Keine Essenspakete mehr für Asylbewerber?
München – Kehrtwende in der bayerischen Flüchtlingspolitik: Die neue Sozialministerin Emilia Müller will Asylbewerber besser behandeln als bisher. Die CSU-Politikerin rückt nach jahrelangen Diskussionen mit Wohlfahrtsverbänden und der Opposition endgültig von einem bisherigen Grundsatz der CSU-Asylpolitik ab: Flüchtlinge sollen ihre Lebensmittel selbst kaufen können und nicht mehr mit Essenspaketen versorgt werden. Das sagte sie am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa.
Außerdem ist nach Müllers Einschätzung wegen der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen in Bayern eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung in Bayern notwendig. Zudem forderte die Sozialministerin, Asylbewerbern schneller als bisher den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
„Mir sind drei Punkte wichtig“, sagte Müller. „Bayern will notleidende Menschen mit hohem Verantwortungsbewusstsein und gut empfangen. Deswegen wollen wir einen Ausbau der Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen.“ Der Zustrom von Asylbewerbern halte an. „Deshalb brauchen wir eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung.“ Derzeit sind nach Müllers Angaben 900 Asylbewerber im mittelfränkischen Zirndorf und 1400 Asylbewerber in München untergebracht.
„Zweitens will ich ein Signal setzen, dass die Leute sich selbst versorgen können“, sagte die Oberpfälzer CSU-Bezirksvorsitzende. „Ich will weg von den Essenspaketen in den Gemeinschaftsunterkünften und diese durch Geldleistungen ersetzen.“ Das gehe wegen laufender Verträge mit den Lieferanten der Pakete nicht von heute auf morgen - „aber das ist das Ziel“.
„Und drittens will ich, dass die Menschen schneller in Arbeit kommen“, sagte Müller. Daher möchte sie in Berlin erreichen, dass die Wartezeiten für die Arbeitserlaubnis verkürzt werden. Derzeit gelte eine Frist von neun Monaten für Asylbewerber im laufenden Verfahren und von zwölf Monaten für geduldete Flüchtlinge. „Aber die Menschen wollen in Arbeit. Deshalb werden wir das bei den Koalitionsverhandlungen vorantreiben.“
Damit kommt Müller Opposition, Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden entgegen, die seit langem eine mildere Asylpolitik im Freistaat fordern. „Das ewige Nein zu Allem musste beendet werden“, sagte die Grünen-Sozialpolitikerin Christine Kamm. Sie begrüßte die geplanten Änderungen, betonte aber: „Die drei Punkte sind wichtig, aber längst nicht alles.“ Die Grünen verlangen ebenso wie die SPD eine Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerber.
Der Hintergrund: Residenzpflicht bedeutet, dass die Bewegungsfreiheit für nicht anerkannte Flüchtlinge in Bayern nur in dem Regierungsbezirk gilt, in dem sie untergebracht sind. Will etwa ein in Augsburg untergebrachter Asylbewerber mit dem Zug nach München fahren, braucht er dafür eine Genehmigung. In vielen anderen Bundesländern gibt es diese Beschränkung nicht. „Das Mindeste, was Herr Seehofer tun muss, ist die Residenzpflicht abzuschaffen“, sagte Kamm.
Die zwei zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf seien nach wie vor „katastrophal überfüllt“, kritisierte die SPD-Sozialpolitikerin Angelika Weikert. Sie plädierte auch dafür, Asylbewerbern flächendecken Deutschkurse anzubieten und die Sozialberatung für Flüchtlinge aufzustocken.
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