Kopten in München: „Wir wollen frei leben“

Nach den Anschlägen in Ägyptenwerden auch Kopten in Deutschland bedroht. Die Gemeinde in München muss ihr Weihnachtsfest am Dreikönigstag unter Polizeischutz feiern.
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Die koptische Kirche St. Mina in Berg am Laim. 200 koptische Christen leben in München.
az Die koptische Kirche St. Mina in Berg am Laim. 200 koptische Christen leben in München.

MÜNCHEN - Nach den Anschlägen in Ägyptenwerden auch Kopten in Deutschland bedroht. Die Gemeinde in München muss ihr Weihnachtsfest am Dreikönigstag unter Polizeischutz feiern.

Erzpriester Pater Deuscoros El–Antony schaut viel Nachrichten zur Zeit. Er verfolgt, wie es den Verletzten der Anschläge in Alexandria geht, was die Politiker sagen, die deutschen und die ägyptischen. Und er hält Kontakt mit der Polizei. Er spürt die Unruhe in seiner Gemeinde. Am 6. Januar feiern die Kopten ihr Weihnachten – wie bei allen Christen ist es nachOstern das zweitgrößte Fest des Jahres. Doch diesmal wird es anders sein.

Normalerweise wird nach dem Gottesdienst noch zusammengesessen, gegessen und getrunken, heuer fällt das Fest nach dem Gottesdienst aus. „Wir sind traurig und beunruhigt über das, was passiert ist“, sagt Pater Deuscoros El–Antony. „Aus Solidarität mit den Opfern und ihren Familien haben wir die Feier abgesagt.“

Der Pfarrer ist das Oberhaupt der Kopten in ganz Bayern. Insgesamt sind es 400, in München leben rund 200 Gläubige. Sie sind ägyptisch- orthodoxe Christen mit einem eigenen Papst und einer eigenen Sprache. Für die Kopten in München ist die Gemeinde aber auch ein Stück Familie. „Wir kommen auch zu Geburtstagen zusammen, wir helfen uns. Wenn jemand neu aus Ägypten nach Deutschland kommt, findet er hier sofort Anschluss und Seelsorge“, sagt der Pater, der in Kairo studiert hat.

So wie Raouf S. (Name geändert), der mit seiner bayerischen Ehefrau seit sieben Jahren in München lebt. Er will seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, er reist viel nach Ägypten, hat dort seine Familie. Und auch, wenn er sagt, er hat keine konkrete Angst, so ist da doch ein ungutes Gefühl, eine Beunruhigung. „Die Kopten in Ägypten haben die Nase voll“, sagt er. „Sie haben kein Vertrauen mehr in die ägyptische Regierung. Immer wieder gibt es Anschläge gegen Kopten, nie wurde etwas getan.“

Zu viele Fanatiker gebe es in Ägypten, sagt er, zu viele Analphabeten, zu wenige gebildete Muslime. „Staat und Religion sollte man trennen“, findet er. Die Kopten kümmern sich nicht um Politik. „Damit haben wir nichts zu tun. Wir wollen einfach nur in Frieden leben, ein friedliches Miteinander mit den Muslimen“, sagt der Pater. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere deutsche Politiker sich für die Kopten einsetzen, dafür ist er dankbar.

Die Kirche in Berg am Laim wird nun von der Polizei geschützt. „Wir werden in nächster Zeit sehr genau beobachten, was sich umdie koptische Gemeinde in München tut“, sagt Innenminister Joachim Herrmann.

Pater Deuscoros El–Antony beruhigt das. Schon im Dezember, Tage vor den Anschlägen, bei denen 21 Menschen starben, hatte ihn die bayerische Polizei von sich aus kontaktiert, weil es im Internet Drohungen gegen Kopten gab. Er vertraut auch darauf, dass an Weihnachten nichts passiert. „Man muss aufpassen, aber wir haben hier keine Angst. Wir fühlen uns sehr ernst genommen.“

Tina Angerer

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