Müller-Brot: Neustart am Freitag oder Katastrophe
Kurz vor dem Abnahmetermin durch das Freisinger Landratsamt: Geschäftsführung stellt sich der Belegschaft. Eins ist jetzt schon klar:
Es werden wohl viele Mitarbeiter gehen müssen
Freising - Die Stimmung war geladen: Mehr als 500 Mitarbeiter (von insgesamt 1100) sind am Samstag nach Eching zur Betriebsversammlung der Großbäckerei Müller-Brot gekommen. Mit Wut im Bauch. Und vielen Fragen, die sie der Geschäftsführung stellen wollten. Die alles entscheidende, wie es jetzt mit dem Personal weitergehen soll, blieb aber unbeantwortet. Und so ist die Angst der Arbeitnehmer derzeit noch größer als zuvor.
Einer fehlte bei dem gut zweistündigen Treffen: der Mehrheitseigentümer Klaus Ostendorf. Trotz Einladung nahm er nicht daran teil. Freddy Adjan, Münchner Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), bezeichnete sein Fehlen als bedauerlich. „Viele Fragen zur Zukunft des Unternehmens hätte wohl nur er beantworten können.”
Stattdessen musste sich Geschäftsführer Stefan Huhn der aufgebrachten Belegschaft stellen. Laut Adjan habe er dem Personal klar gesagt: „Er kann ihnen keine Perspektive geben – weil er nicht weiß, welche Auswirkungen der Skandal haben wird.” Zunächst stünden Gespräche mit Großkunden und Banken an.
„Es wird Arbeitsplätze kosten, aber er weiß nicht, wie viele”, habe Huhn der Belegschaft erklärt. Auch eine Entschuldigung sei gefallen, berichtet NGG-Chef Adjan. Doch die nutzt den Beschäftigen von Müller-Brot wenig.
Alle haben Angst um ihre Jobs, berichtet der NGG-Chef. Angst, ihre Familien nicht mehr ernähren zu können. Und: „Die Leute trauen der Geschäftsführung nicht mehr.”
Die Ungewissheit, was jetzt auf sie zukommt, wird sich hinziehen. Laut Gewerkschaft kann es noch Wochen dauern, bis klar ist, welche Folgen sich fürs Personal ergeben.
Die Beschäftigten hätten auf der Betriebsversammlung die Informationspolitik der Firma scharf kritisiert. Auch sie waren laut Adjan anfangs im Glauben gehalten worden, ein Schwelbrand sei verantwortlich für den Produktionsstopp.
„Sie äußerten auch, dass sie früher viel mehr Zeit gehabt hätten zum Putzen”, so der Gewerkschafter. Eine Folge des Spardiktats: Die Zahl der Mitarbeiter sei im Laufe der vergangenen Jahre auf fast ein Drittel reduziert worden.
Der nächste Freitag wird ein Schicksalstag für Müller-Brot. Für diesen Tag ist ein Abnahmetermin mit dem Landratsamt vereinbart. Bis dahin soll alles getan sein, um hygienische Zustände in der Produktion garantieren zu können. „Wenn am Freitag nichts wieder anfährt, dann haben wir ein richtiges Problem”, sagt NGG-Chef Adjan. Sein Gewerkschafts-Kollege Mustafa Öz drückt sich dramatischer aus. Er spricht von einer „Katastrophe”, wenn die Behörde den Betrieb nicht wieder freigebe.
Die Geschäftsleitung habe zugegeben, dass das Unternehmen seit Beginn des Skandals Millionenverluste verkraften müsse. Die Löhne für den Januar stünden noch aus, sagt Öz. Sie sollten nach Angaben der Geschäftsführung aber bezahlt werden. „Es ist bei Müller-Brot völlig normal, dass die Löhne erst am Ende des Folgemonats gezahlt werden, also meist vier bis fünf Wochen später.” Wie es dann weitergehe, sei aber völlig offen.
Und genau das bringt die Beschäftigten auf. Aus Angst vor der aufgeheizten Stimmung, habe das Unternehmen für die Betriebsversammlung sogar extra Sicherheitsleute bestellt sowie drei Sanitäter.
Nicht nur die Chefs von Müller-Brot stehen heftig in der Kritik. Auch das Verhalten der Behörden während des Hygieneskandals wird weiter in Zweifel gezogen. „Da ist nicht entschieden genug reagiert worden – insbesondere vom Landratsamt”, sagt Dietrich von Gumppenberg, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP im Landtag.
Selbst wenn Müller-Brot nach der Abnahme am Freitag wieder backen darf – wie will die Firma Kunden zurückgewinnen? Offenbar plant sie eine Rabatt-Aktion. Neben Billigangeboten soll dabei ein neuer Slogan überzeugen: „Wir sind besser als unser Ruf.”
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