München: Therapeut missbraucht Patientin (21)
München - In den Sitzungen mit der Bulimikerin Anna S. (21, Name geändert) geht Therapeut Martin P. (46) nicht immer nach Lehrplan vor: In fünf Fällen soll er sich während und nach den Gesprächsstunden an der jungen Frau vergangen haben. Jetzt steht der inzwischen vom Isar-Amper-Klinikum Haar gefeuerte Therapeut vor dem Münchner Amtsgericht. Der Vorwurf: sexueller Missbrauch im Betreuungsverhältnis.
Ob die Klinikstelle mit Martin P. optimal besetzt gewesen ist, ist fraglich. Als Richterin Susanne Laudeck-Bätz ihn nach seiner medizinischen Fachrichtung befragt, druckst er rum: „Ich habe Erziehungs- und Sozialwissenschaft studiert. 1996 wurde ich als Sozialpädagoge in Haar eingesetzt. Später in der Therapie.“ Im Winter 2008 wird ihm Anna S. zugeteilt. Diagnose: Essstörungen und Alkoholprobleme.
Lesen Sie auch: Wegen Tochter: Sieben Jahre unschuldig im Knast
Bald macht Martin P. erste Anspielungen: „Du siehst aber sexy aus.“ Im Sommer 2009 soll er ihr während der Therapie an den Po gefasst, sie geküsst und den Oralverkehr verlangt haben. 2010 habe er die Therapiestunden mit Anna S. immer kurz vor Dienstende gelegt. Anschließend soll er sie heimgefahren haben. In ihrer Wohnung habe er laut Anklage Sex mit Anna S. gehabt. Plötzlich will sie nichts mehr von ihm wissen. Er kommt nicht von ihr los, schickt ihr unzählige SMS-Nachrichten: „Ich könnte vorbeikommen.“ Antwort: „Nein.“ Martin P.: „Was ist denn los?“ Sie: „Ich mache es nicht mehr umsonst.“
Der Fall fliegt auf, als Martin P. auf seiner Steuererklärung einen Doktortitel angibt und als medizinischer Laie Klinik-atteste ausschreibt. Ein umfangreiches Verfahren wird eingeleitet. Da kommt alles raus. Das Urteil in dem Strafverfahren lautet: 5600 Euro Strafe wegen Titelmissbrauchs und Urkundenfälschung. Ende 2010 wird Martin P. gefeuert und bekommt 10000 Euro Abfindung. In dem Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs gesteht der Angeklagte.
Allerdings streitet er den Sex-Vorfall in der Klinik ab: „Da ist nie was gewesen. Wir sind bei ihr gewesen und sie hat es freiwillig gemacht.“ Heute kümmert sich Martin P. um Schlaganfallpatienten in einer Klinik. Sein Geständnis wird ihm angerechnet: 18 Monate Haft auf Bewährung, und 1600 Euro an die Deutsche Knochenmarkspenderdatei muss er zahlen.[
- Themen:
- Landgericht München