Impfen Münchens Firmen bald selbst gegen Corona?

Von der Versicherung bis zum Flughafen arbeiten in zahlreichen Münchner Unternehmen Betriebsärzte. Sie sollen im Kampf gegen die Pandemie helfen.
von  Christina Hertel
Corona-Impfstoff: Münchens große Unternehmen würden ihn den Mitarbeitern gerne selbst spritzen.
Corona-Impfstoff: Münchens große Unternehmen würden ihn den Mitarbeitern gerne selbst spritzen. © imago/Martin Wagner

München - Nicht nur Politiker erarbeiten gerade Strategien, wie man die Menschen möglichst schnell impfen könnte, sondern auch Unternehmen.

Betriebsärzte könnten die Impfungen durchführen

Denn in den meisten Münchner Konzernen - von der Allianz-Versicherung bis zum Flughafen - gibt es Betriebsärzte, die jedes Jahr Tausende Grippeimpfungen durchführen. Sie sollen nun auch dabei helfen, Corona einzudämmen. Am Wochenende gab das bayerische Gesundheitsministerium bekannt, dass es die Wirtschaft bei seiner Impfstrategie stärker einbinden wolle. Denn allein für April erwartet das Ministerium 1,8 Millionen Impfdosen (insgesamt leben im Freistaat über 13 Millionen Menschen), die möglichst schnell verabreicht werden sollen.

BMW bereitet sich bereits darauf vor

Die Vorbereitungen dafür treffen die Unternehmen bereits. Bei BMW arbeitet ein ganzes Projektteam an einer Impfstrategie. Darin sind laut der Pressestelle des Konzerns Fachleute des Gesundheitsmanagements, des Einkaufs, des Flächenmanagements und der Unternehmenskommunikation vertreten. An seinen Standorten, etwa in München und Dingolfing, plant der Konzern, Impfstraßen einzurichten. Erfahrungen hat das Unternehmen bereits: Vergangenen Winter führte BMW nach eigenen Angaben 15.000 Grippeimpfungen durch. Nun könne BMW "einen signifikanten Beitrag" zur Bewältigung der Corona-Krise beitragen.

Der Flughafen wäre startklar

Auch bei der Allianz klingen die Planungen konkret: Der Konzern will bis zu 25 Impfstraßen auf den Betriebsgeländen in Deutschland einrichten, schreibt die Pressestelle. Dort könnten womöglich nicht nur die rund 40.000 Allianz-Mitarbeiter, sondern auch deren Angehörige geimpft werden. Zudem sei der Einsatz der Betriebsärzte in öffentlichen Impfeinrichtungen denkbar. Am Flughafen beginnt das Impfen sogar bald. Rettungskräfte und Sanitäter, die dort beschäftigt sind, sollen am Airport demnächst ihre Impfung bekommen. Damit unterstütze der Flughafen das Erdinger Impfzentrum, sagt Pressesprecher Ingo Anspach. In den nächsten Tagen erhält der Flughafen dafür eine kleinere Charge. Auch die übrigen Mitarbeiter würde der Flughafen gerne impfen, wenn sie an der Reihe sind. "Wir würden das hinkriegen und stehen schon in den Startlöchern."

200 Unternehmen stehen in den Startlöchern

So sehen das noch um die 200 weitere Unternehmen. Sie meldeten sich bei der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) und erklärten sich zur Mitwirkung bereit, sagte Geschäftsführer Bertram Brossardt. Die vbw, eine Dachorganisation der bayerischen Wirtschaft, bei der Verbände und Unternehmen vertreten sind, steht wiederum in Kontakt mit dem bayerischen Gesundheitsministerium. Gemeinsam wollen sie Rechtsfragen, Logistik und Kosten einer möglichen Einbindung in die Impfkampagne klären. "Der Bund muss unbürokratische und effiziente Impfungen in den Betrieben ermöglichen", forderte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU).

Von der Impfreihenfolge darf nicht abgewichen werden

Kritik kommt von der SPD: Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Ruth Waldmann aus München findet: "Auch wenn die ersten Prioritätsgruppen irgendwann durchgeimpft sind, darf es nicht danach gehen, wer am schnellsten am meisten Impfstoff bezahlen kann". Es gebe eine klare Impfreihenfolge, die nicht aufgeweicht werden solle, weil große Unternehmen sich Betriebsärzte und Impfstoffe leisten können. Dabei würden Impfungen durch Betriebs- und Werksärzte die Impfkampagne in Deutschland sicherlich beschleunigen, antworten die Münchner Stadtwerke auf eine Anfrage der AZ. Bei den Stadtwerken arbeiten fünf Betriebsärzte, die jedes Jahr Grippe-Impfungen durchführen.

Könnte die Stadt ihre Angestellten auch selber impfen?

Anders als die zwölf Betriebsärzte, die die Landeshauptstadt München beschäftigt. Die rund 38.400 städtischen Mitarbeiter müssen dafür nämlich zum Hausarzt. Weil das städtische Personal nicht nur an einem Standort arbeitet, seien die Hausärzte oft näher dran, sagt Tobias Stephan, ein Sprecher der Stadt. Trotzdem habe der betriebsärztliche Dienst gerade den Auftrag bekommen, zu ermitteln, wie die Stadt ihre Angestellten gegebenenfalls auch selber impfen könnte. Konkrete Pläne macht auch der Münchner DAX-Konzern Infineon, bei dem gut 20 Betriebsärzte und etwa 10.000 Angestellte arbeiten.

Auch Krankenschwestern sind bei Infineon beschäftigt. Diese dürften zwar auch impfen, bei jeder Impfung sei jedoch ein Aufklärungsgespräch nötig - und das darf nur ein Arzt führen. In einer Stunde seien etwa fünf dieser Gespräche zu schaffen, sagt ein Infineon-Pressesprecher. Allerdings seien diese Überlegungen eher "theoretischer Natur". "Dafür müsste deutlich mehr Impfstoff bereitstehen, als es derzeit der Fall ist."

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