In Bayern nicht vermittelbar: Diese Hunde haben es im Tierheim München schwer
Pablo kommt mit Eva-Maria Natzer, Leiterin des Tierheims München, aufgeregt um die Ecke. Neugierig beschnuppert er die Journalisten, die gespannt gewartet haben und ihn mit den Kameras ablichten. Der Rüde hat einen Maulkorb an – weil er muss. Dabei sei er "wahnsinnig lieb und menschenbezogen", wie Natzer erklärt. Pablo ist knapp drei Jahre alt, wurde bei seiner Familie in München schlecht gehalten, vermutlich geschlagen.
Deshalb ist er jetzt im Tierheim Riem und sucht ein neues Zuhause. Zumindest in Bayern wird er das nicht finden. Pablo ist ein American-Staffordshire-Mischling, ein sogenannter Listenhund der Kategorie 1 – seine Haltung ist im Freistaat grundsätzlich verboten.
Listenhunde sind in Bayern nicht vermittelbar
Auf der Jahreskonferenz des Tierschutzvereins München an diesem Mittwoch legen Leitung und Vorstand deshalb einen besonderen Fokus auf die Situation von Listenhunden. 17 von ihnen leben gerade im Tierheim. Zur Zeit des Erlasses der sogenannten "Kampfhundeverordnung" 1992 sei die Situation eine völlig andere gewesen, erklärt Claus Reichinger, der stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins.
Damals seien in der Tat gewisse Rassen für Hundekämpfe gezüchtet worden, die entsprechende Probleme hatten. Inzwischen, über 30 Jahre später, seien Hundekämpfe längst verboten und entsprechend hätten sich auch die gelisteten Rassen durch veränderte Zuchtziele "gravierend verändert". "Trotzdem sind wir noch auf demselben Stand wie 1992", sagt Reichinger.

Fünf Hunderassen sowie deren Kreuzungen dürfen in Bayern daher nach wie vor nicht gehalten werden: Pitbull, Bandog, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Tosa-Inu. Listenhunde der Kategorie 2, wie etwa Rottweiler oder Bullterrier, dürfen zwar gehalten werden, aber unter strengen Auflagen, wie Wesenstests, Maulkorbpflicht und sehr hoher Besteuerung.
Tierheim München setzt sich für Reform der "Kampfhundeverordnung" ein
Aufgrund der Auflagen und Verbote würden immer mehr Listenhunde im Tierheim festsitzen. Viele potenzielle Interessenten seien davon abgeschreckt. "Bei der Vermittlung tun wir uns echt schwer", so Reichinger. Der Tierschutzverein setzt sich seit Jahren für eine Reform der Listenhundeverordnung ein, um die Chance dieser Tiere zu verbessern. Er fordert etwa, dass Hunde aus dem Tierschutz, wie auch Pablo, unter Auflagen gehalten werden dürfen.
Auch bei der Vermittlung aller anderen Tiere läuft es nicht rund: Insgesamt sei ein rückläufiger Trend bei den Adoptionen aus dem Tierheim München zu verzeichnen. "Wir haben sehr viele Adoptionsanfragen, aber auch viele schwierige Hunde und Katzen", sagt Tierheimleiterin Eva-Maria Natzer. Das liege auch daran, dass "immer mehr Tiere verhaltensgestört abgegeben werden", wie der Vorstandsvorsitzende Kurt Perlinger erklärt. Trotzdem haben im Jahr 2024 insgesamt 297 Hunde, 637 Katzen und 553 Kleintiere erfolgreich vermittelt oder entlaufene Tiere ihren Familien zurückgebracht werden können.

Durch hohe Auflagen an potenzielle Tierhalter habe man eine "extrem geringe Rücklaufzahl", erklärt Eva-Maria Natzer. "Was wir nicht wollen, ist, dass ein Tier, was schon im Tierheim war, noch mal diese ganze Runde macht und dann wieder im Tierheim landet", sagt die Tierheimleiterin.
Aufnahmestopp von Wildtieren im Tierheim – das sind die Gründe
Durchschnittlich 738 Tiere waren 2024 täglich im Tierheim anwesend. Ein großer Teil – 233 davon – sind Wildtiere wie Igel oder Vögel. Aktuell platzt die Wildtierstation aus allen Nähten, schildert Natzer. Die Kapazität von 500 Tieren sei voll ausgeschöpft, deshalb herrsche vorübergehend ein Aufnahmestopp. "Im Moment ist es nicht mehr möglich, Wildtiere vorbeizubringen."
"Die Tierzahlen in der Wildtierstation haben sich in den letzten Jahren enorm erhöht", sagt Natzer. Grund sei auch der Klimawandel und damit verbundene lange Hitzeperioden, wie in den vergangenen Wochen. Die Versorgung von Wildtieren ist eine freiwillige Leistung des Tierheims. "Für die Versorgung zahlt uns die Stadt München leider keinen einzigen Cent", betont Natzer.

Bekanntermaßen finanziert sich der Tierschutzverein, insbesondere durch Spenden; und die Mitgliedsbeiträge der aktuell rund 8000 Mitglieder. Der größte Batzen Geld kam 2024 allerdings von ganz anderer Seite: Rund 5,9 Millionen Euro hat der Tierschutzverein 2024 durch Erbschaften eingenommen, was rund 46 Prozent der gesamten Einnahmen ausmachte.
Der größte Anteil an Ausgaben, etwas mehr als die Hälfte, wurde für Tierschutzaufgaben aufgewandt. Dazu gehört neben der Versorgung der Tiere etwa auch die Populationskontrolle von Stadttauben oder der Betrieb eines Gnadenhofs.
Zahlreiche Baumaßnahmen sind 2025 geplant
Rund 5,8 Hektar groß ist das Gelände des Tierschutzvereins München in Riem. Entsprechend stehen immer wieder zahlreiche Baumaßnahmen an. Ein wichtiges Projekt ist die Renovierung des Vogelhauses. Mehrere Bereiche, wie die Vogelquarantäne und der Papageiengang, sollen modernisiert werden. Rund 200.000 Euro veranschlagt der Tierschutzverein dafür.

Neu errichtet werden soll ein Gebäude für die Auslandshunde – für etwa 350.000 Euro. "Grundsätzlich sind das Tiere, die im Ausland nicht mehr verbleiben können", erklärt Geschäftsleitung Sabine Haberhauer. Jedes Jahr sind das 20 bis 30 Hunde aus verschiedenen Ländern.
Dabei werde geprüft, ob die Hunde in München vermittelt werden können und ob die jeweiligen Organisationen im Ausland Tierschutz betreiben, sodass sich auch die Situation vor Ort ändert, erklärt Haberhauer.
Das größte Vorhaben ist die Grundsanierung des Hundehauses auf dem vereinseigenen Gnadenhof in Kirchasch. 2,6 Millionen Euro werden investiert. Auch die Zweibeiner kommen bei den Maßnahmen nicht zu kurz. Während der vergangenen Monate entstand ein neues Bürogebäude, welches ab Herbst bezogen werden kann.
Trotz Herausforderungen ist es dem Tierschutzverein München also möglich, die Situation für die Tiere Stück für Stück weiter zu verbessern, sodass vielleicht sogar Pablo bald ein Zuhause finden kann.