Messerangreiferin stirbt nach Schüssen: So erlebte eine Anwohnerin den Einsatz-Abend

Update vom 9. Juni, 15.30 Uhr: Ein wenig rot-weißes-Flatterband mit der schwarzen Aufschrift "Polizeiabsperrung" um einen Baum am Straßenrand geknotet weht noch im leichten Wind. Ansonsten erinnert nichts an die Ereignisse, die hier an der Kreuzung Bavariaring und St.-Pauls-Platz am Samstagabend zu einem Großeinsatz der Polizei mit einem Todesopfer geführt haben. Keine erkennbaren Spuren, keine Blumen.
Die Nachricht beherrschte am langen Pfingstwochenende bereits die lokale Berichterstattung: Eine 30-Jährige aus München hatte gegen 19.45 Uhr zwei Passanten, erst einen 56-jährigen Mann im Bereich Westendstraße und wenig später eine 25-jährige Frau an der Schwanthalerhöhe, mit einem Messer attackiert und – glücklicherweise – jeweils nur leicht verletzt. Sie mussten ambulant im Krankenhaus versorgt werden. Nach „Bild“-Informationen handelt es sich bei den Opfern um einen Nachbarn der Täterin und um eine Touristin.

Frau nach Schüssen durch Polizei verstorben
Die Angreiferin allerdings bewegte sich weiter, bis sie am Bavariaring auf Einsatzkräfte traf, die wegen des ersten Angriffs bereits ausgerückt waren. Bei einer solchen Meldung, "fährt alles hin, was entbehrlich ist", so ein Polizeisprecher am Montag. Die Polizisten wollten die Frau festnehmen, diese habe aber weiterhin mit dem Messer hantiert. Die Beamten machten daraufhin "von ihrer Dienstwaffe Gebrauch", sprich, sie schossen auf die Frau. Die 30-Jährige wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo sie kurz darauf verstarb.
Das Motiv für ihre Angriffe ist auch am Pfingstmontag noch unklar. Im Zuge der Ermittlungen dazu hat die Polizei am Sonntag auch die Wohnung der 30-Jährigen nahe der Theresienwiese durchsucht.
Augenzeuge über Begegnung mit Bewaffneter
Ein Mann, der das Geschehen nach eigener Aussage beobachtet hatte, berichtete, die Frau habe mit dem Messer auch knapp vor ihm gestanden, er habe Angst gehabt. "Da kommt eine Frau auf mich zu, bleibt zwei Meter vor mir stehen und zückt ein Messer", berichtete er. "Man konnte nicht erkennen, dass die Frau gefährlich ist." Sie sei einfach auf Leute zugegangen, da rechne man nicht damit, dass jemand ein Messer zücke. Er habe warnen wollen und den Menschen zugerufen: "Weg da, Messer." Die Polizei bestätigte diesen Bericht nicht.
Täterin war zuvor bereits in Gewahrsam
Am Sonntagabend war bekannt geworden, dass die 30-Jährige bisher nicht wegen Gewaltdelikten aufgefallen war. Allerdings hatte sie kurz vor ihren Attacken auf die Passanten bereits einen Polizeieinsatz ausgelöst: Gegen 18.40 Uhr hatte sie in einem Lebensmittelgeschäft randaliert. Herbeigerufenen Beamten gegenüber habe sich die 30-Jährige bedrohlich aufgebaut und die Fäuste geballt, sie musste gefesselt werden und wurde auf die Polizeiinspektion in der Beethovenstraße gebracht, so die Polizei. Nachdem sie sich beruhigt hatte, gegen 19.15 Uhr, wurde sie entlassen, da „zu diesem Zeitpunkt keinerlei Einweisungs- oder sonstige Festhaltungsgründe vorlagen“, so die Polizei. Eine halbe Stunde später ereignete sich die nächste Tat, die in den tödlichen Schüssen mündete.
Schnell kursierte die Annahme, dass die Frau psychisch auffällig gewesen sei. Die Polizei bestätigte dies nicht. Sowohl über die 30-Jährige als auch rund ums Thema Schusswaffengebrauch macht die Polizei derzeit keine weiteren Angaben. Nicht, wie viele Schüsse abgegeben wurden, nicht aus welcher Distanz und auch nicht, ob man zuvor anderweitig versucht habe, die Frau zu überwältigen. Die Ermittlungen, ob der Schusswaffengebrauch gerechtfertigt war, so erklärt die Polizei am Montag, seien Standard und lägen nun – wie in solchen Fällen üblich – beim LKA und der Staatsanwaltschaft. Man hoffe im Laufe der Woche weitere Angaben machen zu können, so ein Polizeisprecher.
"So schlimm?": Anwohnerin berichtet von Tatnacht
Am Montag herrscht in der Gegend ganz normale Feiertagsruhe. Anwohnerin Josiane Sch. erzählt der AZ, sie habe bei der abendlichen Gassi-Runde bemerkt, "dass da etwas los ist" und wollte nach ihrem Auto sehen, das genau am Eck St.-Pauls-Platz und Bavariaring parkt. An der Polizeiabsperrung sei sie von einem Polizisten aufgehalten worden. Er könne nicht sagen, was passiert sei, sie werde davon in der Zeitung lesen. "Daraufhin habe ich gefragt: 'So schlimm?'", so die Anwohnerin, "und er sagte 'Ja, schon.'" Dass die Polizei bei dem Einsatz geschossen hat, findet sie absolut gerechtfertigt.

Pater Gino Levorato von der St.-Pauls-Kirche sagte, es habe ihn etwas beruhigt, dass die beiden Opfer nur leicht verletzt seien. Dass die Angreiferin tot sei, "hat mich sehr betroffen gemacht".
Taser statt Pistolen? "Kein Allheilmittel"
Wie häufig im Zusammenhang mit derlei Taten auch nach einem möglichen Einsatz von sogenannten Tasern, Distanz-Elektroimpulsgeräte, gefragt. Nach dem Tod einer Frau in einem Supermarkt an der Implerstraße im August 2024 hatte der Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) gefordert, dass auch Streifenpolizisten im Freistaat mit Tasern ausgestattet werden sollten. Gerade bei Angreifern in psychischen Ausnahmesituationen könnten die Taser Beamte schützen und Angreifer vor schwereren Verletzungen bewahren, sagte damals der Landeschef der Gewerkschaft, Jürgen Köhnlein. Allerdings, bei Messerangriffen müsse auch beim Einsatz von Tasern "immer ein Kollege mit bereits gezogener Waffe zur Absicherung dabeistehen".
Herrmann hatte dem damals eine Absage erteilt: "Der Taser ist kein Allheilmittel für gefährliche Einsätze, vor allem wenn Täter mit Schusswaffen oder Messern ein sofortiges Handeln der Polizei erfordern", sagte er damals.
Inzwischen hat sein Bundes- und Parteikollege, Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), angekündigt, er wolle die Bundespolizei mit den Elektroschockgeräten ausrüsten. Er werde dafür sorgen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür "noch in diesem Jahr aufgesetzt werden". Taser seien ein "geeignetes Mittel, um auf die gestiegene Bedrohung der Polizei im öffentlichen Raum zu reagieren", etwa wenn die Beamten mit Stichwaffen wie Messern angegriffen würden, sagte er.
Im vergangenen Jahr starben in Bayern so viele Menschen durch Polizeikugeln wie seit 1997 nicht mehr. Laut Innenministerium starben vier Menschen, in fünf Fällen gab es Verletzte. Hinzu kam ein weiterer tödlicher Schusswaffengebrauch durch Kräfte der Bundespolizei.
Tödlicher Schusswaffengebrauch in München: Polizei nennt keine Details
Update vom 9. Juni 13 Uhr: Zum Schusswaffengebrauch, der am Samstag tödlich endete, konnte die Polizei auch am Montag keine weiteren Informationen nennen. Die Details und Hintergründe dazu sollen nun, wie in solchen Fällen üblich, durch LKA und Staatsanwaltschaft ermittelt werden, hieß es.
Update vom 8. Juni, 20 Uhr: Polizeiinformationen zufolge, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen, soll die Frau, die mehrere Passanten am Samstag mit einem Messer attackiert hat, in unmittelbarer Nähe des Tatortes nahe der Theresienwiese gewohnt haben. Die Wohnung der 30-Jährigen sei durchsucht worden, hieß es weiter. Vor den Vorfällen sei sie nicht wegen Gewaltdelikten aufgefallen, so die Polizei. Die Ermittlungen übernahm wegen der Messerattacken das Kommissariat 11, die Münchner Mordkommission. Eine Antwort der Polizei auf eine Anfrage der Abendzeitung steht derzeit noch aus.
Update vom 8. Juni, 17 Uhr: Die Frau, die in München mit einem Messer mehrere Passanten attackiert hat und von der Polizei erschossen wurde, war schon kurz zuvor auffällig geworden. Das teilte die Polizei mit. Demnach habe sie in einem Lebensmittelgeschäft randaliert. Den herbeigerufenen Beamten gegenüber habe sich die 30-Jährige bedrohlich aufgebaut, sie musste gefesselt werden und wurde aufs Revier in der Beethovenstraße gebracht. Gegen 19.15 Uhr wurde sie entlassen, nachdem sie sich beruhigt hatte – offenbar eine halbe Stunde vor der nächsten Tat, die in den tödlichen Schüssen mündete. Gegen 19.45 waren die ersten Notrufe wegen der neuen Attacken eingegangen.
Update vom 8. Juni, 14 Uhr: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat nach den tödlichen Polizeischüssen auf eine Messerangreiferin in München sein Bedauern ausgedrückt. "Ich bin der Münchner Polizei für das rasche Einschreiten und Stoppen der Messerstecherin sehr dankbar. Ihr Tod ist bedauerlich, war aber wohl leider unvermeidlich", sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
Update vom 8. Juni, 8 Uhr: Die Untersuchungen zum tödlichen Schusswaffengebrauch am Samstagabend laufen weiter. Der Grund, weshalb die Frau mit einem Messer mehrere Menschen angegriffen habe, sei nun Gegenstand der Ermittlungen, berichtet ein Sprecher der Polizei München auf Anfrage der Abendzeitung. Weitere Informationen gebe es aktuell nicht.
Erstmeldung vom 7. Juni: Eine Frau (30) hat am Samstagabend gegen 19.45 Uhr in der Nähe der Münchner Theresienwiese mehrere Menschen mit einem Messer verletzt.
Frau verletzt zwei Passanten mit dem Messer
Zunächst attackierte die Frau in der Westendstraße einen Mann (56) und fügte ihm leichte Verletzungen zu, so ein Polizeisprecher auf AZ-Anfrage. Kurz darauf griff die 30-Jährige an der Schwanthalerhöhe eine Frau (25) an und verletzte auch diese leicht.
Polizei schießt Messerangreiferin nieder – sie stirbt im Krankenhaus
An der Theresienwiese am Sankt-Pauls-Platz/ Ecke Bavariaring stellte die Polizei die Angreiferin und wollte sie festnehmen. Dabei wurde von der Dienstwaffe Gebrauch gemacht und die 30-Jährige mit Wohnsitz in München niedergeschossen.
Unter laufender Reanimation wurde die Festgenommene in ein Krankenhaus gebracht, wo sie notoperiert wurde. Laut AZ-Informationen soll die Frau dort verstorben sein.
Wie die "Focus online" berichtet, soll die 30-Jährige zuvor schon psychisch auffällig gewesen sein. Gegen sie wurde wegen vorangegangener Taten bereits ermittelt. Hinweise zum Tatmotiv gibt es derzeit keine.
Eine Einsatzhundertschaft der Münchner Polizei und die Kripo sind vor Ort. Der Tatort ist weiträumig abgesperrt. Auch Spürhunde sind im Einsatz und suchen an der Theresienwiese nach Spuren. Ein Kriseninterventionsteam ist ebenfalls vor Ort.