Mariam (15) ertrank im Eisbach in München: Neben Kerzen und Blumen wird wieder gebadet
Die Münchnerin springt mit einer Freundin ins 14 Grad kalte Wasser – obwohl sie nicht schwimmen kann.
Für viele ist es der Inbegriff des Sommers in der Stadt: Im Englischen Garten, gleich nach der weltweit bekannten Surfwelle, springen sie quietschvergnügt in den Eisbach. Die meist jungen Leute lassen sich von der starken Strömung wegtreiben, hangeln sich an einem Seil ans Ufer und springen nach der zweiten Welle noch einmal in den Nebenarm der Isar.
An der Tivolibrücke geht’s dann tropfnass in Badehose oder Bikini mit der Tram zurück zum Haus der Kunst – und wieder rein ins kühle Nass.
Hand in Hand hüpfen die Mädchen in den reißenden Bach
Es ist eine Riesen-Gaudi, aber streng verboten. An vielen Stellen entlang des Eisbachs warnen Schilder mit einem Totenkopf und einem durchgestrichenen Schwimmersymbol vor der Lebensgefahr.
Am Montag wurde dieses Sommervergnügen einer 15-jährigen Schülerin aus München zum Verhängnis. Mariam, die auf das Mädchengymnasium Max-Josef-Stift in Bogenhausen ging, konnte nicht schwimmen. Ihre Freundinnen, die mit ihr am Eisbach waren, wussten das nicht.
Die Freundinnen saßen auf der großen Liegewiese gegenüber vom Haus der Kunst. Gegen 18 Uhr stellten sie sich nebeneinander, hielten sich an den Händen und wollten gemeinsam ins Wasser hüpfen. Die beiden Mädchen, die außen standen, bekamen im letzten Moment wohl doch Angst und ließen die Hände der anderen plötzlich los. Mariam und das vierte Mädchen sprangen ins 14 Grad kalte Wasser.
130 Einsatzkräfte haben am Montagabend nach der Vermissten gesucht. Foto: Petra Schramek
Die Nichtschwimmerin wurde augenblicklich fortgerissen. Der 1,20 bis 1,50 Meter tiefe Eisbach hat an dieser Stelle eine Fließgeschwindigkeit von 27 Metern pro Sekunde.
Obwohl Mariams Freundinnen und Passanten bereits nach wenigen Minuten einen Notruf absetzten und 130 Einsatzkräfte nach ihr suchten, konnte die Schülerin nicht gerettet werden. Kurz nach 19 Uhr wurde sie am Tivoliwehr gefunden – Mariam war ertrunken. Die geschockten Freundinnen, Familienangehörige und Augenzeugen des tragischen Unfalls wurden vom Kriseninterventionsteam (KIT) betreut. Leiter Peter Zehentner: "Wir waren mit neun Leuten im Einsatz."
Neben Blumen und Kerzen springen Münchner in den Eisbach
Das Baden im Eisbach ist im ganzen Englischen Garten verboten. "Er ist einfach unglaublich schnell, außerdem gibt es viele Sogstellen", sagt Franziska Hölzle von der Schlösser- und Seenverwaltung. Gefahren, die man dem Bach nicht ansieht und unterschätzt werden.
Entlang des Eisbachs warnen Schilder vor der tödlichen Gefahr. Das Mädchen ignorierte das Verbot – wie viele andere auch. Foto: Nina Job
Auch am Dienstag war wieder ein herrlicher Sommertag: fast 30 Grad, strahlender Sonnenschein. Gegenüber vom Haus der Kunst, auf der großen Wiese mit dem Baden-verboten-Schild, haben Mitschüler und Freunde Blumen und Grablichter für Mariam an einem Baum niedergelegt. Nur wenige Meter entfernt, springen wieder unzählige junge Leute in den reißenden Bach.
Die Polizei könnte die Missachtung des Badeverbots mit 10 bis 15 Euro Strafe ahnden. Es handelt sich um das sogenannte Opportunitätsprinzip. Doch wie sollten es die Beamten überhaupt anstellen? Die Schwimmer tragen nur Badehose oder Bikini, sie können sich nicht ausweisen und sie können den Polizisten einfach davonschwimmen. So wird das Baden im Eisbach trotz Lebensgefahr geduldet – seit Generationen schon.
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