Nach Druck von BMW: Wird der Tunnel im Münchner Norden doch gebaut?

München - Die Planungen für den Tunnel an der Schleißheimer Straße werden eingestellt. Das lässt sich in dem Koalitionsvertrag von Grünen und SPD nachlesen. Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, dass beide Parteien dies unterzeichnet haben. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Stadtrat von dieser Position abrücken könnte.
Denn komplett beendet sind die Planungen für den Tunnel offensichtlich nicht. Insgesamt hat die Verwaltung sieben mögliche Trassen ausgearbeitet. Die ersten drei verlaufen durch ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH), das Naturschützer für eine besonders wertvolle Grünfläche halten. Die übrigen Varianten kreuzen dieses Gebiet jedoch nicht. Und mit diesen Plänen beschäftigen sich Grüne und SPD gerade wieder intensiver.
Dass sich der Stadtrat von dem Tunnel als Anbindung an die Autobahn verabschiedet hatte, hatte für Unmut gesorgt: bei Anwohnern – weil schon jetzt klar ist, dass in den nächsten Jahren Tausende Menschen in den Norden Münchens ziehen werden. Vor allem aber auch bei BMW, einem der größten Arbeitgeber der Stadt. Bis 2050 plant das Unternehmen, 15.000 Arbeitsplätze anzusiedeln.
SPD will die Tunnelpläne weiterverfolgen
Doch Münchens Verkehrsinfrastruktur halte solchen Wachstumsplänen nicht stand. Diese Position machte BMW immer wieder deutlich und stellte sogar seine Ausbauplänen in Frage. Um Arbeitsplätze zu sichern, hatte sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Anne Hübner in einem Interview mit der AZ dafür ausgesprochen, die Tunnelpläne doch weiterzuverfolgen. Damals riskierte sie mit diesem Vorstoß den Bruch mit ihrem Koalitionspartner, den Grünen.
Gibt es eine Annäherung mit den Grünen?
In den vergangenen Wochen traf sich BMW aber auch mit den Grünen. Inzwischen klingt der Chef der Grünen-Stadtratsfraktion Florian Roth nicht mehr ganz so ablehnend, wenn man ihn auf die Tunnelpläne anspricht: "Natürlich haben auch wir ein Interesse daran, dass die Menschen zu ihren Arbeitsplätzen kommen", sagt er. Zwar gebe es in seiner Fraktion nach wie vor große Skepsis, ob sich ein Tunnel finanzieren lasse und ob durch mehr Straßen am Ende nicht auch mehr Verkehr entstehe. Allerdings sei BMW eben auch ein wichtiger Arbeitgeber, so Roth.
In zehn Tagen soll seine Fraktion darüber entscheiden, ob die Stadt nicht doch eine Machbarkeitsstudie für den Tunnel in Auftrag geben soll. Klar sei für die Grünen aber: Durch das FFH-Gebiet darf der Tunnel nicht führen. Doch von dieser Idee hat sich inzwischen sogar BMW verabschiedet. "Eine Tunnelführung durch das FFH-Gebiet ist für uns nicht vorstellbar", sagt Tilman Haas, der bei dem Konzern für die Verkehrsplanung zuständig ist.

Kein Tunnel durch das FFH-Gebiet
Auch die SPD lehnt einen Tunnel durch das FFH-Gebiet ab – selbst, wenn diese Trasse kürzer und damit günstiger wäre, wie der Verkehrsexperte der SPD, Nikolaus Gradl, erklärt. "Doch das wäre ein massiver Eingriff in das FFH-Gebiet." Allerdings ist ein Tunnel durch das Hartelholz längst nicht mehr die einzige Trasse, die in Frage kommt. Die anderen vier Tunnelvarianten A4 bis A7 seien vorstellbar, sagt Gradl. Der bisherige Favorit: Die grüne Route A4, die durch das Hasenbergl führt und dann an die Autobahn anschließt.
Von dieser Variante verspricht sich Gradl am meisten Entlastung – vor allem in Kombination mit einem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Zum Beispiel fordert die SPD eine S-Bahn-Anbindung von Karlsfeld über den Nordring zum Forschungs- und Innovationszentrum von BMW und dem Neubaugebiet Bayernkaserne.

Weil es sich um S-Bahn-Gleise handelt, müsste die Kosten dafür der Freistaat übernehmen, sagt Gradl. Allerdings seien die Pläne noch in einem sehr frühen Stadium. Schneller lassen sich Trams realisieren. Noch vor der nächsten Kommunalwahl soll der Bau der Tram 23 von der U-Bahnhaltestelle Am Hart zum Kieferngarten beginnen. Für einen Tunnel könnte es in den nächsten zwei bis drei Jahren höchstens ein Planfeststellungsverfahren geben, sagt Gradl.