Kommentar

Hubert Aiwanger: (Noch) kein Anlass zur Entlassung

Es ist das Thema der Woche: Nimmt Hubert Aiwangers politische Karriere wegen des antisemitischen Flugblatts ein jähes Ende? Und was bedeutet die Affäre für die Landtagswahl in Bayern?
von  Ralf Müller
Hubert Aiwanger nach seinem ersten Auftritt nach Bekanntwerden von Vorwürfen um das antisemitisches Flugblatt.
Hubert Aiwanger nach seinem ersten Auftritt nach Bekanntwerden von Vorwürfen um das antisemitisches Flugblatt. © Pia Bayer/dpa

München - Es gibt (verzeihliche) Jugendsünden und (unentschuldbare) "Jugendtodsünden", sagt Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter. In die zweite Kategorie gehört das antisemitische Flugblatt.

Auch 17-Jährige mussten wissen, dass das damit betriebene ekelhafte Spiel mit dem Holocaust schlichtweg inakzeptabel ist und den Verfasser von späteren hohen Ämtern ausschließt.

Markus Söder hat aktuell keinen Grund, Hubert Aiwanger zu entlassen

Bis jetzt kann man die Einlassung des heutigen bayerischen Vizeministerpräsidenten Hubert Aiwanger nicht widerlegen, dass nicht er, sondern sein Bruder Urheber des Pamphlets war.

Sofern nicht noch Tatsachen zutage gefördert werden, welche die Verwicklung von Hubert Aiwanger in die Urheberschaft des antisemitischen Flugblatts beweisen oder weiteres Fehlverhalten dieser Art belegen, hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) keinen Grund, seinen Stellvertreter und Wirtschaftsminister zu entlassen. Auch wenn noch Fragezeichen bleiben.

Der Politiker Aiwanger hat in den vergangenen Jahren freilich immer wieder Grund gegeben, ihn als Rechtspopulisten zu verdächtigen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass jetzt genau hingesehen wird. Was die Affäre für die bayerische Landtagswahl bedeutet, ist noch unabsehbar.

Bleibt es beim Sachstand vom Sonntag, könnte die misslungene mediale Attacke Aiwangers Position als "Kultfigur" (so der Freie Wähler-Politiker Fabian Mehring) noch steigern – mit der Folge eines kleinen Aufschlags auf das Wahlergebnis seiner Partei.

Was tun mit Hubert Aiwanger? Der Ball liegt in Söders Staatskanzlei

Falls aber Unangenehmes ans Licht kommt und Aiwanger sogar noch der Lüge überführt werden sollte, ist er nicht zu halten.

Die Affären-Geschichte lehrt, dass die Betroffenen ihre Lage erst durch falsches Verhalten im Nachhinein ausweglos machen. Dann würden im Freistaat die Karten völlig neu gemischt. Die "Bayern-Koalition" droht zu platzen. Jetzt liegt der Ball in Söders Staatskanzlei.

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