Interview

Kilians am Frauendom: 25 Jahre bayerisch-irische Pub-Kultur mit Augustiner und Guinness

Das Kilians am Frauendom feiert 25. Geburtstag. Zeit für ein Gespräch über die bayerisch-irische Freundschaft und den Unterschied zwischen Augustiner und Guinness
von  Ruth Frömmer
V.li.: Kevin, Paul und Liam Daly feiern an diesem Wochenende das 25. Jubiläum des Kilians. Danach übernehmen die beiden Jungen das Irish Pub am Dom.
V.li.: Kevin, Paul und Liam Daly feiern an diesem Wochenende das 25. Jubiläum des Kilians. Danach übernehmen die beiden Jungen das Irish Pub am Dom. © Sophia Willibald

Paul Daly hat in seinem Leben schon 14 Pubs betrieben, seit 25 Jahren das Kilians am Dom. An diesem Wochenende übergibt er es an seine Söhne Kevin und Liam. Die sind zwar hier geboren, haben die irische Gastfreundschaft aber ebenfalls in den Genen.

AZ: Vor 25 Jahren haben Sie das Kilians aufgesperrt. Erinnern Sie sich noch an den ersten Tag?
PAUL DALY: Sehr gut sogar. Ein Freund hat mich damals gefragt, ob ich spinne. Ein Lokal in der City aufzusperren, wenn ab 18 Uhr kein Geschäft mehr aufhat und samstags ab 12 Uhr die Stadt ausgestorben ist.

Aber?
PAUL DALY: Mir hatten einfach die Räumlichkeiten hier so gut gefallen. Das hat perfekt gepasst. Wir haben Kirchenbänke aus Irland hereingestellt, auch die Regale hinter der Bar sind aus Irland. 2001 wurde das Ladenschlussgesetz geändert. Und dann waren wir jeden Abend gut gefüllt.

Was haben Sie vorher gemacht?
PAUL DALY: In Irland habe ich Bankkaufmann gelernt. Ende 1985 habe ich mein erstes Pub in Regensburg aufgesperrt, später noch eines. Damals konnte ich mir München noch nicht leisten. Aber 1989 haben wir dann in Schwabing das Shamrock eröffnet.

Shane MacGowan hat es sich richtig gutgehen lassen

Was war Ihr Traum für das Kilians?
PAUL DALY: Das Kilians ist eine Weiterentwicklung meiner vorherigen Lokale. Pubs haben keine Vollküche und keine Außenplätze. Die Iren gehen im Sommer gerne in ein Pub, auch in einen Keller. Die Deutschen aber nicht. Aber 70 Prozent unserer Gäste sind Münchner. Darum haben wir hier das Konzept vom irischen Pub angepasst. Mit Außenplätzen und größerer Speisekarte.

Was macht denn die irische Pub-Kultur aus?
PAUL DALY: Gastfreundschaft und Humor. Vielleicht macht uns auch aus, dass wir nie mit jemandem Streit gehabt haben – außer unseren Nachbarn, den Briten (lacht).
KEVIN: Irland ist bekannt für Bier, Musik, Tanz und Feiern.

In München eröffnen überall Stehausschänke. Kann man das mit der Pub-Kultur vergleichen?
PAUL DALY: Wir haben 35 Prozent Anteil Essen. Das gibt’s im Stehausschank nicht.
KEVIN: Den großen Unterschied macht das Flair. Bei uns bleiben nicht nur Münchner unter sich. Wir haben zwar viele Stammgäste, aber auch viele internationale Gäste. Und es ist ganz normal, dass die Leute sich im Raum bewegen und mit Fremden ins Gespräch kommen.
LIAM: Außerdem bedienen wir unsere Gäste – auch an den Hochtischen. Und dazu gibt’s noch Entertainment.

Was verbindet die Bayern und die Iren miteinander?
PAUL, LIAM, KEVIN DALY: Die Liebe zum Bier!

Gutes Stichwort! Guinness oder Augustiner?
PAUL DALY: Beides. In Bayern trinke ich Weißbier, in Irland Guinness.
LIAM: Augustiner im Sommer, Guinness im Winter.

Guinness-Zapfen ist eine Wissenschaft für sich. Liam Daly beherrscht sie. Er trinkt das schwarze Bier am liebsten im Winter.
Guinness-Zapfen ist eine Wissenschaft für sich. Liam Daly beherrscht sie. Er trinkt das schwarze Bier am liebsten im Winter. © Sophia Willibald

Augustiner kennt hier jeder. Machen Sie doch mal ein bisschen Guinness-Werbung!
PAUL DALY: Den Unterschied macht das Gas, mit dem wir es zapfen. Ein normales Bier wird mit 100 Prozent Kohlensäure gezapft, beim Guinness sind es 70 Prozent Stickstoff und nur 30 Prozent Kohlensäure. Weil das Bier durch einen kleinen Filter aus dem Zapfhahn schießt, entsteht der cremige Schaum.
LIAM: Und was viele nicht wissen: Es hat weniger Alkohol. Die Leute denken immer, Guinness wäre stärker, weil es so schwarz ist. Aber Guinness hat 4,2 Prozent Alkohol, Augustiner 5,2.

Der Trend "Split the G" hat voll eingeschlagen

International ist Guinness gerade sehr angesagt, oder?
PAUL DALY: Oh ja. Im letzten Jahr gab es den Trend „Split the G“. Da musste man den ersten Schluck Guinness so trinken, dass der Schaum genau in der Mitte des Guinness-Schriftzugs auf dem Glas endet. Das war so verbreitet, dass auch wir einen Guinness-Engpass hatten. Das hat unglaublich viele junge Leute aufs Guinness gebracht!
LIAM: Dieser erste Schluck macht ein Drittel des ganzen Bieres aus.
Und wenn es nicht geklappt hat, haben die Leute halt direkt das nächste bestellt. Unser Guinness-Umsatz ist in der Zeit um 20 Prozent gestiegen. Und das in einer Zeit, in der die Absatzzahlen der Brauereien sinken.

Wird im Kilians mehr Augustiner oder Guinness getrunken?
PAUL DALY: Wir verkaufen das Dreifache an Augustiner. 70 Prozent unserer Gäste sind Einheimische.
KEVIN: Aber es kommt immer auf die Jahreszeit an. Im Winter wird immer mehr Guinness bestellt.

Gibt’s ums alkoholfreie Guinness genauso eine Aufregung wie beim Augustiner?
LIAM: Auf jeden Fall. Da gab es am Anfang große Lieferschwierigkeiten, weil es immer ausverkauft war.
KEVIN: Als wir es hier bekamen, gab es einen Riesen-Run.

Und was ist Ihr Renner auf der Speisekarte?
LIAM: Nummer eins sind unangefochten Fish & Chips und dann kommen die Burger.
KEVIN: Oft kommen Touristen aus Irland und bestellen Fish & Chips. Ich denke mir dann immer: Das hättest du doch auch daheim haben können! (lacht)

Welche Bands treten bei Ihnen auf?
KEVIN: Unter der Woche setzen wir eher auf Singer-Songwriter und Unplugged. Da sind alle Musikrichtungen dabei. Von Irish Folk bis zu Pop und Rock.
LIAM: Generell achten wir darauf, dass die Bands Coversongs spielen. Damit die Leute die Lieder kennen. Wir buchen keine Bands, die ihr neues Album vorstellen möchten.
PAUL DALY: Für viele junge Musiker ist das hier oft die einzige Gelegenheit, in München zu spielen.

Eurovision-Song-Contest-Legende Johnny Logan hat im Kilians mal ein Musikvideo gedreht

Waren schon Berühmtheiten im Kilians?
PAUL DALY: Nicht auf der Bühne, aber zu Besuch waren schon viele. Bob Geldof und Rea Garvey waren hier oder auch James Blunt und Michael Patrick Kelly. Außerdem auch mehrere irische Premierminister, die wegen der Münchner Sicherheitskonferenz in der Stadt waren. Zum Beispiel Simon Harris und der jetzige Premierminister Micheál Martin. Nicht zu vergessen: Shane MacGowan von den Pogues! Der hat es sich hier damals richtig gutgehen lassen (lacht). Johnny Logan ist ein Freund von mir und hat hier sogar mal ein Video gedreht.

Liam und Kevin: Wollt Ihr am Kilians etwas verändern?
LIAM: Wir haben ein paar Dinge im Hintergrund erneuert, die die Gäste nicht sehen, in Sachen Digitalisierung, Software, Technik. Aber wir sind mit dem Pub aufgewachsen und das Konzept mit Livemusik, Karaoke, Quiz und Sportübertragungen soll bleiben.
KEVIN: Wir halten unsere Augen schon offen und beobachten Trends. Aber wir greifen nicht alles auf. Denn viele Trends kommen und gehen. Karaoke hatten wir zum Beispiel schon immer. Früher waren wir zusammen mit einer Disco die einzigen in der Stadt. Heute ist das ein Selbstläufer und immer ausreserviert.
PAUL DALY: Wir sind auch stark im Sport. Wir übertragen auch Sportarten, die es sonst nirgends gibt, zum Beispiel Rugby oder American Football. Das wird immer beliebter und viele kommen gezielt zu uns. Da haben wir eine Stimmung wie im Stadion.

Welche Gäste wünscht Ihr Euch für die nächsten 25 Jahre?
LIAM UND KEVIN: Die, die wir haben! Unser Publikum ist generell eine gute Mischung, was die Nationalitäten, aber auch das Alter angeht. Von 18 bis 80 Jahren kommt jeder gerne ins Kilians.

Und wie verbringen Sie Ihre Zeit ab sofort, Herr Daly?
PAUL DALY: Mit Musik! Jetzt kann ich auch öfter in anderen Städten auftreten. Und um das Musikprogramm im Kilians kümmere ich mich auch weiterhin.

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