"Müssen hier nachbessern": OB Dieter Reiter hat genug vom Parkplatz-Kahlschlag in München

Münchens OB Dieter Reiter (SPD) lästert über das Streichen von Parkplätzen "nur damit sie weg sind" und über "Luxus-Radwege". Seine Rathaus-SPD nimmt die Attacken gelassen – die Grünen bitten, Pilotprojekte "nicht politisch aufzuladen".
Irene Kleber |
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Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). © Matthias Balk/dpa

München - Parkplätze weg und dafür mehr Platz für Radler und Fußgänger? Viele Münchnerinnen und Münchner bejubeln grün-rote Verkehrswendeprojekte – und auch die beiden Forschungsprojekte, die aktuell in den Parklizenzgebieten "Südliche Au" und "Walchenseeplatz" laufen, wo – temporär bis Ende Oktober – mehr Platz für Menschen entstanden ist.

"Autoreduzierte Quartiere für eine lebenswerte Stadt" heißt das Innovatinsprojekt, an dem auch die TU München beteiligt ist. Unter anderem ist die Kolumbusstraße nun eine Art Spielwiese mit Freiflächen, Sandkästen und Hochbeeten, dafür sind aber 41 Parkplätze für Autos gestrichen worden.

Parkplätze fallen weg: Verkehrsberuhigung hat in München nicht nur Freunde

Es regt sich aber auch viel Unmut, gerade in der Nachbarschaft. Viele Autofahrer, die keinen Parkplatz mehr finden, reagieren schwer genervt, einer klagt sogar gegen das Projekt.

Und manche Anwohner fühlen sich durch spielende oder feiernde Menschen auf solchen verkehrsberuhigten Straßenstücken auch gestört.

Viele Nachbarn freut's, andere, die auch mit dem Auto fahren, sind schwer genervt: Aus 41 Parkplätzen in der Kolumbusstraße wurden für das Verkehrsberuhigungsprojekt des TU-Forschungsteams MCube eine Wiese, Sandplätze und Freiflächen mit Beeten gemacht.
Viele Nachbarn freut's, andere, die auch mit dem Auto fahren, sind schwer genervt: Aus 41 Parkplätzen in der Kolumbusstraße wurden für das Verkehrsberuhigungsprojekt des TU-Forschungsteams MCube eine Wiese, Sandplätze und Freiflächen mit Beeten gemacht. © Carmen Merckenschlager

Den Zorn dieser Bürgerinnen und Bürger mag sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nun offenbar nicht mehr zuziehen – und greift deshalb als Bremser ein: "Ich kann die Sorgen der Menschen in der Kolumbus- und der Landlstraße nachvollziehen – wir müssen hier nachbessern", erklärte er am Donnerstag.

"Verkehrsberuhigte Straßen können ein Mehr an Lebensqualität bringen", so der OB weiter. "In der Südlichen Au und am Walchenseeplatz aber sehen wir, dass das kein Automatismus ist."

Verkehr in München: SPD versucht Lage zu entspannen

Seine SPD/Volt-Fraktion will nun die Lage entspannen und beantragt, das Mobilitätsreferat solle prüfen, ob Ruhezeiten ausgeweitet und besser durchgesetzt werden können und ob man Kurzzeit-Lieferzonen ausweisen kann, damit Anwohner ihre Einkäufe ausladen können.

Zudem soll die Verwaltung Behindertenparkplätze in der Kolumbusstraße einrichten und die Schwellen abbauen, damit Radfahrer ihren Weg nutzen können und nicht auf den Fußweg ausweichen.

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Vorstellbar sei auch, dass eine Kiste mit Softbällen aufgestellt wird, damit Kinder nicht mit harten Bällen zwischen den Wohnhäusern spielen und dabei unnötig Lärm machen.

"Nur ideologisch Parkplätze zu streichen, damit sie weg sind, hilft niemandem", teilt der OB gegen seinen Koalitionspartner, die Stadtrats-Grünen aus. "Ich stehe für eine Verkehrspolitik, die wir gemeinsam mit den Menschen unserer Stadt machen."

SPD beschließt 13-Millionen-Radweg in der Elisenstraße: Dieter Reiter beißt gegen eigene Partei

Und dann folgt auch noch eine Spitze gegen seine eigene Fraktion – nur einen Tag, nachdem auch seine SPD am Mittwoch den umstrittenen 13-Millionen-Euro-Radweg an der Elisenstraße beschlossen hat: "Luxus-Radege an Stellen, wo auch jetzt schon sicher geradelt werden kann, fallen für mich nicht darunter", lästert der OB.

SPD-Stadträtin und Fraktionschefin Anne Hübner.
SPD-Stadträtin und Fraktionschefin Anne Hübner. © Daniel von Loeper

 

Seine Fraktionschefin Anne Hübner (die Rathausinsidern zufolge in der Fraktion gegen den Radschnellweg gestimmt hat) steckt die Attacke gelassen weg.

"Angesichts der hohen Kosten des Radschnellwegs in der Elisenstraße halte ich persönlich die Position des OBs für nachvollziehbar", sagt sie auf AZ-Nachfrage.

Mona Fuchs, Fraktionschefin der Grünen im Münchner Rathaus.
Mona Fuchs, Fraktionschefin der Grünen im Münchner Rathaus. © Petra Schramek

Die Grünen wollen sich bei diesem Thema gar nicht einmischen. "OB und SPD-Fraktion müssen diesen Konflikt intern klären", lässt Grünen-Fraktionschefin Mona Fuchs wissen.

Und meint zur Kolumbusstraße: "Über Verbesserungen kann man immer reden. Dass es bei einem Pilotprojekt auch kritische Stimmen gibt, war absehbar. Wir sollten das Projekt nicht zu sehr politisch aufladen." Es sei "ein zeitlich befristetes Forschungsprojekt – nicht mehr oder weniger".

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  • Loisl1860 am 21.07.2023 14:06 Uhr / Bewertung:

    Ich weiß zwar nicht mit wem sich die Journalistin unterhalten hat die diesen Artikel verfasst hat aber das eine breite Bevölkerungsschicht und damit die Wortwahl "Viele Müncherinnen und Münchner bejubeln das Projekt..." dürfte wohl eher am Wunschdenken und der Meinungsblase im Umfeld der Aktikelautorin als der Wirklichkeit geschuldet sein. Interresanterweise bekommt Sie dann doch noch die Kurve und beschreibt zutreffend das was viele täglich erleben nämlich völliges Unverständnis ob der Maßnahmen für den Radverkehr und der Sommerstraßen die tatsächlich auch eine Vielzahl von Gegnern und nun auch Klägern hat. Letzlich gibt es wie immer zwei Wahrheiten und wir täten alle gut daran Objektiver zu Urteilen und die, die dort wohnen wirklich zu fragen. Von Fraktionen eingeladene "Betroffene" die dann als Fürsprecher auftreten aber nichts anderes als beizutragen haben als die eigene Idelogie z.b. im BA zu untermalen helfen da nicht weiter. Merke Halbe Wahrheiten sind ganze Lügen!

  • kartoffelsalat am 21.07.2023 14:56 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Loisl1860

    Na klar jammern die, die ungerechtfertigte Privilegien (billigste KfZ-Parkplätze auf öffentlichem Raum) abgeben müssen und dafür was getan wird was wirklich der Allgemeinheit zu gute kommt.

    Nach Jahrzehnten der Priorisierung des Kraftverkehrs müssen sowieso zuerst mal Lebensraum, Fußverkehr, Radverkehr und ÖPNV massiv bevorteilt werden um überhaupt annähernd zu einem Gleichgewicht zu kommen.

    Die Mehrheit hat im Übrigen keinen eigenen PKW und will trotzdem leben und mobil sein.

  • tutnixzursache am 21.07.2023 15:57 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von kartoffelsalat

    Welche Mehrheit? Die „Ideologische Mehrheit“ oder die reale Mehrheit?
    Das ist die Realität: „ Die Anzahl der Personenkraftwagen in der Stadt München ist den letzten Jahren meist gestiegen und verzeichnete Anfang des Jahres 2023 mit rund 761.300 Pkw einen Höchststand. Im Jahr 2011 gab es in München noch rund 126.000 Pkw weniger.“
    Reine Fakten… null Ideologie

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