachbarn, in deren Wohnungen Feriengäste eine Party nach der anderen feiern. Die private Wohnungsvermietungs-Plattform ist ein Konfliktherd geworden.
Wer sich eine Weile durch die Angebote auf Airbnb klickt, der sieht schnell, woran das liegt. Denn auffallend viele "Privatvermieter" in München scheinen in ihrem Alltag weder Schränke noch Duschgel zu benötigen – und sich zudem in ihrem Einrichtungsgeschmack sehr stark an Hotelketten zu orientieren.

So wie beispielsweise Julius, nach eigenen Angaben "Regisseur, Schauspieler und Musiker" in München. Seine "gemütliche Wohnung in der Nähe des Oktoberfestes" besitzt als Einrichtung: ein Bett, einen kleinen Schreibtisch, einen Sitzsack und einen Nachttisch. Unwahrscheinlich, dass Julius hier wirklich wohnt – vor allem, weil er noch drei weitere Zimmer mit ähnlich spärlicher Einrichtung auf Airbnb feilbietet.
Wohnungen dürfen in München maximal für acht Wochen im Jahr auf Airbnb angeboten werden
Eine Wohnung dauerhaft in ein Airbnb umwandeln: Das ist in München eigentlich verboten. Denn, so argumentiert das Sozialreferat, wenn Wohnungen dauerhaft an Touristen vermietet werden, wird dadurch der ohnehin schon knappe Wohnraum noch knapper. Und zudem, das haben verschiedene Studien gezeigt, treiben die Dauervermietungen über Airbnb die Mieten in die Höhe.

Wer seine Wohnung mehr als acht Wochen im Jahr als Ferienwohnung vermietet, der betreibt dementsprechend nach Ansicht der Stadt eine "Zweckentfremdung von Wohnraum" und kann mit harten Strafen belegt werden. 2022 ist das Sozialreferat in 160 Fällen erfolgreich gegen eine solche Zweckentfremdung vorgegangen.
Wer dagegen sein eigenes Zimmer während dem Sommerurlaub bei Airbnb einstellt, der hat von Seiten der Stadt nichts zu befürchten: Die eigene Wohnung für weniger als acht Wochen im Jahr unterzuvermieten, gilt nicht als Zweckentfremdung und ist dementsprechend legal.
Der Unmut über die Airbnb-Untervermietungen wächst in München
Konflikte drohen jedoch auch hier. Denn: Wer ein Zimmer oder die ganze Wohnung untervermieten möchte, braucht die Genehmigung seines Vermieters. Ansonsten droht eine Abmahnung und im schlimmsten Fall sogar die Kündigung.
"Inzwischen gibt es eine wirklich umfassende Rechtssprechung dazu, einfach, weil diese Konflikte so oft vorkommen", sagt Rudolf Stürzer, der Vorsitzende des Haus- und Grundbesitzervereins München. Und zwar nicht nur zwischen Mietern und Vermietern, sondern auch beispielsweise in Eigentümergemeinschaften.

Denn viele Besitzer von Eigentumswohnungen sind alles andere als begeistert, wenn die Wohnung neben ihnen plötzlich zur Touristenherberge wird. "So ein Airbnb-Bewohner hat einfach einen anderen Lebensrhythmus. Der ist nicht berufstätig und hat vielleicht Lust, erstmal ausgiebig zu duschen, wenn er morgens um fünf vom Feiern kommt", sagt Stürzer. "Der Nachbar muss aber vielleicht um sechs für die Arbeit aufstehen und ist nicht begeistert."
Spannend wird es, wenn die Oktoberfest-Gäste wieder abreisen
Stürzer sagt, es gebe keine Statistiken darüber, wie häufig es zu Konflikten rund um die Untervermietung auf der Onlineplattform kommt. Aber er sagt auch: "Meiner Wahrnehmung nach haben die Auseinandersetzungen um dieses Thema deutlich zugenommen."
Für viele Münchner, die ihre Wohnung zur Wiesnzeit untervermietet haben, wird es freilich erst am letzten Wiesntag wirklich spannend. Dann nämlich, wenn sich herausstellt, wie gut die Wiesngäste ihre Wohnungseinrichtung behandelt haben.