175 Jahre Meiller: Wie ein Familienunternehmen aus München zum internationalen Markführer wurde

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Drei Orte in der Münchner Stadtgeschichte sind mit Meiller Kipper verbunden: die Lilienstraße 22 in der Au – gegenüber vom Kino Museum Lichtspiele. Hier hat alles begonnen. In der Landshuter Allee in Neuhausen lag über Jahrzehnte das große Meiller-Betriebsgelände. Seit 1996 werden die Kipper nun in Moosach produziert.
1850 als handwerkliche Schmiede in der Au gegründet, ist das Familienunternehmen Meiller ein großer Mittelständler, der weltweit agiert. „Obwohl das 175-jährige Jubiläum ein schöner Anlass zum Feiern wäre, lässt die momentane wirtschaftliche Situation unserer Branche dies leider nicht zu“, sagt Michael Stomberg, CEO von Meiller Kipper und Meiller Gruppe.
Der Meiller Fan-Shop bietet zum 175. Geburtstag ein Dreier-Set mit historischen Kippern für Sammler. Und am Firmeneingang Ambossstraße 4 hängt ein Werbebanner zum Jubiläum, das nur wenige Münchner Unternehmen erleben.
Archivleiterin Erika Korenjak – Hüterin der Meiller-Geschichte
Erika Korenjak (76) war 40 Jahre als Technische Zeichnerin bei Meiller. Heute leitet sie das Archiv. Prospekte, Plakate, antiquierte Schreibmaschinen und Büromöblierung von anno dazumal sind zu sehen. Auch eine Vitrine mit früheren Werbeartikeln: Feuerzeug, Maßband, Manschettenknöpfe. Woher das alles stammt? „Rentner haben viel mit heim genommen. Das habe ich zurückgeholt“.
Erika Korenjak zeigt Schwarz-Weiß-Fotos vom Schachklub, lustigen Skiausflügen, Fußballturnieren. „Es ist das Aushängeschild der Firma, dass sie wie eine kleine Familie ist“, sagt die Archivleiterin. Heute treffen sich ehemalige Meiller-Mitarbeiter jeden Monat beim Stammtisch im Schweizer Hof in Pasing. Die Münchner Firma baut robuste Premium-Kipper, auch für sibirische Temperaturen: Meiller Kipper transportieren scharfkantige Steine, Metallschrott, Altglas, auch heißen Teer für den Straßenbau. Der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) informiert, dass an den Wertstoffhöfen aktuell 23 Containerdienst-Laster mit Kippern von Meiller im Einsatz sind.
In der Au gründete Lorenz Meiller 1859 seine Schmiede. Mit dem Bau von Winden für den Forstbetrieb begann der Aufstieg. 1904 entdeckte Meiller den Fahrzeugbau (nur die Hinterteile der Lkw). Im Stadtteil Neuhausen wurde Meiller Kipper groß – und international. Vor rund 30 Jahren zog das Unternehmen schrittweise nach Moosach. „An der Landshuter Allee wurde 1996 alles abgerissen. Die Stadt wollte Stahlbau und Schwerindustrie rausbringen“, erinnert sich Stefan Sederer. Er hat 1980 als Maschinenschlosser-Azubi angefangen. Heute gibt er Schulungen: „Das gelb-schwarze Meiller-Logo mag ich. Seit 1903 ist es kaum verändert – eine Amboss-Form, von oben gesehen, dazu die München-Farben.“
Meiller-Mitarbeiterstammtisch – Gemeinschaft auch nach der Arbeit
Das Logo steht auf seinem blauen Poloshirt. "Privat habe ich 50 Meiller-Shirts plus Meiller-Socken, -Gürtel und -Anstecknadeln", sagt der 60-Jährige grinsend. Er ist einer von 700 Münchner Mitarbeitern im Bereich Kipper in Moosach: "Wir hatten gerade ein Grillfest: Gegrillt haben die Chefs, die Mitarbeiter trinken und essen."
Seit 2016 kommt der Stahlrahmen für die Lkw-Aufbauten aus dem Werk in Tschechien. Meillers besondere Stärke ist die geschmeidige Hydraulik, montiert in München. "Unsere Kunden schätzen die Langlebigkeit, selbst unter extremen Bedingungen", sagt CEO Michael Stomberg. Auf Lkw montiert, gehen die Kipper in die Ukraine, nach Zentralafrika, Chile oder Indien.
Der Drei-Seiten-Kipper ist das Urprodukt - 1904 patentiert. Moderne Kipper mit halbrunden Wänden eignen sich für feuchtes Kippgut und für vereiste Erde. In einer Halle stellen Maschinen Tank, Pumpe, Ventil und Zylinder her – die Bauteile der Hydraulik. Ein echter Fortschritt: Von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens läuft die „Geisterschicht“ - es gibt keine Nachtarbeit mehr.
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