Letzter Sommer: Nach fünf Jahren muss sich dieses "Bierparadies" im Schlachthofviertel verabschieden
München - "Fleisch- und Wurstwaren" steht seit Ewigkeiten über der Einfahrt zum Innenhof an der Zenettistraße, wo einst die Metzgerei Muniger war. "Bier- und Durstwaren", steht seit fünf Jahren direkt daneben am Vorderhaus. Hier haben Max Heisler (Geyerwally, Frisches Bier) und Tilmans-Biere-Brauer Tilman Ludwig vor fünf Jahren einen ganz besonderen Getränkemarkt mit Spätkiosk und Bar-Betrieb ins Leben gerufen: die Bierkiste.
Jetzt gerade, an den ersten richtig schönen Frühlingsabenden, nimmt der Laden wieder richtig Fahrt auf. Die etwa 50 Außenplätze (inklusive Schanigarten) sind immer gut gefüllt mit Nachbarn, Studenten – und den Skatern, die von der nahen Theresienwiese hierherkommen. Doch an diesen warmen Abenden wird sich ein bisserl Wehmut in die vielen Biere – 200 gibt es etwa zur Auswahl – mischen.

Ziemlich sicher: Die Kiste wird abgerissen und ein Neubau folgt
Dann, wenn sich herumspricht, dass es der letzte Bierkiste-Sommer wird. Denn Ende Oktober, wenn die Wirte ihre Schanigärten abbauen müssen, wird die Bierkiste an der Zenettistraße für immer zusperren, wie Max Heisler, Tilman Ludwig und Filialleiter Roman Surkau am Dienstagmittag vor Ort der AZ bestätigen. Allen dreien ist anzumerken, wie sehr ihnen dieser besondere Laden ans Herz gewachsen ist. Doch nun ist Schluss.
Von Anfang an wusste man nicht, ob die Bierkiste überhaupt zwei Jahre bleiben darf. Das Haus wurde zwischenzeitlich tatsächlich verkauft, trotzdem ging es noch weiter. Doch nun, nach fünf Jahren, ist wirklich Schluss. Und das Haus wird mutmaßlich abgerissen und durch was Schickeres ersetzt, die alte Münchner Geschichte. Die Bierkiste, sie war von Anfang an ein besonderer Ort. Im Sommer 2020 (Corona!) war Heisler froh, überhaupt etwas machen zu können.
"Wir waren hier wie ein kleiner Edeka", so sagt es Heisler. "Wir hatten Mehl, Zucker, Chips, Bier und am Anfang konnte man hier auch noch einen sehr mittelmäßigen Kaffee kaufen." Kaffee gibt es keinen mehr – dafür kann man zum Mitnehmen immer noch eine Augustiner-Halbe für 1,40 Euro kaufen, weniger als in den meisten der neuen Spätkioske.

Kernkundschaft: Bier-Entdecker trinken sich durch die Vielfalt
An einem der wenigen Plätze drinnen oder im Schanigarten genossen, ist die Bierkiste gar nicht so günstig. 4,10 Euro kosten viele Helle, für ein ganz besonderes Bier aus Belgien können auch mal 16 Euro fällig werden. Überhaupt: Neben Nachbarn, Studenten, Theresienwiese-Skatern und versprengten Volkstheater-Heimkehrern sind die Bier-Nerds, die Bier-Entdecker, die Kernkundschaft der Bierkiste. "Die kommen einmal die Woche und laufen mit dem Handy durch und checken, was sie noch nicht getrunken haben", erzählt der Filialleiter.
Das wäre vielen, die einfach nur entspannt ein Bier trinken wollen, wohl arg aufwendig. Andererseits: Eine Auswahl zwischen zwei Kölsch oder etlichen kleinen bayerischen Brauereien findet man in München nicht an jeder Ecke. Ludwig hält aber vor allem das Unkomplizierte für das Erfolgsrezept. "Die Einfachheit hat das hier ausgemacht", sagt Tilman Ludwig. "Einfach hingehen und Bier trinken."
"Im Viertel bleiben? Ist utopisch"
Doch damit ist es bald vorbei. In diesem letzten Sommer werden die Öffnungszeiten wahrscheinlich schon ein bisserl eingedampft. Montag und Dienstag könnte der Laden, der bisher sieben Tage die Woche von 10 Uhr bis Mitternacht offen hat, bald zu haben. Und dann, Ende Oktober? "Wir möchten weitermachen", sagt Max Heisler bestimmt. "Wir suchen einen neuen Standort für die Bierkiste."
Der Name soll mit umziehen – das genaue Konzept hänge aber vom Ort ab. Und die Bierkiste-Macher stellen sich auf eine schwere Suche ein. Am schönsten wäre, im Viertel zu bleiben. "Aber das ist utopisch." Außerdem brauche man eine Konzession, ausschenken zu dürfen, zu teuer dürfe es auch nicht werden. Doch sie hoffen – dass es bald anderswo Bier- und Durstwaren gibt.