Alkohol, Sex, Party: Das ist die wildeste Wiesn-Unterkunft der Stadt

Der Südafrikaner Giuliano Giacovazzi tingelt mit seinem „Hangover Hospital “ von Großevent zu Großevent. Zur Wiesn macht die Zeltstadt in München Halt. Geschlafen wird dort eher selten.
München - Er hat sich mittlerweile eine zweite Lederhose zulegen müssen. Wenn sie aus ordentlichem Leder ist, heißt es, hat man von so einer Trachtenhose eigentlich ein Leben lang etwas. Allerdings offenbar nicht, wenn man ständig betrunkene Leute um sich herum hat, die daran herumzupfen oder sonstige Scherze damit treiben.
Die neue Lederhose hat sich Guiliano Giacovazzi in einem Outlet-Laden in der Kultfabrik gekauft, dort also, wo die alte kaputt gegangen ist. Seit sechs Jahren betreibt der 33-Jährige auf dem Partygelände am Ostbahnhof immer zur Wiesn-Zeit sein „Hangover Hospital“, das Kater-Krankenhaus, eine riesige Zeltstadt für junge Leute, die ein kleines Budget, dafür aber eine umso größerer Feierlaune mitbringen.
Um die 50 Euro kostet die Nacht. Dafür bekommt man einen Schlafplatz, Getränke so viel man will – und jede Menge Abenteuer. Die Kühlschränke in den mobilen Bars sind jedenfalls immer gut gefüllt, Kondome liegen an der Rezeption aus. Und die „Nurses“ genannten Betreuerinnen sind immer in knappen Schwesterkostümen unterwegs. „Ich habe hier schon viel erlebt“, sagt Giacovazzi.
Angefangen hat alles vor zwölf Jahren. Giacovazzi war damals 21 und viel in den Surfrevieren in Spanien unterwegs. Dort war ihm aufgefallen, dass es sehr schwierig ist, an bezahlbare Apartments zu kommen. Eigentlich hatte er Marketing studiert, aber das normale Arbeitsleben, das hatte er recht schnell festgestellt, war nicht wirklich das Richtige für ihn. Deshalb entwickelte er ein Konzept, das ihm beides zugleich ermöglichte: Geld verdienen und Spaß haben.
Mit seiner Zeltstadt tingelt Giacovazzi seitdem von Großevent zu Großevent. Zu den ersten Stationen gehörten der Saint-Patrick’s-Day in Edinburgh, das Bullenrennen in Pamplona und der Karneval in Rio. Auch bei der WM in Brasilien hat er seine Billigquartiere angeboten – genauso, wie er das seit neun Jahren zur Wiesn in München tut.
Anfangs hat der gebürtige Südafrikaner in München noch richtige Gebäude angemietet, verlassene Klöster und leere Jugendherbergen. Doch der Bedarf nach günstigen Unterkünften ließ sich damit nicht decken. Deswegen hat er in der Stadt heuer schon das sechste Jahr in Folge sein „Hangover Hospital“ aufgebaut, wegen einer Baustelle heuer nicht in der Kultfabrik, sondern etwas kleiner auf einem Camping-Platz in Obermenzing.
Normalerweise gehören 18 Zelte und 30 Container zu Giacovazzis kleiner Partystadt. Alles ist eher spartanisch eingerichtet: In den Zelten stehen jeweils zwölf Stockbetten, in den Containern vier Einzelbetten. Vor allem Brasilianer buchen sich gerne ein, Australier, Russen – und natürlich Italiener. Dass es im Hangover Hospital mit Privatsphäre nicht weit her ist, stört niemanden. Aber um Privatsphäre geht es dort ja auch nicht.
Zugegeben, sagt Giacovazzi, in einem der Stockbetten Sex zu haben, sei nicht ganz einfach. Als „magic carpet ride“ wird diese Bettakrobatik deshalb intern auch bezeichnet, als magischer Ritt auf dem Teppich. Er habe aber auch schon mal einen Dreier beobachtet, sagt Giacovazzi. In der recht freizügigen Zeltstadt wird man eben, auch ohne es zu wollen, oft Zeuge von allerlei Techtelmechtel.
Giacovazzi war bislang selbst gerne Teil dieser Ausschweifungen. Als „Doctor Love“ lief er durch die Zeltstadt. Eine Beziehung zu führen war bei dieser Art von Leben bislang natürlich so gut wie ausgeschlossen. Jetzt will der 33-Jährige aber solider werden. Langsam soll Schluss sein mit der Dauerparty. „Mir ist das mittlerweile schon rein körperlich zu viel“, sagt Giacovazzi. Auf der Wiesn war er heuer jedenfalls nur einmal. Dann ist er mit der neuen Lederhose im Gepäck zurück in die Heimat nach Kapstadt geflogen.