Anwohnerin schlägt nach Fund im Sendlinger Loch Alarm: Was bedeutet das für die Bauarbeiten?

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Gelbbauchunke, Juchtenkäfer, Fledermaus – diese Tierarten können für Bauherren zu einem echten Problem werden. Denn sie sind so streng geschützt, dass sie schon Bauvorhaben gestoppt und verzögert haben. Wie zum Beispiel an der Waldschlösschenbrücke in Dresden. Dort hatte sich die Kleine Hufeisennase, eine seltene Fledermausart, angesiedelt. Oder im Hambacher Forst, wo 200 Hektar Wald erst mal stehen bleiben mussten, weil sich dort Bechsteinfledermäuse (Gewicht jeweils: 14 Gramm) pudelwohl fühlten. Die Deutsche Bahn kann ebenfalls ein Lied singen von Arten- und Tierschutz. Auf Bäumen, die für die Riesendauerbaustelle Stuttgart 21 gefällt werden sollten, krabbelten Juchtenkäfer herum. Das bedeutete für die Bahn Verzögerungen und Umplanungen, Millionen soll das gekostet haben. Für Pembroke und Ehret+Klein, die nun in München nach jahrelangem Stillstand am Sendlinger Loch mit dem Bau von Wohnungen loslegen wollen, sind nun Fische ein Problem, wenn auch ein kleineres.

Eine Anwohnerin hat in der Baugrube an der Alramstraße 14 etwa zehn Fischlein entdeckt. Grau sahen sie aus, etwas kleiner als Goldfische waren sie. Um was für eine Art es sich handelt – unklar. Die tierliebe Sendlingerin hat ein Foto geschossen, auf dem allerdings nicht viel zu erkennen ist. Sie macht sich Sorgen. Denn die Baugrube wird derzeit abgepumpt, in ein paar Wochen soll sie leer sein, bald soll die Bodenplatte in Angriff genommen werden. Die Frau befürchtet, dass die Fische einfach weggesaugt werden mit dem Wasser. "Aus Tierschutzsicht ist das absolut nicht in Ordnung – die Tiere müssen aus dem Sendlinger Loch gerettet werden", fordert die Frau. Auch Markus Lutz (SPD), Chef des Sendlinger Bezirksausschusses, sagt auf AZ-Anfrage: "Wir gehen davon aus, dass die Fische eingefangen und umgesetzt werden. Zur Isar ist es von Sendling ja nicht weit." Ehret+Klein weiß offenbar schon seit ein paar Wochen von den tierischen Bewohnern im Baugrubensee.
Aber wie sind die Fische überhaupt hineinkommen? Die AZ hat sich umgehört. Christian Hierneis, Landtagsabgeordneter (Grüne) und Geschäftsführer vom Bund Naturschutz, sieht nur zwei Möglichkeiten. Erstens: Ein Mensch hat sie ausgesetzt. Zweitens: "Vögel können sie eingebracht haben. Das kommt auch in Baggerseen ohne Zufluss vor", erklärt er. Enten zum Beispiel können Fischeier im Gefieder haben, die dann im Wasser landen. "So können sich die Fische verbreiten."
Und kann man die Fischlein retten? Klaus Betlejewski, Vorsitzender der Isarfischer, würde sich um den Auftrag nicht reißen. "Fische aus Baugruben zu retten, ist sehr schwierig", sagt er zur AZ. Die Methode des Elektrofischens würde schon mal nicht funktionieren. Dabei wird im Wasser ein Stromfeld erzeugt, das die Fische betäubt, damit man sie einsammeln kann. "Aber in so einem großen Gewässer würden die Fische flüchten", sagt der Chef der Isarfischer. Mit Netzen sei es auch schwierig, da bräuchte man ein Boot. "Und mit einer Angel könnten wir jahrelang sitzen, bis wir den letzten erwischen", sagt er.
Projektentwickler Ehret+Klein scheint trotzdem wild entschlossen, ein Fischsterben im Sendlinger-Loch-See zu verhindern. Er teilte der Anwohnerin und der AZ am Montag mit: "Wir stehen hierzu bereits seit mehreren Wochen im Austausch mit den zuständigen Behörden. Die Fische werden von einem Fachunternehmen tierschutzgerecht eingefangen und anschließend in ein geeignetes Gewässer umgesiedelt."
Übrigens hatten die neuen Bauherren auch für die nicht-lebenden Tiere in der Baugrube ein Herz: Alle Gummienten und das Gummikrokodil, die in den vergangenen Jahren in dem See landeten, wurden bereits aus dem Wasser gefischt – und aufbewahrt.
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