Münchner Kohle-Bürgerentscheid unwirksam? Unterföhring gegen Gas-Alternative

München - Der Kohleblock im Heizkraftwerk Nord soll spätestens 2022 abgeschaltet werden. Das war das Ergebnis des Münchner Bürgerentscheids 2017. Alternativ wollten die Stadtwerke München an dem Standort ein Gaskraftwerk bauen. Doch daraus wird nichts. Der Gemeinderat von Unterföhring hat sich jetzt überraschend dagegen ausgesprochen.
Im Vorfeld habe er aus Unterföhring eigentlich noch andere Signale erhalten, sagte ein verwunderter OB Dieter Reiter (SPD) am Sonntag der AZ. "Jetzt müssen wir das weitere Vorgehen intensiv diskutieren und prüfen, welche Alternativen möglich sind, um den Bürgerentscheid zu vollziehen."
Als eine Alternative gelten neue dezentrale Heizwerke in den Stadtvierteln. In den Bezirksausschüssen haben solche Überlegungen – mit diversen überraschenden Standorten, wie etwa im Nußbaumpark – allerdings schon für Widerstand gesorgt.
"Oder aber wir müssten in München oder an einem anderen Ort, der erst noch gefunden werden muss, ein Gaskraftwerk bauen", so beschreibt CSU-Stadtrat Richard Quaas das Dilemma. Die Zeit drängt – zumindest theoretisch. Viele im Rathaus glauben, dass die Bundesnetzagentur den Unterföhringer Kohleblock ohnehin als systemrelevant einstufen wird, dann dürfte er nicht abgeschaltet werden. Die Entscheidung wird aber erst in mehr als zwei Jahren erwartet – bis dahin einen Bürgerentscheid einfach zu ignorieren, gilt als schwer vermittelbar. "Jetzt sind erstmal wieder die Stadtwerke am Zug", sagte Grünen-Stadtrat Dominik Krause am Sonntag. "Sie müssen erklären, was sie jetzt tun wollen." In Unterföhring auf jeden Fall dürfte es keinen Meinungsumschwung mehr geben. Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer erklärte laut "SZ", ein Gaskraftwerk habe "keinerlei Vorteile".
Beratungen zwischen Stadtspitze und Stadtwerken
Zuvor hatte in der Gemeinderatssitzung ein vom Münchner Stadtrat in die städtische Energiekommission entsandter Experte erklärt, mit einem Gaswerk entscheide man sich "auf sehr lange Zeit für ein Groß-Kraftwerk mit all seinen Belastungen". Selbst wenn sich der CO2-Ausstoß eines Gaskraftwerks gegenüber den Emissionen des Kohleblocks halbieren würde, hätte Unterföhring "nichts gewonnen". Angesichts der jahrzehntelangen Laufzeit der Anlage seien die Einsparungen "obsolet", zitiert die "SZ" den Mann.
Bleibt die Frage, wie die Stadt München nun damit umgehen wird. Die Stadtspitze wird sich mit den Stadtwerken beraten. Ob dann auch ein Standort für ein größeres Gaskraftwerk am Frankfurter Ring geprüft wird? Diese Idee kursiert auf jeden Fall in Rathaus-Kreisen.
Lesen Sie hier den AZ-Kommentar - Probleme nach Bürgerentscheid: Niemandem geholfen