Moppel? Nein, Model!

Dorothee Koller (24) ist Laufsteg-Model für große Größen. Vor der Kamera wirkt sie durchaus selbstsicher – durchaus ein Kunststück
Anja Perkuhn |
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„Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.
Jana Scherer Cre Art Ivity. 4 „Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.
„Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.
Jana Scherer Cre Art Ivity. 4 „Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.
„Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.
Jana Scherer Cre Art Ivity. 4 „Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.
„Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.
Jana Scherer Cre Art Ivity. 4 „Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch“: Dorothee Koller.

München - "Hab gelernt, dass es gute und schlechte Fette gibt“, steht auf der Facebook-Seite von Dorothee Koller. So weit, so harmlos – der Spruch geht allerdings noch weiter: „Ich zum Beispiel bin eine gute Fette.“

Dorothee Koller, das Plus-Size-Model, kichert – mit einem Smiley unter dem Spruch, und auch im echten Leben. „Ich war schon immer – fester gebaut“, sagt sie, „von der Pubertät an.

Wenn man Teenie ist, ist das nicht immer einfach. Aber irgendwann akzeptiert man das.“ In ihrem Fall bedeutet das: Sie hat akzeptiert, dass sie ihren Körper nur bis zu einem bestimmten Punkt ändern kann. Und dass sie das aber nicht zwingend tun muss.

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Jetzt, mit 24 Jahren, einer Größe von 1,76 Metern und der Kleidergröße 52, ist Dorothee Koller neben ihrem Studium Amateurmodel. Sie lief im vergangenen Jahr bei drei kleineren Modenschauen und kann Witze über ihr Gewicht machen, ganz unbitter.

Vielleicht war es diese positive Ausstrahlung, die die Jury bei einem Münchner Casting an ihr sah: Die Rosenheimerin hat gerade eine Wildcard bekommen für die „Plus Size Fashion Days“ im Oktober in Hamburg – alle anderen Bewerberinnen mussten bis Ende Juli auf die Nachricht warten, ob sie bei der Modenschau des Übergrößenausstatters Ulla Popken mitlaufen werden.

„Ich sage ungern von mir selbst: Ich bin Model“

Zum Casting ging sie ohne konkretes Ziel, sagt Koller. „Die Leute sagen immer, mein Gesicht ist ganz hübsch. Erwartungen hatte ich keine, aber ich dachte mir: Ich habe nichts zu verlieren.“ Relativ entspannt war es dann: Das Casting fand mitten in einem Klamottenladen statt, zwei Juroren saßen an einem Tisch.

„Man unterhält sich nett, läuft zwei, drei Mal, vor und zurück auf einem imaginären Catwalk“, erzählt Koller, „und dann war’s das.“ Die Prozedur kennt sie auch schon: Bei der Wahl zur „Fräulein Kurvig 2014“ – ihrem ersten Kontakt mit dem Geschäft – kam sie ins Finale.

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Seitdem ist sie in einer Modelkartei. Trotzdem: „Ich sage ungern von mir selbst: Ich bin Model. Lieber: Ich bin bei einer Agentur.“ So ganz scheint der Gedanke noch nicht bei ihr angekommen zu sein, dass sie nun dazugehört.

Dorothee Koller, die Management in der Gesundheitswirtschaft studiert, wird in Hamburg mit internationalen Top-Modellen vor einigen hundert Zuschauern auf dem Laufsteg gehen.

„Das ist eine große Ehre und ich habe großen Respekt vor denen, die das professionell machen“, sagt sie. Viele Mitglieder der deutschen Plus-Size-Model-Szene modeln nicht nur, sie bloggen beispielsweise auch.

„Die trauen sich Sachen, die ich mir nie zutrauen würde: Sie ziehen moderne, auffällige Klamotten an, schreiben offen über ihr Leben.“

Auffällige Kleidung vermeidet sie – wie auch eine Sonnenbrille

Sie sei eher ein Schisser, sagt die 24-jährige – gehemmt bei Kleidern und Röcken, ein Hosenmensch. „Ich vermeide auch zu Auffälliges, weil ich Angst habe, komisch angeschaut zu werden.“ Auffällig fühlt sich für sie schon eine Sonnenbrille an. „Das war für mich aufregend, als ich letztens mit einer rausgegangen bin.“

Vor der Kamera und auf dem Laufsteg wirkt sie selbstsicher – ein Kunststück, immerhin besteht der Job fast nur aus demonstriertem Selbstbewusstsein und Körper-Zeigen. Für mollige Menschen, die sich von der Gesellschaft oft zur Rechtfertigung wegen ihres Aussehens genötigt sehen, ist ein solcher Job noch einmal eine spezielle Angelegenheit.

„Ich gucke gern ‘Germany’s next Topmodel’, weil ich es interessant finde, wie das in deren Geschäft abläuft“, sagt Dorothee Koller, „und ich bin immer wieder froh, dass ich nicht so arbeiten muss.“

Schockiert sei sie gewesen, als eines der Mädchen einen Unterwäsche-Job nicht bekommen hat, weil sie angeblich zu dick war. „Bei uns in der Branche ist das alles irgendwie nett und klein, eine Nische“, sagt Koller. „Ich habe da bisher keine Probleme gehabt. Und würde ich abnehmen, wäre das kein Drama, wurde mir gesagt. Gürtel und Nadeln sind immer da.“

Viel zunehmen wäre allerdings nicht so gut, „da ist das schon wie das normale Business. Wenn die davon ausgehen, da kommt eine Größe 52 und dann ist es eine 56, wäre das schon schlecht. Die bereiten die Klamotten ja vor.“

Die Rosenheimerin hält ihre Größe aber gut, sagt sie – und wenn die Hose doch mal zwickt, dann gehe sie einfach wieder öfter schwimmen, fahre Rad und achte wieder etwas mehr auf die Ernährung.

Die Modebranche entdeckt Plus Size langsam für sich

Im Übergrößen-Business ist die tatsächliche Kleidergröße (noch) nicht so relevant. Auch nicht die Größe eines Models oder das Alter. Die Modebranche entdeckt Plus Size erst seit einigen Jahren für sich.

Neben den etablierten Geschäften wie Ulla Popken oder Weingarten eröffnen viele Online-Shops, die sich auf große Größen spezialisieren, bei der New York Fashion Week wurde 2013 auch Übergrößen-Kleidung auf den Laufstegen gezeigt und die „Curvy is sexy“ fand 2014 parallel zur Fashion Week Berlin statt.

Die Reaktionen auf Dorothee Kollers Modeljob waren bisher sehr angenehm. „Ich bin selbst überrascht, wie positiv das aufgenommen wird“, sagt sie. „Fremde Menschen sagen mir, wie schön es ist, dass es endlich Models in großen Größen gibt. Es ändert sich was. Langsam, aber es wird.“

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