Nockherberg: Die besten Anekdoten aus 392 Jahren
München - Schauspieler Beppo Brem steht bereit – natürlich in seiner Lederhose, denn anders kann die bewährte Qualitätsprobe schließlich nicht funktionieren. Er schnappt sich eine Maß Starkbier, gießt den Inhalt auf einen Stuhl und setzt sich mitten drauf.
Oberbürgermeister Thomas Wimmer, Liesl Karlstadt und rund 50 weitere Gäste schauen gebannt zu. Als Brem wieder aufsteht, ist der Jubel dann groß: Der Stuhl blieb ihm am Hosenboden kleben! Das Bier ist also stark genug. Die "Stuhlprobe" hat es eindeutig bewiesen. Hoch die Krüge!

So ging’s zu beim Anstich 1950, als der Salvator nach elfjähriger Unterbrechung auf dem Nockherberg erstmals wieder angezapft wurde. Die klassische "Stuhlprobe" würde heute nicht mehr funktionieren: Ohne den Salvator in seiner Grundrezeptur zu verändern, wurden Qualität und Geschmack inzwischen längst verfeinert. Das allzu Süßliche und Klebrige ist weg und damit auch der feucht-fröhliche Starkbier-Gütetest von einst.
Anderes hat sich indes nicht geändert: Damals wie heute dürfen zum Anstich-Spektaktel mit Freibier und Co. nur Auserwählte mit persönlicher Einladung der Brauerei. Anno dazumal waren sogar so berühmte Persönlichkeiten wie Willy Brandt, Romy Schneider oder die persische Ex-Kaiserin Soraya auf dem Nockherberg zu Gast.
Was dereinst als eher beschauliche Anzapf-Feier mit meist improvisierten Unterhaltungs-Einlagen begann, wurde inzwischen zu einem Großereignis mit exakt 580 geladenen Gästen. Neben der berühmt-berüchtigten Salvator-Festrede (die heuer erstmals Maxi Schafroth halten wird) gibt’s seit vielen Jahren auch das Singspiel mit amüsanten Doppelgänger-Parodien auf bevorzugt anwesende Politiker.

Unvergessen ist beispielsweise jener Tag, als auf dem Nockherberg für ein paar Minuten wieder die Monarchie in Bayern ausgerufen wurde: "Passt!" Das war der knappe Kommentar von "König" Franz Josef Strauß, als er von seinem Double, dem Schauspieler Walter Fitz, 1983 eine imposante Krone aufgesetzt bekam.

Die gesamte Salvator-Geschichte geht weit zurück – bis ins Jahr 1627. Damals berief Kurfürst Maximilian I. Paulaner-Mönche in die Au, damit sie sich dort sowie in den Dörfern Giesing und Haidhausen der armen Bevölkerung annehmen.
Die strengen Ordensregeln erlaubten den Paulanern, die von Süditalien nach Bayern gekommen waren, ohnehin nur recht karge Mahlzeiten. Da ihnen in München zudem der Rebensaft fehlte, brauchten sie – vor allem für die harten Fastenzeiten – zur Stärkung einen Ersatz: So durften sie dann für ihren Privatbedarf, "zur eigenen nothdurft", Bier brauen. Das taten sie im Kloster Neudeck ob der Au nachweislich seit 1634. Gemäß der Regel: "Flüssiges bricht das Fasten nicht."

Zum Festtag des Ordensgründers, des Heiligen Franz von Paula, wurde im Frühjahr fortan ein besonders starkes Bier gebraut. Dieses nannten die Mönche Heilig-Vater-Bier. Später wurde daraus dann Sankt-Vater-Bier und letztlich umgangssprachlich verkürzt Salvator-Bier.
Zu ihrem Ordensfest am 2. April luden die Mönche später auch den Kurfürsten ins Kloster ein, der dann alljährlich mit seinem ganzen Hofstaat erschien. Auf diesen Umtrunk geht die berühmte Salvator-Probe zurück – inzwischen mit dem neuen Landesvater Markus Söder samt Bayerischem Kabinett.

Fröhliches Gesicht - wenn auch nur gespielt
Diese Damen und Herren, die vielen anderen Politiker und sonstige Großkopferte werden sich am Dienstag beim Derblecken auf dem Nockherberg wieder öffentlich durch den Kakao ziehen lassen (müssen). Fest steht: Wer schlau ist, macht gute Miene zum bösen Spiel und lacht mit, auch wenn’s wehtut.

Salvator-Profis wissen längst, wie viel Pluspunkte in Sachen Eigen-PR ihnen ein fröhliches Gesicht in Richtung Kameras einbringt – sei es auch nur gekonnt gespielt.