Koks-Skandal bei der Münchner Polizei: Drei Jahre Haft für Beamten

München - Der rechtsextreme Anschlag am OEZ bei dem neun Opfer und der Täter starben, war auch für den Ex-Polizisten Alexander T. (35, Name geändert) ein traumatisches Erlebnis – und im Spätsommer 2016 ein Wendepunkt. "Ich war als eine der ersten Streifen vor Ort und habe die Schwester eines Opfers getröstet."
Münchner Polizist gesteht Kokain-Kauf bei Dealter
Seinerzeit habe er bei Vorgesetzten um psychologische Hilfe gebeten. Aber da sei dann nichts gekommen. Er selber habe danach seinen Konsum von Kokain und Alkohol immer mehr gesteigert.
Alexander T. ist geständig. Das erklärt sein Anwalt Sewarion Kirkitadse zum Auftakt des Prozesses. In mindestens hundert Fällen habe der inzwischen suspendierte Beamte Kokain bei einem Dealer gekauft, der dann später zum Kronzeugen der Staatsanwaltschaft in dem Drogenkomplex wurde.
Die Staatsanwaltschaft geht in der Anklage von weiteren Fällen aus, demnach habe der Polizist zwischen 2016 und 2018 fast 150 Mal Kokain erworben. Zudem habe er Drogen an Bekannte weitergegeben und weiterverkauft.
Dealer schmuggelt Koks auf die Wiesn
Ein angeklagter Fall sticht heraus: 2017 hatte sich Alexander T. Drogen zur Wiesn liefern lassen. Danach habe der Polizist dem Dealer geholfen, eine Tasche mit Rauschgift an den Eingangskontrollen vorbeizuschmuggeln. Die Rechnung des Dealers: Käme es zu einer Kontrolle auf dem Wiesn-Gelände würde Alexander T. seinen Dienstausweis zücken und sich so der Durchsuchung entziehen.
Das hatte sich so ähnlich bei einer Verkehrskontrolle vor einer Bar in der Sonnenstraße tatsächlich einmal abgespielt. Der Dealer gab dem Angeklagten ein Etui mit Plomben voller Kokain, die dieser in seinem Hosenbund versteckte. Als seine Kollegen den Wagen kontrollieren wollten, gab sich Alexander T. als Polizist zu erkennen und blieb daher unbehelligt. Das Kokain gab er wenig später in einer Disco an den Dealer zurück.
Auch bei dem Vorfall auf der Wiesn konnte Alexander T. die Tasche mit den Drogen, unter anderem Ecstasy und Kokain, unkontrolliert in ein Festzelt schmuggeln und dort dem Dealer zurückgeben.
Drogenskandal bei Münchner Polizei: 39 Ermittlungsverfahren gegen 37 Beamte
Der Drogenskandal hatte das Polizeipräsidium München 2020 erschüttert. Die Staatsanwaltschaft führte 39 Ermittlungsverfahren gegen 37 Polizeibeamte und erhob sechs Anklagen.
Im Februar war ein Beamter, der Drogen erworben und weiterverkauft hatte, zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Derzeit liegen weitere drei Anklagen in dem Komplex beim Amtsgericht.
Anwältin Heidi Pioch machte das Gericht auf die besondere Haftempfindlichkeit ihres Mandanten, der derzeit in U-Haft sitzt, aufmerksam. Er lebe in ständiger Angst, dass Mithäftlinge herausfinden, dass er Polizist war. Gebracht hat es ihm wenig: Er wurde zu drei Jahren Haft sowie der Unterbringung in eine Entziehungsanstalt verurteilt.