Münchner Chefs verbieten Hochzeits-TV
München - Kein Herz für Royals – und für ihre Fans. Wenn Kate Middleton und Prinz William am Freitag um 11 Uhr „I will“ sagen in Westminster Abbey, dann ist Büro-Alltag in Deutschland. Und das bleibt so, sagen die Chefs. Live-TV von 9 bis 15 Uhr, mit Kuss und Kutsche – nicht im Office! heißt es bei großen Unternehmen. Und die Arbeitsrechtler geben ihnen Recht.
Das sei „definitiv Privatvergnügen", sagt Michael Henn, Präsident des Verbands deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA). Die Arbeit geht vor, so verlockend das Spektakel auch sein mag. Kein Chef muss es dulden, wenn Mitarbeiter im Betrieb stundenlang vor dem Fernseher kleben oder am Live-Stream via Büro-Computer, nur weil in England Hochzeit ist.
Wer sich nicht ins berufliche Abseits manövrieren will, sollte sich lieber abends daheim eine der Zusammenfassungen anschauen, rät Henn. Eigenmächtig gucken ist keine Bagatellsache im Arbeitsrecht. Dafür kann ein Arbeitnehmer abgemahnt werden, was einer gelben Karte gleich kommt.
Wer sich die Übertragung trotz klaren Verbots heimlich anschaut, egal ob im TV, übers Internet auf dem PC oder via Smartphone, betrügt. Der Chef bezahlt die Mitarbeiter schließlich für diese Zeit. Bewegte Bilder online gucken ist im Arbeitsrecht wie Fernsehschauen: Es lenkt von der Arbeit ab.
„Und weil es bei dieser Hochzeit ja um Bilder gucken geht, zählt auch die Ausrede nicht, man könne nebenher doch weiterarbeiten", so Fachanwalt Henn. Nur wer einen großzügigen Arbeitgeber hat, der auf Anfrage während der Übertragung ein Auge zudrückt, kann guten Gewissens live dabei sein – und sich über die geschenkte Arbeitszeit freuen.
Auf zeitgemäße Arbeitsformen verweist man bei großen Münchner Unternehmen. „Bei uns gibt es flexible Arbeitszeiten“ sagt Siemens-Sprecher Karl-Heinz Groebmair. „In Absprache mit Kollegen“ könne man durchaus freimachen. „Damit sind wir bei Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften gut gefahren.“ Dass Kollegen auf dem PC den Live-Stream mitlaufen lassen, sei unmöglich, heißt es bei Siemens: Die Rechner sind Arbeitsgeräte, die auch nicht entsprechend ausgerüstet seien.
„Ein ganz normaler Arbeitstag“ ist auch bei BMW. „Wir gehören ja nicht unbedingt zum Vereinigten Königreich“ sagt Sprecher Jochen Frey, Deutschland oder Bayern habe „ja nicht einmal einen Prinzen am Altar“. Bei der Allianz wird das Thema entspannt gesehen: „Wir haben flexible Arbeitszeiten“, sagt Sprecherin Vera Werner, „wer sich die Hochzeit anschauen will, kann sich in Absprache mit den Kollegen frei nehmen.“ TV-Geräte oder TV-Karte in den Computern gebe es ohnehin nicht. Eine TV-Übertragung, wie bei der Fußball-WM, als Deutschland über Mittag spielte, ist diesmal nicht vorgesehen.
An Prinzessin-Schauen ist im Delikatessen-Tempel bei Dallmayr kein Denken, trotz des Titels „ehemaliger Hoflieferant“. „Bei uns ist am Freitag Hochbetrieb“ sagt Sprecherin Esmeralda Schöne. „Höchstens ein paar Führungskräfte haben Fernsehen“, sagt Infineon-Sprecherin Kathie Aretz, live schauen sei deshalb beim IT-Giganten gar nicht möglich. „Sonderurlaub ist nicht drin.“ Persönlich findet sie es „unmöglich, dass die nicht am Samstag heiraten!“
TV Total: Hier gibt's die Hochzeit zu sehen