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"Können sich normale Münchner nicht leisten": Wird Schwabing noch exklusiver?

Wo heute am Theo-Prosl-Weg in Schwabing bloß Schutt und Leere zu sehen sind, standen einst Mietwohnungen. Bezahlbar und nicht besonders alt, heißt es. Trotzdem ließ der Eigentümer sie vor Jahren abreißen. Was er nun mit dem Grundstück vor hat, freut nicht alle. 
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Hier stand einmal ein Wohnhaus. Obwohl es erst rund 30 Jahre alt war, ließ es der Investor abreißen.
Hier stand einmal ein Wohnhaus. Obwohl es erst rund 30 Jahre alt war, ließ es der Investor abreißen. © Christina Hertel
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Bei Google Maps kann man sehen, wie der Theo-Prosel-Weg in Schwabing vor ein paar Jahren aussah: Ein schlichtes Wohnhaus stand da, Balkone mit türkisfarbenen Streben, darunter Gewerbeflächen, ein Haar-Entfernungsstudio, eine Foliendruckerei. Alles nicht besonders hübsch, aber praktisch. Ein Eck Schwabing, das noch nicht durchgentrifiziert, noch nicht schick war.

So hat der Theo-Prosel-Weg vor ein paar Jahren noch ausgesehen.
So hat der Theo-Prosel-Weg vor ein paar Jahren noch ausgesehen. © Screenshot: Google Maps

Dass sich das ändern könnte, befürchtete Grünen-Stadtrat Florian Schönemann schon vor Jahren. Er sitzt auch im Bezirksausschuss Schwabing-West und dort war der Theo-Prosel-Weg bereits 2020 ein großes Thema.

Damals stellte die Immobilienfirma "Concrete Capital" ihre Pläne für das Grundstück zwischen Kathi-Kobus-Straße und Theo-Prosel-Weg, nicht weit vom damaligen Karstadt am Nordbad, zum ersten Mal vor: Ein Hotel, ein 60er-Jahre-Bau, sollte abgerissen werden, ebenso das Wohnhaus. "Dabei wurde das Wohnhaus erst in den 90ern gebaut", sagt Schönemann. Es seien 40 bewohnte und bezahlbare Wohnungen in einem guten baulichen Zustand gewesen.

Bis heute schaut man nur auf Leere und Schutt

Es sollten dafür – zumindest nach damaligen Plänen – um die 200 neue Wohnungen entstehen. Vor Ort befürchteten viele, dass dann auch dieser unscheinbare Teil Schwabings zum Luxus-Karree wird. Passiert ist das bis jetzt nicht. Denn zwar ließ Concrete Capital die Gebäude abreißen. Doch bis heute schaut man am Theo-Prosel-Weg bloß auf Leere und Schutt.

Für die ehemaligen Mieter sei das bitter, findet Schönemann. Sie haben schließlich – so sieht er das – viel zu früh ihr Zuhause verloren. Und Schönemann ist außerdem überzeugt, dass es möglich gewesen wäre, das Wohnhaus in die neue Planung zu integrieren.

So reagiert der Investor

Was sagt der Investor zu all dem? Schließlich sollte das Bauprojekt 2026 fertig sein, hieß es einst. "Erfreulicherweise darf ich Ihnen berichten, dass unser Projekt nun bald an den Start gehen wird", antwortet Peter Fritsche, der Geschäftsführer von Concrete Capital, auf eine Anfrage der AZ. Grund für die Verzögerung sei, dass das Projekt planerisch überarbeitet wurde.

Es soll nun in zwei Abschnitten realisiert werden. Der erste wird laut Fritsche über den Theo-Prosel-Weg erschlossen. Die Baustelle soll im Frühjahr 2026 beginnen. Der zweite Bauabschnitt soll, schreibt Fritsche, "möglichst zeitnah nachgelagert starten und könnte bereits circa Anfang 2029 fertiggestellt werden". Auf beiden Bauabschnitten sollen über 170 Wohnungen gebaut werden. "In Summe entstehen nun rund 350 Wohnungen, der Bestand hatte nur 38 Wohnungen", schreibt Fritsche.

Er erinnert daran, warum es "leider" nicht möglich gewesen sei, den Bestand zu erhalten: Das alte Hotelgebäude aus den 60er Jahren sei von der Bausubstanz nicht zu retten gewesen und es habe sich die Tiefgarage mit dem Wohnhaus geteilt. Deshalb sei ein Teilabriss nicht möglich gewesen. Fritsche schreibt außerdem: "Die Mietverträge waren zum ganz überwiegenden Teil befristet. Bei den unbefristeten Mietern wurde Ersatzwohnraum gestellt und finanzielle Kompensation geleistet."

"Normale Münchner werden sich diese Wohnungen nicht leisten können"

Beraten hat diese Mieter damals der Münchner Mieterverein. Dessen Geschäftsführerin Angela Lutz-Plank beruhigt es allerdings wenig, dass auf dem Grundstück nun mehr Wohnungen entstehen sollen. "Normale Münchner werden sich diese Wohnungen nicht leisten können", ist sie sich sicher. Und sie glaubt auch: "Durch weitere Bauprojekte in der direkten Nachbarschaft wird diese schöne Ecke Schwabings nun im Eiltempo gentrifiziert und unbezahlbar."

Sie hätte sich – so wie der Bezirksausschuss – gewünscht, dass die Stadt für das Areal einen sektoralen Bebauungsplan erlässt. Damit hätte die Stadt Vorgaben machen können, wie viele geförderte Wohnungen auf dem Grundstück entstehen müssen.

"Wir haben das im Stadtrat lange diskutiert", sagt SPD-Stadträtin Simone Burger. Am Ende entschied sich eine Mehrheit im Stadtrat jedoch dagegen. Denn: die Planungen des Eigentümers seien schon so weit fortgeschritten gewesen, dass die Stadt ihm gegenüber schadenersatzpflichtig geworden wäre, erklärt Burger.

Linken-Chef Stefan Jagel will nun trotzdem beantragen, dass die Verwaltung beim Neubauprojekt am Theo-Prosel-Weg/Kathi-Kobus-Straße sicherstellen soll, dass ein "erheblicher Anteil" der entstehenden Wohnungen als geförderter, beziehungsweise einkommensorientierter Wohnraum realisiert wird, die Flächenversiegelung reduziert und mehr Grün geschaffen wird, als es die derzeitigen Planungen vorsehen.

"Wir brauchen mehr Handlungsspielraum"

Dass das klappt, da rechnet sich die SPDlerin Simone Burger keine großen Hoffnungen aus. Schließlich gebe es kein Instrument, Investoren auf solchen Grundstücken im Stadtbereich zum Bau von günstigen Wohnungen zu verpflichten. "Wir brauchen als Kommune dringend mehr Handlungsspielraum, um bezahlbaren Wohnraum einzufordern", sagt Burger. Regeln müsste das der Bund – dessen Regierung die SPD angehört.

Für den Theo-Prosel-Weg in Schwabing kommt allerdings ein neues Gesetz wohl so oder so zu spät. Der Investor plant, so schildert er es gegenüber der AZ, die 350 Wohnungen an Kapitalanleger zu verkaufen. Dann sollen sie "dem Mietmarkt zugeführt werden". Zu welchen Preisen? Das stehe noch nicht fest.

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  • Perlacher am 05.09.2025 11:11 Uhr / Bewertung:

    In München werden nur noch Wohnungen für Eigentümer und Bürgergeldempfänger gebaut! Wer den Fehler findet, wählt in Zukunft die Münchner Stadtregierung ab!

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