Kinder – der reinste Terror?

Die Beschwerden über Kinderlärm nehmen zu. Jüngster Fall: Anwohner haben dagegen geklagt, dass die Kinder einer Krippe in der Luisenstraße im Innenhof spielen dürfen. Hat München kein Herz für Kinder?
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Der Kinderhort Kiddie House: Steffi Weigt, Gülay Kara und Ulrike Kropatscheck mit den Kindern: v.l.:Melissa, Sami (vorne), Noah, Lukas, Anna und Lucca.
Gregor Feindt Der Kinderhort Kiddie House: Steffi Weigt, Gülay Kara und Ulrike Kropatscheck mit den Kindern: v.l.:Melissa, Sami (vorne), Noah, Lukas, Anna und Lucca.

MÜNCHEN - Die Beschwerden über Kinderlärm nehmen zu. Jüngster Fall: Anwohner haben dagegen geklagt, dass die Kinder einer Krippe in der Luisenstraße im Innenhof spielen dürfen. Hat München kein Herz für Kinder?

Ein Bobbycar, der durchs Wohnzimmer rumpelt. Der bierernste Streit um eine Sandschaufel. Oder fröhliches Kinderlachen – für nicht wenige ist das alles nur eine unerträgliche Lärmbelästigung. Die Beschwerden über Kinderlärm nehmen zu – die Kinder- und Familieninformation der Stadt kann ein Lied davon singen. München, kein Herz für Kinder? Sinikka Maja Veldmann (31) hat aufgehört, sich zu ärgern.

„Ich bin in letzter Zeit abgestumpft“, sagt sie. Und erzählt: Wie sie beschloss, eine eigene Kinderkrippe aufzumachen. Wie sie monatelang vergeblich nach einer Immobilie suchte. Und wie es jetzt, wo ihre Krippe in der Luisenstraße endlich eröffnet ist, zum Rechtsstreit kommt. Anwohner haben dagegen geklagt, dass die Kinder im Innenhof spielen dürfen. Auch Gabriele Ascherl will diese Spielfläche verhindern. „Das hat mit Kinderfeindlichkeit nichts zu tun“, beteuert die Mutter zweier erwachsener Kinder. „Aber es wäre in diesem hallenden Hof einfach zu laut. Da kann man Urlaub daheim gleich vergessen.“

Ascherl, deren Familie zwei Wohnungen und ein Büro gehören, will die Kinder nicht im Innenhof haben. „Dann kürzen mir die Bewohner ihre Miete!“, fürchtet sie. Doch der Mieterverein München weist diese Sorge als unbegründet zurück: „Es ist gar nicht so einfach, eine Mietminderung durchzubekommen“, sagt die Vorsitzende Beatrix Zurek. Anders liegt die Sache, wenn ein Wohnungseigentümer sein Objekt verkaufen will. „Wenn Kinder jeden Tag plärrend durch den Innenhof laufen, kann das schon eine Wertminderung für eineWohnung bedeuten – bestimmt um 20 Prozent“, sagt Immobilienmakler Markus Hindinger.

Bis zum Jahre 2011 will die Stadt übrigens insgesamt 3391 neue Krippenplätze schaffen – viel Konfliktpotenzial . . . Die Münchner Kinderbeauftragten Jana Frädrich kennt die Problematik. „Die Beschwerden von Nachbarn wegen Kinderlärm häufen sich“, sagt sie. „Wir beobachten eine zunehmende Kinderentwöhnung.“ Was sie sagt, klingt skurril: „Gerade weil es so wenige Kinder sind, gibt es mehr Probleme!“ Nur in 16 Prozent der Münchner Haushalte leben noch Kinder.

Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) hat noch eine andere Erklärung für die zunehmenden Beschwerden parat: „Die Menschen sind empfindlicher“, meint sie. „Die Belastungen im Job sind größer geworden und deswegen wollen die Leute daheim absolute Ruhe.“ Und die Kinder müssen den Stress der Erwachsenen ausbaden! Strobl hat absolut kein Verständnis für die Anwohner, die gegen die Krippe in der Luisenstraße klagen. „Es ist doch nett, wenn man die Kleinen vom Balkon aus rumwuseln sieht!“ In der Willi-Wien-Straße in Untermenzing hat es geklappt. Seit Januar gibt es dort die Krippe „Kiddie Korner“ – obwohl auch hier die Nachbarn gegen das Projekt ankämpften. „Einer hat sogar gedroht, uns mit Kameras und Lärmmessungsgeräten zu schikanieren“, erzählt Cornelia Daniel von „Kiddie Korner“.

Doch sie ließ sich nicht einschüchtern. Mit Rückendeckung von Bezirksausschuss und Stadt. Probleme gibt es bislang keine, berichtet die Leiterin Gülay Kara. „Die Nachbarn haben gemerkt, dass es gar nicht so schlimm ist, wie sie befürchtet haben!“

Julia Lenders

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