München in den 80ern: Echt geil!
Die 80er Jahre – ein legendäres Jahrzehnt? Cool, oder "geil", wie man damals sagte, waren sie ja schon mit ihren Karottenhosen, Schulterpolstern, Gameboys, Walk-Männern, der Neuen Deutschen Welle, den oft und gern auch nachts zur Schau getragenen Sonnenbrillen und den absoluten Musts im TV wie "Wetten, dass..?" (ab 1981) oder "Dallas" (ebenfalls ab 1981).
Insgesamt herrlich lässig-leichte Zeiten, nicht ganz so bewegt und entrückt (und auch nicht so knallbunt) wie die 70er, dafür cool, und voller Lebenslust in einem Jahrzehnt, in dem atomare Bedrohung, Kalter Krieg oder die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 die düstere Begleitmusik bildeten.
Tja, und München in den 80ern? Bröckelte und bröselte, war noch nicht durchsaniert, bot noch mehr Freiraum, genauso aber auch wenig bezahlbaren Wohnraum. Und war geprägt von noch etlichen liebevollen Münchner Originalen.
München im Wandel der Zeit
Der Münchner Fotograf und Autor Heinz Gebhardt, der als freier Lichtbildhauer seit 1968 das Münchner Leben auch für die Abendzeitung in Szene gesetzt hat, war natürlich auch in den 80ern in der Stadt unterwegs und überall dort, wo Bahnbrechendes, aber auch ganz Alltägliches, Witziges oder Skurriles passierte: Sei es beim milliardenschweren Hagelschlag 1984, der IGA 1983, dem Waterloo von Wirte-Napoleon Richard Süßmeier auf der Wiesn 1984, dem ersten Rock-Konzert im Olympiastadion mit den Stones 1982, das 200-Jahre-Jubiläum Englischer Garten (1989), die heimliche Premiere der Wiesnbier-Container 1983, die legendäre Donisl-Razzia 1983 und, und und ...
Herausgekommen ist daraus sein neues Buch "Münchens verrückte 80er Jahre" (nach dem großen Erfolg seines 70er-Werks), in dem sich viel nachlesen und vor allem nachschauen lässt. Tolle Fotos mit vielen witzigen, kleinen Texten über große Ereignisse und zum Teil herrlich skurrilen Alltagsbeobachtungen aus der Stadt, die damals noch 320.000 Einwohner weniger hatte, lange nicht so "gschleckt" war wie heute. Dafür umso liebenswerter. Eine schöne Zeitreise – und ein echter Geschenk-Tipp zum Fest.

Die Stones zum ersten Mal im Olympiastadion
Olympiastadion, 10. Juni 1982: "Aufruhr im Publikum, Mick Jagger (38) lässt die Hüften kreisen, zappelt, springt in die Luft, schmollt mit den Lippen und singt bei seiner Leibesübung" – so hymnisch hat der "Spiegel" damals vom allerersten Open-Air-Konzert im Münchner Olympiastadion berichtet. 73.000 Zuschauer kamen zum Auftakt einer Tournee der damals erfolgreichsten Rockband der Welt in europäischen Fußballstadien und Groß-Arenen.

Ein Taucher am Marienplatz
1980 am Marienplatz: Zufällig entdeckt Heinz Gebhardt einen Taucher, der gerade die Rolltreppe hochfährt. Komplett ausgerüstet mit Tauchanzug, die Taucherbrille aufgesetzt, den Schnorchel im Mund, die Flossen leger unterm Arm. Am Fasching lag’s nicht. Wo der Taucher herkam? Vom Sport Schuster? Oder Sport Scheck? Und wo wollte er hin? Gebhardt erinnert sich: "Er ist dann das Tal Richtung Isartor runtergelaufen. Vielleicht wollte er in der Isar zum Schnorcheln."

Ein Zusammenbruch auf der Wiesn
September 1980: Für die vielen Fotografen und TV-Teams wird erstmals eine Pressetribüne neben dem Anzapf-Fass aufgebaut. "Es gab einen gewaltigen Schlag und hinter mir brach die schöne neue Pressetribüne in sich zusammen", so Gebhardt (Mitte). 40 Fotografen und Kameraleute purzelten übereinander. Die Folge: Zum Glück nur blaue Flecken.

Container-Premiere!
1983: Das Bier war erstmals auf dem Oktoberfest aus geheimen Biercontainern geflossen und nicht aus Holzfässern. Damit war der Bann gebrochen. Im Jahr 1984 stellten vier Großzelte ihren Betrieb auf Stahlcontainer um. Das Holzfassl wurde zum Auslaufmodell. Nicht durchgesetzt haben sich nur die "Weißbierbomben", die’s nur ein Jahr lang gab ...

Der Hagelsturm von München
Juli 1984: Der Hagelsturm von München war ein Unwetterereignis mit dem bis dahin größten Schaden für die deutsche Versicherungswirtschaft. Um 20 Uhr hatte das Riesengewitter den Münchner Süden erreicht und nun entlud sich über der Stadt ein 30-minütiger Hagelsturm mit Körnern von 6 bis 9 Zentimetern Durchmesser und einem Gewicht von bis zu 800 Gramm. 70.000 Gebäude und 240.000 Autos wurden demoliert. Der gesamte Schaden betrug: 3 Milliarden Mark.

Prinz Charles und Diana in München
4. und 5. November 1987 – königlicher Staatsbesuch in München: Englands Prinz Charles und seine Diana beim Besuch in der Stadt, allerdings auch da schon eher getrennt. Ihn interessierte etwa eine Tierbesamungsanlage einer großen Schweinezucht, während Diana der "Schönen Münchnerin" Helene Sedlmayr in der Schönheitengalerie in Schloss Nymphenburg einen Besuch abstattete.

Großbrand im Hofbräukeller
6. April 1987: Großbrand im Hofbräukeller am Wiener Platz! Die denkmalgeschützte Mälzerei brennt dabei völlig aus, auch Teile der Gaststätte werden dabei zerstört. Ursache damals war ein durchgebrannter Elektromotor in der Mälzerei. Nur nebenbei: Der Freistaat hatte ohnehin den Abriss der nicht mehr benötigten Brauerei-Gebäude geplant. Das Großfeuer kam so quasi wie auf Bestellung. Ein Jahr zuvor war schon der Löwenbräukeller-Festsaal abgebrannt.

Gloria von Thurn und Taxis gibt Konzert im Bayerischen Hof
9. April 1989: "Pop-Aristokratin" und Jet-Set-Darling Gloria von Thurn und Taxis hielt in den 80er Jahren Münchens langsam ausklingende Schickeria-Epoche mit ihrem wilden Partyleben noch ganz schön am Laufen. So wie hier 1989 mit der Max-Greger-Band im Bayerischen Hof als Pop-Star mit Gitarre. Ihr verrücktes Konzert war die Einlösung einer Wette aus "Wetten, dass..?"

Ein neuer Park in München
Mai 1983 im damals noch nagelneuen Westpark: Klar, dass damals herrlich inszenierte Familienfotos gemacht werden mussten – gern auch mit ein bisserl Verrenkung (links) oder gequältem Lächeln (rechts). Von 28. April bis 9. Oktober besuchten insgesamt 11 Millionen Menschen die Internationale Gartenausstellung auf dem immerhin 72 Hektar großen Gelände, das fortan Westpark heißen sollte. 5000 Bäume und 100.000 Sträucher sind damals neugepflanzt worden. Und inzwischen ganz schön groß geworden.

Wilder Kick beim Radi-Schorsch
Er war der Münchner "Radi-Schorsch", hieß eigentlich Georg Gossler und war in den 80er Jahren eines der letzten Münchner Originale in der Altstadt. Seinen Radi-Stand vor dem Beate-Uhse-Laden in der Fußgängerzone bestückte er jeden Morgen neu mit frischen Radis aus der Großmarkthalle, ausschließlich von Gärtnereien rund um München.

Als einmal ein herrenloser Fußball auf seinen Stand zugerollt war, haute er drauf wie Münchens berühmtester "Radi", der legendäre Torwart der Sechziger, Petar Radenkovic mit seinem Schlager "Bin i Radi, bin i König" – und die Münchner kickten alle mit.

Das Ende vom Wirte-Napoleon
September 1984: Armbrustschützenzelt-Wirt Richard Süßmeier mimt den schwarzen Sheriff und verarscht Peter Gauweiler – mit Folgen. Der schwarze KVR-Chef rächt sich. Am 18. September filzt er mit 40 Polizisten die Küche Süßmeiers und "findet" 23 Schwarzarbeiter. Das Ende vom Wirte-Napoleon. Am 30. September fliegt er von der Wiesn.

Das Aus für den Donisl
Am 23. Mai 1984 rückten 80 Polizisten und zwei Staatsanwälte im Donisl an – eine in Münchens wilden 80ern einmalige Großrazzia, die das weltberühmte Weißwurstparadies über Nacht als Räuberhöhle entlarvte, in der Raub, Betrug, Erpressung und Körperverletzung zum Alltag gehörten; über 140 Delikte waren in vier Jahren registriert worden. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch einen 44-jährigen Kellner, der nach seiner Festnahme in Stadelheim Suizid beging, der Polizei jedoch ein Geständnis hinterließ. 1985 begannen die ersten von 30 Prozessen, bestraft wurde kaum jemand – auch wegen nebulöser Aussagen à la Karl Valentin: "Vui g’redt, aba nix Genaues", oder auf die Frage nach Vorstrafen: "Vorbestraft nie, immer erst hinterher." Im selben Jahr übernahm Karl-Heinz Wildmoser den Donisl.

Und das war auch noch in den 80ern
Januar 1980 | Philharmonie im Gasteig
Die Baukosten der Philharmonie steigen von 251 auf 372 Millionen Mark.
1980 | Einwohnerzahl
München hat 1.298.941 Einwohner.
18. März 1981 | Neue Pinakothek
Eröffnung der Neuen Pinakothek als Neubau.
November 1981 | Heinz Winkler
Heinz Winkler bekommt im „Tantris“ den 3. Michelin-Stern.
Juni 1982 | Schwabing
1200 Jahre Schwabing!
28. April bis 9. Oktober 1983 | Westpark
Im neu angelegten Westpark findet die Internationale Gartenbau-Ausstellung IGA statt. Teil der Ausstellung waren 5000 Bäume und 100.000 Sträucher.
27. Juli 1983 | Hitze
Mit 37,5 Grad war es der bis heute heißeste Tag in München seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
14. August 1983 | Besondere Tankstelle
Europas erste öffentliche Tankstelle mit bleifreiem Benzin wird in München eröffnet.
24. November 1983 | Volkstheater
Eröffnung des neuen Münchner Volkstheaters in der Brienner Straße.
26. Oktober 1984 | Zündapp-Werke
Die in Konkurs gegangenen Zündapp-Werke werden für 16 Millionen nach China verkauft.
Oktober 1984 | Staatskanzlei
Beginn der Planung der Staatskanzlei am Hofgarten. Fertig: 1993.
24. Mai 1985 | Radio Gong
Radio Gong 2000 geht auf Sendung.
24. Juli 1986 | Löwenbräukeller
Der Festsaal des Löwenbräukellers brennt vollständig aus.
April 1988 | Königsplatz
Wiederherstellung der ursprünglichen Rasenflächen auf dem Königsplatz.
Juli 1988 | Tollwood-Festival
Das erste Tollwood-Festival startet auf dem Gelände des Olympiaparks.
15. Juli 1989 | Kocherlball am Chinesischen Turm
Zur 200-Jahr-Feier des Englischen Gartens wird der Kocherlball am Chinesischen Turm, seit 1904 wegen „Mangels an Sittlichkeit“ verboten, wieder eingeführt.

