In Haft isolierte Aktivisten: Das sagt ihr Anwalt

Bis Sonntag bleiben die Autobahn-Aktivisten eingesperrt. Sie stammen aus Hessen. Die AZ hat mit ihrem Anwalt gesprochen.
job, aw |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
11  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
"BLOCK IAA": Aktivisten bei ihrer Banner-Aktion auf der A96.
"BLOCK IAA": Aktivisten bei ihrer Banner-Aktion auf der A96. © Peter Kneffel/dpa

München - Die Autobahn-Protestaktionen gegen die IAA, die am Dienstag zu Sperrungen, langen Staus und Umleitungen geführten haben, sind auch für die Aktivisten folgenschwer: Mittlerweile zehn von ihnen sitzen hinter Gittern. "Sie sind in Unterbindungsgewahrsam in verschiedenen bayerischen Justizvollzugsanstalten", sagte Rechtsanwalt Jochen Ringler am Donnerstag der AZ.

Er vertritt gleich mehrere der eingesperrten Akteure. "Üblicherweise gibt es dafür Gefangenensammelstellen. Aber die Polizei meinte, das nicht leisten zu können." In Zeiten von Corona bedeute dies: "Sie müssen im Gefängnis in Quarantäne. Das heißt, sie sind isoliert von den anderen und der Außenwelt", so Ringler.

Einige der Akteure haben schon Abseil-Erfahrung

Bei den Aktivisten, von denen einer 70 Jahre alt ist, handelt es sich um Männer und Frauen aus Hessen. "Wir sind verschiedene kleine Gruppen aus dem Raum Gießen, die sich aus dem Dannenröder Forst und von lokalen Verkehrswendeprojekten kennen", sagte Jörg Bergstedt zur AZ. Der 57-Jährige hatte eine der Aktionen für seine Gruppe gefilmt.

Einige der Akteure oder zumindest ihr Umfeld haben offenbar schon Erfahrungen mit dem Abseilen von Autobahnbrücken: Bei Frankfurt protestierten im Herbst 2020 Aktivisten auf diese Weise gegen die Erweiterung der A 49, für die eine Trasse durch den Dannenröder Forst gelegt werden soll. Auch in dem Wald selbst gab es viel aufsehenerregenden Protest: Aktivisten errichteten Barrikaden und verschanzten sich in Baumhäusern. Die Polizei räumte - es wurde der größte und teuerste Einsatz des Jahres in Hessen.

Lesen Sie auch

Auch bei den Autobahnabseilaktionen um Frankfurt wanderten Akteure in Gewahrsam - bis zu vier Wochen. Die zehn, die jetzt in Bayern eingesperrt sind, müssen fünf Tage aushalten. Nach dem Ende der IAA sollen sie entlassen werden. Anwalt Ringler hält die Freiheitsentziehungen für "fragwürdig" und will Beschwerde einlegen. Doch entschieden wird darüber erst, wenn die Aktivisten wieder in Freiheit sind.

Der Präventiv- oder Unterbindungsgewahrsam ist im Polizeiaufgabengesetz (PAG) verankert. Die Maßnahme gibt der Polizei das rechtliche Instrument dazu, eine "unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern". Ein längerer Gewahrsam kann nur durch einen Richter angeordnet werden und insgesamt maximal zwei Monate andauern. Im vorherigen - stark kritisierten - PAG konnte er theoretisch endlos andauern.

Einsatzkosten: Bayerns FDP will Aktivisten zur Kasse bitten

Die Abseil-Aktion könnte den Aktivisten jedoch noch teuer zu stehen kommen. So prüft die Polizei laut Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU), inwieweit den Aktivisten Einsatzkosten aufgebrummt werden können. "Jedem einzelnen droht ein Kostenbescheid in Höhe von bis zu 1.500 Euro", so Hermann zur "Bild".

Deutlicher wird in dieser Hinsicht die bayerische Landtags-FDP. "Die Regierung sollte prüfen, ob hier nicht das Verursacherprinzip greifen kann: Wer Polizeieinsätze provoziert, indem er etwa vorsätzlich den Straßenverkehr gefährdet, wird dafür zur Kasse gebeten. Das hätte auf die sogenannten Aktivisten sicher auch eine disziplinierende Wirkung", wird Bayerns FDP-Chef Martin Hagen in der "Bild" zitiert.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
11 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • MuenchnerKommentar am 10.09.2021 01:24 Uhr / Bewertung:

    Würde mich mal interessieren, wie Schilderbrücken eigentlich gereinigt werden. Ich glaube nicht, dass da jedesmal die ganze Autobahn gesperrt wird, nur weil da jemand alle halbe Jahr mit dem Putzlappen drüberfahren muss. Und reinigen muss man die wahrscheinlich genauso wie Hochhausfenster. Wenn das auch von Kletterern gemacht wird, fällt die ganze Anschuldigung mit "Gefährdung des Straßenverkehrs" und "Nötigung" (letztlich erst durch die Sperrung der Polizei vollzogen) in sich zusammen. Denn Klettererfahrung und die nötigen Kenntnisse hatten die Demonstranten ja sicher. Was überbleibt ist dann noch "Verdecken eines Hinweisschildes": "Verkehrschaos 2000m" statt "Kreuz Neufahrn 2000m" ...

  • Dr. Schönfärber am 10.09.2021 09:21 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von MuenchnerKommentar

    Das sind aber Experten mit der entsprechenden Ausrüstung und dazu berufserfahren, im Gegensatz zu den grünen Rumturnern.

  • TheoK am 10.09.2021 10:50 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von MuenchnerKommentar

    Naja, da ist Ihnen vielleicht schonmal aufgefallen, wenn Arbeiten an der Autobahn stattfinden, dass dann bereits km-weit zuvor entsprechend gewarnt wird, Geschwindigkeitsbegrenzungen geschalten werden und Spuren gesperrt werden.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.