Nach verheerendem Brand: Alt-OB Ude fordert "originalgetreuen Wiederaufbau" der Friedenskirche

Das kleine Paradies am Olympiapark, die Ost-West-Friedenskirche: Die Geschichte der "international geschätzten Kuriosität" – und wie es bald wieder entstehen könnte.
von  Felix Müller, Thomas Müller
Der Tag nach dem verheerenden Brand im Olympiapark. Von der Kirche ist nur noch Schutt übrig.
Der Tag nach dem verheerenden Brand im Olympiapark. Von der Kirche ist nur noch Schutt übrig. © Daniel von Loeper

München - Alt-Oberbürgermeister Christian Ude erfährt am Sonntagmittag durch einen Anruf der AZ von dem Brand der Ost-West-Friedenskirche im Olympiapark. "Furchtbar, wirklich schlimm, das ist erschütternd", sagte Ude hörbar betroffen am Telefon. Die Kirche sei "eines der liebenswertesten Denkmäler der Stadt gewesen". Sie sei eine "international geschätzte Kuriosität", erklärte er.

Ude betonte, dass die Kapelle ausgiebig dokumentiert sei aus jedem Blickwinkel – er fordert von der Stadt einen "originalgetreuen Wiederaufbau". Und verspricht, dass aus dem Umfeld der Unterstützer gegebenenfalls ausreichend Spenden zusammenkommen würden.

Der damaliger Oberbürgermeister Christian Ude gratuliert 1999 Väterchen Timofej zum Geburtstag.
Der damaliger Oberbürgermeister Christian Ude gratuliert 1999 Väterchen Timofej zum Geburtstag. © picture-alliance / dpa

Timofejs Wohnhaus und das Museum blieben vom Brand verschont

Immerhin ist Timofejs kleines grünes Paradies am Rande des Olympiaparks (wo sich jedes Jahr das Sommer-Tollwood herumwindet) sicher so etwas wie ein Münchner Wahrzeichen. Ein Wahrzeichen, das durch seinen besonderen Charme und seine ganz spezielle Geschichte bestochen hat – und weiterhin besticht. Immerhin sind ja Timofejs Wohnhaus und das kleine Museum wie durch ein Wunder von den Flammen verschont geblieben.

Wundersam war auch der Anfang des Ensembles: Als Timofej Wasiljewitsch Prochorow sich 1952 entscheiden musste, ob er in seine vom Krieg zerstörte Heimat Russland zurückkehren oder in den Westen gehen sollte, sei ihm die Heilige Mutter Gottes erschienen, hatte Timofej immer erzählt. Er solle eine Kirche bauen, habe sie ihm aufgetragen. In München. Und das tat er dann auch. Aus Resten, Müll und Alu-Folie – vieles davon fand er auf und am Schuttberg, wie der spätere Olympiaberg damals noch hieß.

Timofej vor der Kirche am Spiridon-Louis-Ring im Jahr 1966.
Timofej vor der Kirche am Spiridon-Louis-Ring im Jahr 1966. © imago/ZUMA/Keystone

Und so entstand nach und nach sein selber gezimmertes Ensemble inmitten eines paradiesischen Obst- und Blumengartens. Auch den verfügten Abriss überstand sein Areal. Für Olympia 1972 sollte hier ein Radstadion entstehen. Nun – nach großen Bürger-Protesten, die die AZ damals groß unterstützte, entstand die Rennbahn dann halt woanders. Und Väterchen Timofej, wie ihn die Münchner längst liebevoll nannten, durfte bleiben.

Timofej und seine Frau Natascha bei den Olympischen Spielen 1972.
Timofej und seine Frau Natascha bei den Olympischen Spielen 1972. © imago images/Heinz Gebhardt

Weltweiter Ruhm bei den Olympischen Spielen

Zu den Olympischen Spielen brachte es Väterchen dann zu weltweitem Ruhm: Unzählige Touristen aus aller Welt pilgerten zu seinem Gärtlein, baten um ein Foto – und kauften von ihm Obst und Blumen. Später wurde es freilich ruhiger. Timofej pflegte dann zu sagen: "Kommt Besuch – Gott sei Dank. Kommt nicht Besuch – auch Gott sei Dank."

Was das Schicksal ihm auch bescherte, Timofej Wasiljewitsch Prochorow nahm es gottergeben hin. 2004 starb er im kolportierten Alter von 110 Jahren. Ob das wahr war? Egal. Er bleibt auf ewig der legendäre Eremit vom Oberwiesenfeld.

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