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Feuer im Olympiapark: Friedenskirche von Väterchen Timofej komplett niedergebrannt

Tragisches Ende der Ost-West-Friedenskirche im Olympiapark: Die Sehenswürdigkeit ist in der Nacht auf Sonntag komplett niedergebrannt. Die Polizei ermittelt.
Michael Schleicher,
Carmen Merckenschlager
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Die Kirche wurde in den 50er Jahren von einem russischen Eremiten erbaut. Jetzt ist sie bis auf den Grund niedergebrannt.
Berufsfeuerwehr München 10 Die Kirche wurde in den 50er Jahren von einem russischen Eremiten erbaut. Jetzt ist sie bis auf den Grund niedergebrannt.
Die Einsatzkräfte der Feuerwehr konnten die Kirche nicht mehr retten.
Berufsfeuerwehr München 10 Die Einsatzkräfte der Feuerwehr konnten die Kirche nicht mehr retten.
Der Brand ereignete sich in der Nacht auf Sonntag.
Berufsfeuerwehr München 10 Der Brand ereignete sich in der Nacht auf Sonntag.
Noch weist das Schild den Weg zur Kirche, finden werden sie Besucher aber leider nicht mehr.
Daniel von Loeper 10 Noch weist das Schild den Weg zur Kirche, finden werden sie Besucher aber leider nicht mehr.
Der Tag nach dem verheerenden Brand im Olympiapark.
Daniel von Loeper 10 Der Tag nach dem verheerenden Brand im Olympiapark.
Die Kirche ist bis auf den Grund niedergebrannt, nichts ist mehr übrig.
Daniel von Loeper 10 Die Kirche ist bis auf den Grund niedergebrannt, nichts ist mehr übrig.
Serge Kaiser vor den Trümmern der Kirche.
Daniel von Loeper 10 Serge Kaiser vor den Trümmern der Kirche.
Das Wohnhaus nahe der Kirche steht noch. "Rauchen, Feuer und offenes Licht polizeilich verboten!", heißt es auf dem Schild im Vordergrund.
Daniel von Loeper 10 Das Wohnhaus nahe der Kirche steht noch. "Rauchen, Feuer und offenes Licht polizeilich verboten!", heißt es auf dem Schild im Vordergrund.
Blick in die Ost-West-Friedenskirche. Jetzt ist sie komplett abgebrannt.
imago/Reinhard Kurzendörfer 10 Blick in die Ost-West-Friedenskirche. Jetzt ist sie komplett abgebrannt.
Väterchen Timofej ruht vor seinem Häuschen.
imago/Heinz Gebhardt 10 Väterchen Timofej ruht vor seinem Häuschen.

München - In der Nacht auf Sonntag ist eine echte Münchner Sehenswürdigkeit ein Opfer der Flammen geworden. Die Ost-West-Friedenskirche von Väterchen Timofej ist komplett niedergebrannt.

Gegen 1.10 Uhr gingen mehrere Anrufe bei der Feuerwehr ein. Die Anrufer teilten mit, dass Flammen auf dem Olympiagelände zu sehen seien. Als die Einsatzkräfte vor Ort eintrafen, stand die Kirche, die sich auf dem Tollwood-Gelände befindet, bereits in Vollbrand. Der Brand breitete sich schnell aus, Flammen beschädigten bereits umliegende Bäume sowie eine Stromleitung.

Der Brand ereignete sich in der Nacht auf Sonntag.
Der Brand ereignete sich in der Nacht auf Sonntag. © Berufsfeuerwehr München

Polizei kann Brandstiftung derzeit nicht ausschließen

Nach 20 Minuten hatte die Feuerwehr das Feuer unter Kontrolle gebracht. Die Kirche war allerdings nicht mehr zu retten, das Gebäude brannte bis auf den Grund nieder. Die Nachlöscharbeiten der Feuerwehr dauerten noch bis etwa 3 Uhr an. Beendet war der Einsatz damit aber immer noch nicht: Zur Kontrolle fuhr ein Fahrzeug der Feuerwehr nochmals gegen 5.30 Uhr an der Einsatzstelle vorbei, wo nochmals einige Glutnester gelöscht werden mussten.

Zur Höhe des entstandenen Schadens können weder Feuerwehr noch Polizei derzeit Angaben machen, verletzt wurde niemand.

Die Polizei ermittelt zur Brandursache, Spuren einer möglichen Brandstiftung hat die Polizei bislang nicht gefunden. Weil das jedoch kurz nach Ausbruchs des Brandes nicht ausgeschlossen werden konnte, leiteten die Ermittler noch in der Nacht eine Fahndung im Umkreis der Kirche ein und kontrollierten dabei rund 30 Personen. Ein Tatverdacht ergab sich dabei allerdings nicht, wie die Polizei am Sonntagmittag mitteilte. Noch am Sonntag rückten Brandfahnder der Polizei zur abgebrannten Kirche aus – die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.

Serge Kaiser verwaltet das Gelände: "Ich bin noch unter Schock"

Das Gelände, auf dem am 16. Juni das Tollwood-Festival startet, ist nach Angaben eines Polizeisprechers zu jeder Zeit frei zugänglich. Auf dem Festival-Gelände selbst sind keine Schäden entstanden. "Es tut uns sehr leid, dass die Ost-West-Friedenskirche zerstört ist", sagte Tollwood-Sprecherin Stefanie Kneer am Sonntag. "Dieses Wahrzeichen gehört schon immer zum Olympiapark. Mit der Gemeinde verbindet uns eine sehr enge Nachbarschaft."

Am Tag danach gleicht der Ort einem Trümmerfeld – von der kleinen Kirche sind nur noch Schutt und Asche übrig. Das nahegelegene Häuschen ist glücklicherweise von den Flammen verschont geblieben, die mühevoll aufgebaute Kirche ist aber dahin. "Ich bin noch unter Schock", sagt Serge Kaiser, als ihn die AZ am Sonntagmittag im Olympiapark trifft. Kaiser verwaltet und pflegt Timofejs Nachlass am Spiridon-Louis-Ring 100, zudem ist er Vorsitzender des Vereins Stiftung Ost-West-Kirche.

Serge Kaiser vor den Trümmern der Kirche.
Serge Kaiser vor den Trümmern der Kirche. © Daniel von Loeper

In der Nacht von Samstag auf Sonntag übernachtete er in dem kleinen Häuschen auf dem Gelände. Warum er in der Nacht wach wurde, konnte er nicht sagen. "Ich habe die Kirche in ganz dichtem Nebel gesehen. Draußen habe ich erkannt, dass es Rauch ist", sagt der 64-Jährige. Daraufhin packte sich Kaiser einen Feuerlöscher und versuchte, gegen das Feuer anzukämpfen. "Als ich die Tür zur Kirche aufgemacht habe, hat der Sauerstoff sein Übriges getan. Mit dem Feuerlöscher hatte ich keine Chance", sagt Kaiser.

Die Kirche soll wieder aufgebaut werden

Die Beamten schließen einen Zusammenhang mit dem vorangegangenen Rammstein-Konzert im Olympiastadion aus. Zeugen sprachen aber von Funken, die sie auf dem Gelände gesehen hätten. "Ein technischer Defekt ist nicht ausgeschlossen", heißt es von Seiten der Polizei. Das glaubt auch Kaiser. Dass jemand absichtlich diesen "so spirituellen Ort" beschädigen würde, kann er sich nicht vorstellen.

Am Sonntagmittag ist er noch sichtlich geschockt, kann es nicht recht glauben. "Ich bin jeden Tag hier. Solche Plätze sind selten, aber wir brauchen sie", findet Kaiser. Umso tragischer sei der Brand. Aber der Vorsitzende versucht auch, etwas Positives aus der Katastrophe zu ziehen. "Bevor etwas Neues entstehen kann, muss etwas Altes weg. In dem Fall durch eine Schocktherapie", sagt er.

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Froh ist Kaiser, dass nicht auch die anderen Gebäude beschädigt wurden – die angekohlten Bäume könnten sich wieder erholen. Die Kirche soll auf jeden Fall wieder aufgebaut werden. Diesbezüglich hätte er auch schon mit Alt-Oberbürgermeister Christian Ude telefoniert. Schockiert sind auch die Anwohner, die alle paar Minuten vor dem abgeschlossenen Tor zum Areal stehen. Anwohnerin Bettina Lindenberg hofft ebenfalls auf den Wiederaufbau der Kirche. "Ich bin wirklich erschüttert! Ich hoffe sehr, dass es keine Brandstiftung war. Die Kirche war wirklich ein denkwürdiger Ort", sagt sie.

Die Geschichte von Väterchen Timofej und der Friedenskirche

Die Ost-West-Friedenskirche ist vor allem bei Münchnern bekannt, gehört aber auch zu beliebten Sehenswürdigkeiten von Touristen. Der russische Eremit Timofej baute die Kirche in den 50er Jahren am Oberwiesenfeld, wo später der Olympiapark entstand.

Der Bau des Wohnhauses mit angrenzender Kirche war illegal, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude genehmigte den Bau jedoch nachträglich. "Ude hat schon bei mir angerufen", sagte Kaiser am Sonntag, nur wenigen Stunden nach dem Brand.

Väterchen Timofej ruht vor seinem Häuschen.
Väterchen Timofej ruht vor seinem Häuschen. © imago/Heinz Gebhardt

Als Baumaterial für die Stätte nutzten Timofej Wassiljewitsch Prochorow und seine Frau Natascha Schutt aus dem Zweiten Weltkrieg sowie herumliegenden Unrat. Beim Bau des Olympiaparks für die Olympischen Spiele 1972 blieb der Bau dann bewusst erhalten. Väterchen Timofej starb 2004, sein Grab befindet sich auf dem Westfriedhof.

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27 Kommentare
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  • AllesBesser am 12.06.2023 09:58 Uhr / Bewertung:

    Frage ohne Häme: Was genau finden einige Foristen daran so besonders? Ja, die Geschichte ist außergewöhnlich, aber deswegen in große Trauer verfallen? Mag sich bei mir nicht einstellen. Damit möchte ich ganz klar niemand seine Gefühle abstreitig machen. Ich war dort ein paar Mal, und fand das Ganze skurril, aber schön oder erhaltenswert?

  • DonBobby am 12.06.2023 16:50 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von AllesBesser

    Das war immerhin die schönste Wellblech-Hütte Münchens. Wenn nicht gar der westlichen Welt.

  • gubr am 12.06.2023 09:21 Uhr / Bewertung:

    Das ist ein Schaden den die, die niemals da waren nie verstehen können. Ich bin nicht gläubig, habe aber jedesmal ein erhabenes Gefühl da drin bekommen. Wenn man die Vorgeschichte kennt, dass dieser Mann eine göttliche Eingabe hatte (ob das Einbildung war bleibt irrelevant) und dann aus Kriegsschutt und anderem Müll in Handarbeit so ein Schmuckstück auf Brachboden aufgebaut hat, ist das ein Kunstwerk der münchener Geschichte die unbezahlbar war und nicht zu ersetzen ist. Wiederaufbau ist unmöglich, das wäre wie ein zerstörtes Gemälde neu zu malen und hat vor allem nicht die Aura des Echten. Dem Mann sein Glaube war zudem echt, er hat ihn gelebt, nicht wie das unsere Kirchenvertreter tun und er wurde durch ein biblisches Alter dafür belohnt. Ohne seine Kirche wird er leider bald vergessen werden. Traurig.

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