"Kein zielführender Dialog" in Sachen sicherer Schulweg: Münchner Eltern kritisieren die Stadt

Zu viele Elterntaxis auf den Straßen zur Schule, fehlende Verkehrskonzepte und eine bessere Kommunikation: Gewählte Elternvertretungen in München gehen auf die Barrikaden.
von  Guido Verstegen
Sogenannte Helikopter-Eltern sorgen mit ihren Elterntaxis vor Schulen für ein Verkehrschaos und gefährliche Situationen. (Symbolbild)
Sogenannte Helikopter-Eltern sorgen mit ihren Elterntaxis vor Schulen für ein Verkehrschaos und gefährliche Situationen. (Symbolbild) © imago/Breuel-Bild

Sie fühlen sich mit ihren Sorgen um die Sicherheit ihrer Kinder nicht ernst genommen: Gewählte Elternvertretungen in München prangern die angespannte Situation auf den Schulwegen an, äußern deutliche Kritik an der Stadt und formulieren klare Forderungen.

Schulwegsicherheit in München: Eltern machen Druck auf die Stadt

"Trotz intensiver Bemühungen unserer AG Schulwegsicherheit, der Vorlage eines Stadtratsantrags und mehrfacher Gesprächsanfragen an die Stadtverwaltung – insbesondere an das Mobilitätsreferat – ist es bisher zu keinem zielführenden Dialog gekommen", heißt es in der Mitteilung eines Zusammenschlusses von drei Gremien, die über 100.000 Münchner Familien mit Kindern im Alter von drei bis zwölf Jahren vertreten.

Eltern kritisieren die bisherige Blockadehaltung der Stadt

Dieses sind der Gemeinsame Elternbeirat für Horte, Kooperative Ganztagsbildungen und Tagesheime (GEBK), der Gemeinsame Elternbeirat für Kindergärten (GKB) und die GEB Grundschulen, die miteinander die AG Schulwegsicherheit gegründet haben.

Das Münchner Projekt "BiciBus" ermöglicht es Schulkindern in der Stadt, gemeinsam und sicher mit dem Radl in die Schule zu fahren. Geradelt wird in der Gruppe, Erwachsene fahren mit und schirmen die Kinder vorne, hinten und seitlich vom Kfz-Verkehr ab.
Das Münchner Projekt "BiciBus" ermöglicht es Schulkindern in der Stadt, gemeinsam und sicher mit dem Radl in die Schule zu fahren. Geradelt wird in der Gruppe, Erwachsene fahren mit und schirmen die Kinder vorne, hinten und seitlich vom Kfz-Verkehr ab. © Peter Kneffel/dpa

Die Eltern kritisieren die bisherige Blockadehaltung respektive die Kommunikation des Mobilitätsreferats und nennen "die schnelle und unbürokratische Umsetzung konkreter Wegesicherungsmaßnahmen an den einzelnen Schulstandorten" als ihr vorrangiges Ziel.  

Die Elternbeiräte beziehen sich dabei auf ihren Stadtratsantrag vom 3. Juni 2025, in dem sie die Entwicklung standortspezifischer Schulweg-Sicherheitskonzepte für alle Grund-, Mittel- und Förderschulen in München fordern – unter Federführung des Mobilitätsreferats (MOR), in enger Abstimmung mit Schulen, Elternbeiräten, Bezirksausschüssen, der Polizei sowie dem Baureferat (Zentrales Immobilienmanagement, ZIM).

Ein großes Problem ist das Phänomen Elterntaxi

"Doch das Mobilitätsreferat (MOR) bleibt untätig. Trotz mehrfacher Gesprächsanfragen und klarer Kooperationsbereitschaft der AG Schulwegsicherheit hat das MOR bis heute kein einziges Gespräch mit der Elternschaft geführt. Zwei bereits zugesagte Termine wurden kurzfristig abgesagt, neue wurden nicht angeboten. Selbst Vermittlungsversuche des Referentenbüros im Referat für Bildung und Sport (RBS) führten zu keinem Fortschritt", heißt es.

Ein großes Problem ist das Phänomen Elterntaxi. Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule, oft bis direkt vor die Tür, und verursachen so reichlich Verkehr, gerade vor Grundschulen. "Elterntaxis gefährden die Sicherheit von Kindern, die zu Fuß, mit dem Tretroller oder dem Rad zur Schule fahren", betont der Zweite Bürgermeister Dominik Krause (Grüne)

Münchens erste Schulstraße entsteht in Trudering

Im März hatte der Mobilitätsausschuss des Stadtrats eine Maßnahme zur Entschärfung der so entstehenden unübersichtlichen Situationen rund um Schulen beschlossen. Ab dem ersten Quartal 2026 sollen im unmittelbaren Zufahrtsbereich an zwei Grundschulen sogenannte Schulstraßen eingerichtet werden.

Vor einer Woche beschloss der Bezirksausschuss (BA) Trudering-Riem, dem Konzept des Mobilitätsreferats zu folgen. "Münchens erste Schulstraße wird an der Grundschule an der Forellenstraße eingerichtet!", teilte der BA via Instagram mit. 

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Die Schulstraßen sollen einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Schulwegsicherheit leisten, indem Straßenabschnitte jeweils für etwa eine halbe Stunde vor Schulbeginn für den Autoverkehr gesperrt werden. 

Elternbeiräte werden deutlich: "Die Stadt redet in die Kamera – aber nicht mit uns"

Die Maßnahmen gehen den Eltern offensichtlich nicht weit genug oder kommen ihnen  eben nicht schnell genug. Was ihnen besonders sauer aufstößt, ist die öffentliche Darstellung des Mobilitätsreferats in diesem Zusammenhang. Man nehme die Sorgen der Bürger ernst und prüfe alle Anliegen wohlwollend, zitieren die Elternbeiräte ein MOR-Statement aus einem TV-München-Beitrag und beklagen sich: "Die Realität ist eine andere. Die Stadt redet in die Kamera – aber nicht mit uns."

Weil aber Polizei, Schulleitungen und Eltern übereinstimmend von gefährlichen Situationen vor Münchens Schulen berichteten, die durch überfüllte Straßen, fehlende Querungen, unzureichende Verkehrskonzepte und uneinsichtige Elterntaxis entstünden, wende man sich jetzt mit konkreten Forderungen an die Stadt. 

"Wir Eltern erwarten von der Stadt endlich verlässliches Handeln statt leerer Worte"

In der von Constantin Kupka (Vorsitzender GEBHT), Chris Hollmann (Vorsitzender GKB), Dorothea von Lindenfels (Vorsitzende GEB Grundschulen) sowie von Anna Leuchtweis und Angela Hermann (AG Schulwegsicherheit) unterzeichneten Mitteilung sind diese Forderungen aufgelistet: "Unsere Kinder haben ein Recht auf sichere Schulwege. Wir Eltern erwarten von der Stadt endlich verlässliches Handeln statt leerer Worte."

  • Verbindliche Termine für Gespräche mit der AG Schulwegsicherheit
  • Transparente Kriterien für die Auswahl von Schulstraßen und Pilotprojekten
  • Federführung des MOR bei der Erstellung standortbezogener Schulwegkonzepte
  • Klare, verlässliche Ansprechpartner in MOR, RBS und ZIM
  • Koordinierte, lösungsorientierte Zusammenarbeit über alle Referatsgrenzen hinweg
  • Schnelle und unbürokratische Umsetzung von verschiedenen Wegesicherungsmaßnahmen an den einzelnen Schulstandorten
Verkehrszeichen zum eingeschränkten Halteverbot an der Straße zu einer Grundschule. (Archivbild)
Verkehrszeichen zum eingeschränkten Halteverbot an der Straße zu einer Grundschule. (Archivbild) © Jörg Halisch/dpa

"Kinder sind unsere Zukunft, und daher haben wir die Pflicht, das Umfeld unserer Kinder so zu gestalten, dass jedes Kind gesund und in einer gesunden Umwelt aufwachsen kann", sagte die rheinland-pfälzische Umwelt- und Mobilitätsministerin Karin Eder der Deutschen Presseagentur. Zu Fuß zur Schule zu gehen und gesunde Ernährung schafften eine gute Grundlage dafür, dass die nächste Generation die Zukunft bewusst nachhaltiger gestalte.

Kinder sollen selbstsicherer und gesünder in die Schule kommen

Drei rheinland-pfälzische Schulen, die Bewegung, sichere Schulwege und gesunde Ernährung fördern, zeichnete der ADAC im Januar mit einem Preis aus. Dabei machen sich Kinder und Jugendliche selbst Gedanken über solche Projekte, Eltern sollen ausprobieren, ob der Schulweg auch ohne Auto möglich ist.

Auf der Straße gelb aufgebrachte Fußabdrücke zeigen den Weg zur Schule. (Archivbild)
Auf der Straße gelb aufgebrachte Fußabdrücke zeigen den Weg zur Schule. (Archivbild) © Jörg Halisch/dpa

Dies werde unter anderem mit Stempelkarten und bunten Flecken in einer Giraffe gefördert: Gelbe Fußspuren auf den Gehwegen rund um die Schule helfen den Kindern, an gefährlichen Stellen sicher zur Schule zu kommen. Oder zu Fuß zur Schule kommende Kinder werden mit Stempelkarten belohnt, und es gibt sogenannte Walkingbusse, in denen die Jungen und Mädchen zur Schule laufen.

In München fährt der sogenannte "BiciBus": Das Projekt "Radlbus" ermöglicht es Schulkindern in der Stadt, gemeinsam und sicher mit dem Fahrrad in die Schule zu fahren. Auf der 3,3 Kilometer langen Route durch die Maxvorstadt und Schwabing werden sechs Schulen und mehrere Einrichtungen für jüngere Kinder angefahren.

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