Kinder-Mobbing beim FT Gern?

MÜNCHEN - Ist dieser Junge zu schlecht zum Fußballspielen? Sein Vater Andreas Liebau klagt in der AZ: Der Ex-Verein des Bayern-Spielers Philipp Lahm will meinen Sohn rausekeln - weil er nicht gut genug ist.
Luis (9) war immer gern in seinem Fußballverein. Er kickte drei Jahre bei der Freien Turnerschaft Gern – dem Ex-Verein des Bayernverteidigers Philipp Lahm. Doch seit diesem Winter will Luis nicht mal mehr aufs Trainingsgelände.
Weil sie ihn dort auch nicht haben wollen – weil er zu schlecht spielt.
Das behauptet sein Vater Andreas Liebau. Der Münchner Zahnarzt sagt: „Mein Sohn wurde aus dem Verein gemobbt“. Vor einigen Wochen habe ihm der Trainer der E2-Jugend mitgeteilt, dass Luis und vier andere Kinder nicht am Hallentraining teilnehmen können – die Halle sei zu klein. Andreas Liebau fragte nach bei der Jugendleitung. „Der wahre Grund war, dass die Kinder nicht spielstark genug sind“, sagt er.
Schon im Sommer habe es Ärger gegeben: „Da hat man den Kindern unverblümt gesagt, dass sie in Punktspielen nicht mehr in der Mannschaft eingesetzt werden.“ Liebau vermutet deshalb eine langsame Demontage der Kinder, die nicht gut genug für den Verein sind.
Dabei darf der FT Gern schlechte Kicker gar nicht benachteiligen – das steht in der Satzung des Bayerischen Fußballverbands. In Paragraph 1 steht: „Zweck des Verbandes ist die Förderung und Verbreitung des Fußballsports auf ausschließlich gemeinnütziger Grundlage, mit dem Ziele der körperlichen und sittlichen Ertüchtigung der Angehörigen seiner Mitgliedervereine, insbesondere der Jugend.“ Ob Luis also viele Tore schießt oder nicht einmal den Ball trifft, darf eigentlich keine Rolle spielen.
Andreas Liebau denkt aber, dass Leistung beim FT Gern alles ist: „Neunjährige Kinder, die Spaß und Freude am Fußball und der Bewegung haben, nur wegen subjektiver Leistungskriterien auszuschließen, ist mit den BFV-Grundsätzen nicht einmal formal vereinbar. Ein Verein kann sich auch nicht einfach der Schwächeren entledigen, weil dies für ihn der einfachste und bequemste Weg ist.“ Dieses „Mobbing“ sei aber der einzige Weg, meint Liebau: „Der Verein kann laut Satzung nicht kündigen.“ Andreas Liebau darf das schon – und genau das hat er vor einigen Wochen getan. Um seinen Sohn zu schützen, wie er sagt.
Der Gerner Vorstand Michael Franke möchte sich zu den Vorwürfen gegenüber der AZ nicht äußern. Interessanter Punkt am Rande: Der Verein ist total überfüllt, auf zwei Trainingsplätze kommen nach Frankes Angaben 350 Kinder. Ist das vielleicht ein Grund, warum Luis nicht mehr Fußball spielen darf? Seine Mannschaft ist ohne ihn jedenfalls nicht besser dran. Sie liegt auf dem letzten Platz. Mit nur einem Punkt.
Thomas Gautier