Jahrelang strömten Feierwütige durch den Kunstpark Ost: Jetzt ist das Werksviertel München preisgekrönt
München - Es pulsiert am Knödelplatz am Montag um die Mittagszeit. Handwerker, Büromenschen, Start-up-Kreative und Freischaffende sitzen draußen und genießen die Frühlingssonne. Sie haben sich etwas zu essen geholt in einem der vielen kleinen Lokale unten im Werk 3. Zum Beispiel bei Monthi Saparp, die den bunten Imbissmarkt Khanittha betreibt. Hier kann man sich vom Werksviertel nach Bangkok träumen. Nebenan gibt es auch bayerische Küche und auf der anderen Seite guten Kaffee.
Das Werksviertel am Ostbahnhof steckt mitten in einem Transformationsprozess. Hinter einem der Gebäude am Knödelplatz ragen grüne Kräne in den Himmel, hier wird noch gebaut. In der anderen Richtung ist vor Kurzem eine Schule fertig geworden, offiziell ihrer Bestimmung übergeben ist sie noch nicht. Dagegen herrscht im Hostel Wombat's schon Hochbetrieb. Und im Hotel daneben genießen die Gäste eine atemberaubende Sicht über die Stadt.

Werksviertel in München: "Eines der außergewöhnlichsten Projekte"
In den nächsten Jahren sollen im Werksviertel noch Hunderte Wohnungen gebaut werden und vier Kindertagesstätten – und irgendwann wird wohl auch das neue Konzerthaus in abgespeckter Form stehen. "Vielfältig und lebenswert, durchmischt und spannend" soll es werden, das neue Quartier, schwärmt Johannes Ernst von Steidle Architekten. In fünf Jahren etwa könnte alles fertig sein. Der Architekt ist der Masterplaner fürs Werksviertel. 2023 hat das Quartier den Deutschen Städtebaupreis gewonnen. Die Jury würdigte es als eines der "außergewöhnlichsten Projekte der jüngeren Vergangenheit".
Wenn man das Glück hat, von Johannes Ernst herumgeführt zu werden, kann man unzählige kleine und große Geschichten erfahren rund um die Entstehung und Verwirklichung. "Das war hier mal das toteste Immobilienprojekt, das es gab in München", erzählt er. Eine 39 Hektar große Industriebrache hinterm Ostbahnhof. Hier neu zu bauen würde sich nie rentieren, weil man kaum Miete verlangen könne in einer so unattraktiven Lage, hieß es lange.

Das ist längst Schnee von gestern. Mittlerweile haben sich neben Clubs und Hotels auch Firmen wie der Elektronikkonzern Rhode & Schwarz angesiedelt, die Münchner Rück hat Büros für ihre Denkfabrik angemietet.
Dass auf dem früheren Pfanni-Gelände nun so ein buntes Nebeneinander entsteht, ist vor allem Werner Eckart, dem Eigentümer und Betreiber des früheren Pfanni-Geländes, zu verdanken. "Er wollte das Areal nicht einfach gewinnbringend verkaufen", sagt Ernst. "Er ist ein Unternehmer, wie ich keinen anderen kenne. Eckart wollte Vielfalt und unkonventionelle Ideen entwickeln. Anstatt auf Abriss und kurzfristige Spekulationsgewinne zu setzen, haben die Eigentümer von Anfang an auf Erhalt, Nachverdichtung und maximale Nutzungsmischung gesetzt." Und so wurde zum Beispiel aus der früheren Knödelfabrik das von Steidle Architekten umgeplante Werk 3: heute ein Gebäude für Büros, Geschäfte und Ateliers. Die Silos für Kartoffelmehl sind heute ein skulpturartiger Bau, der das Hostel, ein Hotel und das Kletterzentrum beherbergt.
Münchner Werksviertel gewinnt Deutschen Städtebaupreis: "Der Spirit ist geblieben"
Was bleibt, ist die Knödelvergangenheit des Areals – und die soll auch sichtbar bleiben. "Bei den Namen war Werner Eckart knallhart", sagt Johannes Ernst. "Der Knödelplatz musste so heißen." Und so wird's auch in der Ausstellung zum Deutschen Städtebaupreis im Werk 12 als Reminiszenz an früher eine originale Kartoffelrüttelmaschine und eine Kartoffelwaschmaschine zu sehen geben. "Das Viertel hat sich radikal verändert und trotzdem ist der Spirit geblieben. Die Seele kann man nicht austreiben", sagt Ernst.

Die Ausstellung zum Deutschen Städtebaupreis "Es geht also doch" wird bis 28. März gezeigt. Der Preis wird alle zwei Jahre von der Akademie für Städtebau und Landesplanung ausgelobt und von der Wüstenrot Stiftung unterstützt. Gezeigt werden 15 prämierte Arbeiten. Das Werksviertel hat sich gegen 50 Mitbewerber durchgesetzt.
Speicherstr. 20, Di-So 13-18 Uhr, Eintritt frei. Am 18. und 25. März, um 14 Uhr führt Johannes Ernst durchs Werksviertel. Anmeldung: info@steidle-architekten.de
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