Mehr als 600 Euro pro Nacht zum Oktoberfest: Der Wahnsinn mit den Wiesn-Wohnungen in München

Hunderte Euro pro Nacht werden auf der Plattform Airbnb während des Oktoberfests verlangt. Doch um die Untervermietung in München gibt es zunehmend Konflikte.
Laura Meschede |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
6  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Während der Wiesn in München schießen die Preise auf der Plattform airbnb in die Höhe.
Während der Wiesn in München schießen die Preise auf der Plattform airbnb in die Höhe. © Friso Gentsch/dpa

München - Eine Dreizimmer-Wohnung in Laim mit zwei Doppelbetten, einer großen Couch und einem kleinen Balkon: 650 Euro. Und zwar nicht pro Monat – sondern pro Nacht.

Oder das 44-Quadratmeter-Appartment in der Au für knapp 500 Euro. Ganz gewöhnliche Preise für ganz gewöhnliche Münchner Wohnungen auf der Plattform Airbnb zur Wiesn-Zeit.

Mehr als zehn Prozent aller Airbnb-Buchungen in München fallen auf das Oktoberfest

Während der Oktoberfest-Zeit in den Urlaub fahren, die eigene Wohnung untervermieten und am Ende des Urlaubs ein paar tausend Euro verdient haben – das klingt nicht nur für Wiesn-Muffel nach einer verlockenden Option.

Wer in der Wiesnzeit eine Unterkunft über airbnb sucht, wird fündig, muss aber viel zahlen.
Wer in der Wiesnzeit eine Unterkunft über airbnb sucht, wird fündig, muss aber viel zahlen. © AZ-Screenshot

Und so wimmelt es auf der Untervermietungs-Plattform Airbnb aktuell an Angeboten, in denen Münchner ihre Wohnung als "perfekt für den Wiesnbesuch", "nahe am Oktoberfest" oder als einmalige "Möglichkeit für Wiesn-Bedienungen" anpreisen. Mehr als zehn Prozent aller Airbnb-Buchungen in München, so schreibt das die Plattform auf ihrer Webseite, konzentrierten sich 2022 auf die beiden Oktoberfest-Wochen.

"Homesharing" wird das Prinzip von Airbnb genannt. Zu deutsch: Zuhause teilen. Das klingt nett und gemeinschaftlich und als die Plattform in den 2010er-Jahren ihren Siegeszug angetreten hat, waren dementsprechend auch alle schwer begeistert. Inzwischen hat sich diese Begeisterung weitgehend gelegt.

Privatvermieter in München bieten "gemütliche Wohnungen" an – mit spärlicher Einrichtung

Städte klagen über Vermieter, die heimlich Wohnraum in Ferienwohnungen umwandeln und Mieter über Nachbarn, in deren Wohnungen Feriengäste eine Party nach der anderen feiern. Die private Wohnungsvermietungs-Plattform ist ein Konfliktherd geworden.

Wer sich eine Weile durch die Angebote auf Airbnb klickt, der sieht schnell, woran das liegt. Denn auffallend viele "Privatvermieter" in München scheinen in ihrem Alltag weder Schränke noch Duschgel zu benötigen – und sich zudem in ihrem Einrichtungsgeschmack sehr stark an Hotelketten zu orientieren.

Dieser Anbieter hat mehrere Angebote auf der Plattform.
Dieser Anbieter hat mehrere Angebote auf der Plattform. © AZ-Screenshot

So wie beispielsweise Julius, nach eigenen Angaben "Regisseur, Schauspieler und Musiker" in München. Seine "gemütliche Wohnung in der Nähe des Oktoberfestes" besitzt als Einrichtung: ein Bett, einen kleinen Schreibtisch, einen Sitzsack und einen Nachttisch. Unwahrscheinlich, dass Julius hier wirklich wohnt – vor allem, weil er noch drei weitere Zimmer mit ähnlich spärlicher Einrichtung auf Airbnb feilbietet.

Wohnungen dürfen in München maximal für acht Wochen im Jahr auf Airbnb angeboten werden

Eine Wohnung dauerhaft in ein Airbnb umwandeln: Das ist in München eigentlich verboten. Denn, so argumentiert das Sozialreferat, wenn Wohnungen dauerhaft an Touristen vermietet werden, wird dadurch der ohnehin schon knappe Wohnraum noch knapper. Und zudem, das haben verschiedene Studien gezeigt, treiben die Dauervermietungen über Airbnb die Mieten in die Höhe.

Knapp 500 Euro muss man für diese Wohnung in der Maxvorstadt hinlegen.
Knapp 500 Euro muss man für diese Wohnung in der Maxvorstadt hinlegen. © AZ-Screenshot

Wer seine Wohnung mehr als acht Wochen im Jahr als Ferienwohnung vermietet, der betreibt dementsprechend nach Ansicht der Stadt eine "Zweckentfremdung von Wohnraum" und kann mit harten Strafen belegt werden. 2022 ist das Sozialreferat in 160 Fällen erfolgreich gegen eine solche Zweckentfremdung vorgegangen.

Wer dagegen sein eigenes Zimmer während dem Sommerurlaub bei Airbnb einstellt, der hat von Seiten der Stadt nichts zu befürchten: Die eigene Wohnung für weniger als acht Wochen im Jahr unterzuvermieten, gilt nicht als Zweckentfremdung und ist dementsprechend legal.

Der Unmut über die Airbnb-Untervermietungen wächst in München

Konflikte drohen jedoch auch hier. Denn: Wer ein Zimmer oder die ganze Wohnung untervermieten möchte, braucht die Genehmigung seines Vermieters. Ansonsten droht eine Abmahnung und im schlimmsten Fall sogar die Kündigung.

"Inzwischen gibt es eine wirklich umfassende Rechtssprechung dazu, einfach, weil diese Konflikte so oft vorkommen", sagt Rudolf Stürzer, der Vorsitzende des Haus- und Grundbesitzervereins München. Und zwar nicht nur zwischen Mietern und Vermietern, sondern auch beispielsweise in Eigentümergemeinschaften.

Auch diese Eigentumswohnung kann man komplett mieten.
Auch diese Eigentumswohnung kann man komplett mieten. © AZ-Screenshot

Denn viele Besitzer von Eigentumswohnungen sind alles andere als begeistert, wenn die Wohnung neben ihnen plötzlich zur Touristenherberge wird. "So ein Airbnb-Bewohner hat einfach einen anderen Lebensrhythmus. Der ist nicht berufstätig und hat vielleicht Lust, erstmal ausgiebig zu duschen, wenn er morgens um fünf vom Feiern kommt", sagt Stürzer. "Der Nachbar muss aber vielleicht um sechs für die Arbeit aufstehen und ist nicht begeistert."

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Spannend wird es, wenn die Oktoberfest-Gäste wieder abreisen

Stürzer sagt, es gebe keine Statistiken darüber, wie häufig es zu Konflikten rund um die Untervermietung auf der Onlineplattform kommt. Aber er sagt auch: "Meiner Wahrnehmung nach haben die Auseinandersetzungen um dieses Thema deutlich zugenommen."

Für viele Münchner, die ihre Wohnung zur Wiesnzeit untervermietet haben, wird es freilich erst am letzten Wiesntag wirklich spannend. Dann nämlich, wenn sich herausstellt, wie gut die Wiesngäste ihre Wohnungseinrichtung behandelt haben.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
6 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Rambocito am 26.09.2023 21:36 Uhr / Bewertung:

    Es wird niemand gezwungen, ein Airbnb zu buchen. Wie erwähnt, ist es legal acht Wochen im Jahr die eigene Wohnung via Airbnb zu vermieten oder ganzjährig weniger als 50 Prozent der eigenen Wohnung, wenn man Eigentümer ist oder der Vermieter zustimmt. Als Eigentümer mache ich das seit 10+ Jahren und es gab noch nie Beschwerden von Nachbarn. Wenn München die Airbnbs nicht hätte, würden zu vielen Messen weniger Leute kommen und die Gastronomie und der Einzelhandel würden weniger Umsatz machen. Denn StartUps und Freiberufler buchen lieber ein privates Gästezimmer für 80 EUR als ein Hotelzimmer für 500 EUR+ pro Nacht bei großen Messen. Die Hotelbetten reichen bei großen Messen nicht aus und die Preise für Hotelzimmer wären zu Messezeiten noch höher, wenn es die Airbnbs nicht gäbe. Damit meine ich insbesondere die Home Sharer, die ein Zimmer in der eigenen Wohnung ab und zu vermieten und keinen Wohnraum entziehen. Als Airbnb Host ermögliche ich Kleinunternehmern den Messebesuch.

  • Newi83 am 27.09.2023 09:11 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Rambocito

    Oh. Ein sozial denkender Vermieter. Reschpekt!

  • Rambocito am 27.09.2023 12:25 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Newi83

    In München gibt es viele Airbnb Hosts, die klassische Home Sharer sind und zu fairen Preisen vermieten. Der Artikel basiert leider auf vielen Vorurteilen. Es gibt auch nicht den klassischen Airbnb-Gast, der nur feiert. Das ist ein seltsames Gerücht. 90 Prozent meiner Airbnb-Gäste sind Geschäftsreisende, die zu ähnlichen Zeiten ins Bett gehen und aufstehen wie der Großteil der Bevölkerung. Ohne die Airbnb Hosts in München könnten sich viele kleine Unternehmen einen Messebesuch nicht leisten. Das Resultat wäre ein Mangel an Innovationen. Ich vermute, die Autorin des Artikels hat mit keinem einzigen Airbnb Host in München gesprochen, sondern einfach über ihre subjektiven Vorurteile geschrieben. Ein Perspektivenwechsel würde hier sehr helfen, liebe AZ. Sprechen Sie doch mal mit Airbnb Hosts (insbesondere Home Sharern) und Kleinunternehmern, die Airbnbs zu großen Messen buchen und vergleichen Sie dann die Preise von Hotelzimmerm und Airbnbs. Eine gründlichere Recherche wäre hier hilfreich.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.