Gewaltkriminalität: Höchststand von tatverdächtigen Kindern in München
München - Etwas weniger Straftaten, aber deutlich mehr Arbeit für die Münchner Polizei. So lässt sich das Fazit des aktuellen Sicherheitsreports 2024 kurz zusammenfassen, den das Präsidium am Montag der Öffentlichkeit vorstellte.
Deutlich mehr Einsätze, obwohl die Zahl der Straftaten sinkt
Die Zahl der Polizeieinsätze ist im vergangenen Jahr um 5000 gestiegen. Die Beamtinnen und Beamten rückten exakt 311.517 Mal aus, das ist ein Plus von 1,6 Prozent. An Spitzentagen sind es laut Statistik 1200 Polizeieinsätze innerhalb von 24 Stunden in der Stadt.
Was dabei auffällt, die Münchnerinnen und Münchner behalten ihre Stadt genau im Auge: 10.950 Mal riefen besorgte Bürger den Polizeinotruf 110 in der Einsatzzentrale an, weil sie eine verdächtige Wahrnehmung gemacht hatten.
Anfang März sorgte beispielsweise am Stachus ein verdächtiges Gepäckstück für einen Großeinsatz. Am Ende war alles ganz harmlos.
Polizeieinsätze im OEZ und beim Anschlag auf Verdi-Demo
Mitte März waren es vermeintliche Schüsse, die Kunden im Olympia-Einkaufszentrum gehört haben wollten und in dem Einkaufszentrum in Panik gerieten. Mehr als 200 Kräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst rückten aus.
Das schussähnliche Geräusch war, wie sich später herausstellte, lediglich ein heruntergefallenes Handy oder Walkie Talkie.
Anschläge wie der eines 24-Jährigen, der mit einem Mini Mitte Februar in eine Demonstration von Verdi raste und zwei Menschen tötete, verunsichern die Menschen in der Stadt. "Gerade solche Ereignisse beeinträchtigen auch das Sicherheitsempfinden der Menschen spürbar", betont Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel.

Flut von Falschinformationen bei Social-Media
Innerhalb kürzester Zeit machen im Internet die abstrusesten Gerüchte die Runde. "Was von Privatpersonen ins Netz gestellt wird, hat oft keine sachliche Grundlage", betont Markus Kraus, Chef der Kriminalitätsbekämpfung im Präsidium.
Über Instagram, Telegram und ähnliche Social-Media-Kanäle verbreiten sich Gerüchte und Falschinformationen in atemberaubender Geschwindigkeit, ohne dass darauf noch Einfluss genommen werden kann.

Sicherheitsempfinden contra Sicherheitslage
Bei nicht wenigen Münchnerinnen und Münchnern passt das persönliche subjektive Sicherheitsempfinden so gar nicht zur tatsächlichen Lage in der Stadt. "München ist und bleibt die sicherste Millionenstadt in Deutschland", betont Thomas Hampel – und das bereits zum 49. Mal in Folge.
Die Gesamtzahl der Straftaten, die im vergangenen Jahr im Münchner Präsidium registriert wurden, betrug laut aktuellem Sicherheitsreport 100.330. Das entspricht einem Rückgang um 1,2 Prozent. Insgesamt wurden 44.080 (2023: 46.523) Tatverdächtige ermittelt, das sind 5,3 Prozent weniger als im Vorjahr. 3,7 Prozent davon waren Mehrfach- und Intensivtäter. Sie sind laut Präsidium aber für 21,5 Prozent aller Straftaten verantwortlich.
Fälle von Mord und Totschlag sinken in München seit Jahren. 2024 gab es 26 (2023: 32) Tötungsdelikte. "Damit ist, wie zuletzt 2018 der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre zu verzeichnen", betont der Polizeipräsident. Bei den vier (2023: 10) vollendeten und 22 (2023: 22) versuchten Taten konnte in allen Fällen ein Tatverdächtiger ermittelt werden, so die Bilanz der Münchner Mordkommission.
Mehr Gewalttaten vor allem unter Jugendlichen
Allerdings stieg die Gewaltkriminalität an. Das Plus in diesem Bereich betrug 2,5 Prozent. Vergewaltigung plus 14,3 Prozent, Raub und räuberische Erpressung plus 3,5 Prozent, gefährliche und schwere Körperverletzung plus 2,5 Prozent.
Mit Sorge verfolgt man im Präsidium die Zunahme von Gewaltkriminalität bei Kindern und Jugendlichen. Im Vergleich zu 2023 wurden deutlich mehr Kinder als Tatverdächtige der Gewaltkriminalität registriert (+56,4 Prozent auf 344 tatverdächtige Kinder). Im 10-Jahres-Vergleich hat sich die Anzahl tatverdächtiger Kinder mehr als verdreifacht.
Neben Kindern sind auch bei Jugendlichen deutliche Anstiege (+9 Prozent auf 776 jugendliche Tatverdächtige) zu verzeichnen, so die Statistik. Bei der gefährlichen, beziehungsweise schweren Körperverletzung, dem größten Teil der Gewaltkriminalität, ist die Anzahl der tatverdächtigen Kinder mit 324 (2015: 84) und Jugendlichen mit 579 (2015: 431) ebenso auf dem höchsten Niveau der letzten 10 Jahre.
Bei den Erwachsenen stiegen sogenannte Rohheitsdelikte um 1,6 Prozent auf 18.666 Straftaten. Dabei handelt es sich um Fälle wie einfache Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen.
Rückgang der Rauschgiftkriminalität
Rauschgiftdelikte gingen um 8,2 Prozent auf 6042 (9783) Delikte zurück. Was man in erster Linie auf die Teillegalisierung von Cannabis im April 2024 durch die Ampelkoalition zurückführt. Bei Cannabis beträgt das Minus 53,3 Prozent auf 3189 (6827) Fälle.

Schwerpunktthema war 2024 die Kriminalitätslage, insbesondere im Bahnhofsviertel und im Alten Botanischen Garten. Inzwischen hat die Stadt im Park ein Verbot von Waffen, Alkohol und Cannabis beschlossen. Weder darf man die Droge in der Grünanlage konsumieren, noch mit sich führen. Das hat die Gegend für Dealer und Konsumenten deutlich unattraktiver gemacht.
Inzwischen, so Thomas Hampel, zeigen sich "erste positive Veränderungen". Die Zahl der Straftaten sei in den ersten Monaten 2025 rückläufig. Das habe "nach ersten Rückmeldungen aus der Bevölkerung auch positive Auswirkungen auf das subjektive Sicherheitsgefühl rund um den Alten Botanischen Garten".
SPD im Rathaus sieht erste Erfolge
"Die Situation im Alten Botanischen Garten bleibt kritisch", sagt Christian Vorländer, stellv. Vorsitzender SPD/Volt-Fraktion und Sprecher im Kreisverwaltungsausschuss. Doch die von OB Dieter Reiter und der SPD/Volt-Fraktion initiierte Task Force zeige, so Vorländer weiter, laut Sicherheitsreport 2024 Wirkung.
"Besorgniserregend ist auch der Anstieg tatverdächtiger Kinder und Jugendlicher im Bereich der gefährlichen und schweren Körperverletzung um 74,2 Prozent. Hier setzt die SPD/Volt-Fraktion auf gute Sozialpolitik, Prävention und intensive Jugendarbeit."