Neues Viertel mit Modellcharakter: Was Münchner in Hamburg bauen
München - Auswärtige Fußballfans sammeln sich in München normalerweise am Bahnhof, am Marienplatz oder im Hofbräuhaus. Auch in Kneipen im Glockenbachviertel soll schon die ein oder andere Gruppe angetroffen worden sein. In Bogenhausen sieht man sie eher nicht. 2012 aber sammelten sich St. Pauli-Fans in der Denninger Straße – zu einer Demonstration. Der Protest gegen den Abriss der Esso-Häuser auf St. Pauli erreichte so auch München. Die Hamburger demonstrierten vor der Firmenzentrale der Bayerischen Hausbau.
Bayerische Hausbau baut in Hamburg
Die gehört zur Schörghuber-Gruppe und ist auf dem Münchner Immobilienmarkt etwa mit dem Paulaner-Gelände einer der ganz großen Akteure. In Hamburg wurde sie zum Ziel wütenden Protests. Und hat seitdem etwas Beachtliches geschafft. Viele kritische Stimmen wurden in den Planungen berücksichtigt, ehemaligen Bewohnern ein Rückkehrrecht eingeräumt, Eigentumswohnungen entstehen auf dem Areal mitten in Hamburg gar keine mehr. Der Druck von der Straße und der Druck der Stadt Hamburg mögen ihre Rolle gespielt haben. Selbst junge alternative Medien in der Hansestadt jubeln inzwischen über "viel Platz zum Abhängen" auf dem geplanten Areal.
Geschäfte, Kneipen, Clubs werden das neue Viertel prägen. Auch der Musik-Club Molotow wird wieder zurückkehren, Dachflächen werden öffentlich zugänglich. Offiziell geht man davon aus, dass das Areal 2024 bezogen werden kann, in Hamburg schimpft man aber auch über Verzögerungen bis zur Fertigstellung.
"Authentisches Stück St. Pauli"
Die Hausbau auf jeden Fall ist sehr stolz. "Das Paloma-Viertel ist ein Beispiel dafür, wie Stadt neu gedacht werden kann und wie ein in der Bundesrepublik einmaliger Beteiligungsprozess und die Expertise eines ganzen Stadtteils architektonische Entwürfe und eine Nutzungsmischung hervorbringen, die wie ein originales Stück St. Pauli anmuten und dadurch auf maximale Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen", heißt es in der Antwort auf eine AZ-Anfrage von der Hausbau.
In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Hamburg entstehe "ein authentisches Stück St. Pauli", das gefördertes und genossenschaftliches Bauen beinhalte, öffentlich begehbare Dächer, eine Kletterwand oder ein Skaterdach. 2.300 Vorschläge aus der Bevölkerung seien eingegangen.
Die "enge Zusammenarbeit" mit der Stadt bestand laut Stadt Hamburg aus "umfangreichen Paketen an wechselseitigen Zugeständnissen", so darf die Hausbau etwa größere Flächen bauen als ursprünglich gedacht und sichert dafür günstigere Mieten zu.
Und München? "Situation in Hamburg spezifisch zu betrachten"
Unterm Strich ein Modell auch für die Hausbau-Heimatstadt München? Da klingt das Unternehmen durchaus verhalten. Schon die Dichte der Planungen werde in München innerstädtisch oft nicht genehmigt.
Und: "Obwohl wir bei unseren Münchner Großprojekten wie beispielsweise der Quartiersentwicklung am Nockherberg oder dem Lerchenauer Feld in den vergangenen Jahren umfangreiche Erfahrungen mit Beteiligungs- und Informationsprozessen sammeln konnten, ist die Situation in Hamburg spezifisch zu betrachten."
Die Hausbau betont vor allem die sehr hohe Bereitschaft der Nachbarschaft, mitzuwirken. Der Prozess stelle "keine Schablone für zukünftige innerstädtische Projektentwicklungen dar".