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Hochzeitspläne von Münchens Bürgermeister Dominik Krause: In Andalusien "Ja" gesagt

In der AZ sprechen Bürgermeister Dominik Krause und der Arzt Sebastian Müller über die schwierigen Anfänge ihrer großen Liebe, ihr gemeinsames Leben in Giesing – und erstmals öffentlich darüber, dass sie heiraten werden.
von  Felix Müller
Zwei fürs Leben: Dominik Krause und Sebastian Müller am Hexenhäusl in Untergiesing.
Zwei fürs Leben: Dominik Krause und Sebastian Müller am Hexenhäusl in Untergiesing. © Andreas Gregor

München – In der Schule verpasst Dominik Krause den Tanzkurs. Doch der 17-Jährige will Tanzen lernen. Und entscheidet sich für einen Kurs in einer Tanzschule. Es ist 2007 - und es ist eine Entscheidung, die sein Leben verändern wird. Denn Krause lernt dort den 15-jährigen Sebastian Müller kennen. "Wir haben den Standard-Kurs zusammen gemacht, dann den Folgekurs und uns angefreundet", so sagt es Müller. "Es war das erste Mal, dass ich Interesse an einem Mann hatte", so sagt es Dominik Krause, der immer noch erst 33 ist. "Es hat gebraucht, zu verstehen, was das für ein Gefühl ist."

Seit 16 Jahren ein Paar: Was der Münchner Bürgermeister und sein Partner jetzt planen

17 Jahre später trifft die AZ die beiden Tanzpartner von einst in einer hippen Giesinger Espressobar. Der eine ist Arzt geworden, der andere der Zweite Bürgermeister - geblieben sind sie ein Paar, zwei Männer, die sich spürbar unheimlich gerne mögen, sich im Gespräch mit der AZ sehr viel anschauen, anlachen, ständig einen Gedanken, eine Erinnerung aufgreifen und noch ergänzen. An einem Montagmorgen an der Tegernseer Landstraße fallen Krause im schwarzen Pulli und Müller im weißen weiten T-Shirt, beide mit weißen Turnschuhen, zwischen all den Espresso-trinkenden Giesinger 30-Jährigen nicht auf. Keiner schaut auf den Bürgermeister und seinen Freund, hier passen sie offenbar rein.

Wollen heiraten: Sebastian Müller und Dominik Krause am Hexenhäusl in Untergiesing.
Wollen heiraten: Sebastian Müller und Dominik Krause am Hexenhäusl in Untergiesing. © Andreas Gregor

Und hier, in Giesing, sind sie schon seit zehn Jahren daheim. "Wir sind auf der Wohnungssuche eher zufällig hier gelandet", erzählt Sebastian Müller (32). "Aber ich bin super gern ein Giesinger, würde nirgends anders mehr wohnen wollen."

Müller, der gerade seinen Assistenzarzt macht, danach als Allgemeinmediziner in Haidhausen arbeiten will, mag die Rolle als Mann an der Seite eines Bürgermeisters. Er sei nun öfter auch bei offiziellen Terminen mit dabei, sagt er. "Dominik sagt mir, wenn ein Termin passen könnte." Wann er Nein sagt? Da denkt Müller kurz nach und lacht sein herzliches Lachen. "Eigentlich habe ich noch nie Nein gesagt."

Das Ja-Wort in Andalusien gegeben: Die Hochzeitspläne von Bürgermeister Dominik Krause

Nein gesagt hat auch Dominik Krause nicht. Kürzlich, als Sebastian Müller ihn gefragt hat, ob er nicht sein Ehemann werden will. In Andalusien war das, ein sehr warmer sommerlicher Abend, vor der Kathedrale im Granada spielte ein Orchester.

Klar, übers Heiraten hatten die beiden schon öfter gesprochen, beide können vom Gefühl schwärmen, als der Bundestag 2017 die komplett gleichberechtigte "Ehe für alle" beschloss. Doch ganz konkret machte es Müller an jenem andalusischen Abend vor einigen Tagen. Was es den beiden bedeutet, bald Mann und Mann zu sein? "Es hat natürlich auch mit Romantik zu tun", sagt Dominik Krause. "Aber es ist auch schön, wenn es etwas Offizielles hat - und das gibt natürlich auch Sicherheit."

Müller und Krause 2013 bei einem Ball der Tanzschule
Müller und Krause 2013 bei einem Ball der Tanzschule © privat

Sebastian Müller sagt: "Ich fand es gerade in der letzten Zeit auch unpassend, nach 16 Jahren Beziehung von Dominik als sein Freund vorgestellt zu werden. Ich freue mich darauf, wenn er bald ganz selbstverständlich sagen kann: Das ist mein Mann."

"Das ist mein Mann": Nach 16 Jahren Beziehung will der Münchner Bürgermeister seinen Partner heiraten

Nun wird es also bald an die Partypläne gehen, eine Feier soll es auf jeden Fall geben, sagen die beiden – wann, wie, wo genau, das sei aber noch offen.

Ausgiebig getanzt werden dürfte an dem Tag auf jeden Fall. Denn die alte Leidenschaft teilen die beiden nach wie vor. "Am liebsten gehen wir immer noch zusammen tanzen", sagt Dominik Krause. Doch zwei, die die ganze Zeit zusammen verbringen, sind die beiden sicher nicht. Welche Interessen so gar nicht passen? Da lacht Sebastian Müller wieder sein Lachen. "Dominik muss immer alleine in die Berge, weil ich ein absoluter Wandermuffel bin", sagt er. Gerade zwei Mal in den 16 Jahren, weiß Krause ganz genau, hätten sie es zusammen hinbekommen.

Ins Café sind sie auch getrennt gekommen. Wie denn das, am Montag in aller Früh? Er habe gar kein Fahrrad, sagt Müller – Krause, der Fahrrad-Bürgermeister, der auf den eigenen Dienstwagen verzichtet, ist aber die kurze Strecke von daheim her geradelt.

Erfolgsrezept für Beziehungen: Wie der Bürgermeister und sein Partner so lange schon glücklich sind

Überhaupt, sagt Krause, sei es "ganz sicher ein Erfolgsrezept für Beziehungen, wenn jeder seine Eigenständigkeit behält". Darum muss man sich bei den beiden wohl keine Sorgen machen. Politik ist im Hause Krause-Müller zwar ein großes Thema, doch die Zeiten, in denen Sebastian Müller im Landesverband der Grünen Jugend eine aktive Rolle spielte, sind lange vorbei. "Es ist auf jeden Fall gut, dass wir beide nicht das Gleiche machen", sagt Müller. "Wir haben auch einen Blick von außen auf die Dinge, die wir tun – und sagen uns auch, wenn wir den Eindruck haben, dass der Andere etwas nicht gut gemacht hat". Krause schwärmt davon, mit seinem Freund "über alles offen sprechen zu können".

Tanzen auf vielen Hochzeiten: Sebastian Müller und Dominik Krause bei einem Ball im Bayerischen Hof im Februar 2024.
Tanzen auf vielen Hochzeiten: Sebastian Müller und Dominik Krause bei einem Ball im Bayerischen Hof im Februar 2024. © Imago/Lindenthaler

Und dann kommt die Rede im Giesinger Café doch noch einmal auf die alten Zeiten, auf den Tanzkurs und ihre persönliche Geschichte, die öffentlich zu erzählen für Dominik Krause auch etwas Politisches hat. "Klar, das waren nicht mehr die 90er", sagt er. "Aber in der Schule ging es trotzdem noch rauer zu als heute."

"Vorbilder sind wichtig": Warum Bürgermeister Dominik Krause offen mit seiner Homosexualität umgeht

"Schwul" sei auch an einem Münchner Gymnasium damals ein übliches Schimpfwort gewesen. In seinem Jahrgang habe sich niemand geoutet. "Aber Vorbilder sind einfach wichtig. Dass man als junger Mann sieht, was Schwulsein bedeutet." Auch in diesem Sinne sei für ihn die Tanzschule ein wichtiger Ort gewesen – weil dort auch schwule Paare dabei waren.

Versteckt habe er sich nicht, sagt Krause, aber er sei mit seinem Schwulsein als Jugendlicher auch nicht pro-aktiv umgegangen. Zum allerletzten Tag im Gymnasium, zum Abiball, nahm er Sebastian Müller, der auf eine andere Schule ging, dann das erste Mal mit. "Aber auch da sind wir nicht als Pärchen aufgetreten."

Das sollte sich ändern, inzwischen mögen die beiden auch den gemeinsamen öffentlichen Auftritt. Einmal im Jahr muss sich Sebastian Müller sogar ärgern, weil er nicht mit darf. Ja, zum Derblecken am Nockherberg, da wäre er auch gerne mal im Saal. Partnerinnen und Partner sind dort aber nicht als Gäste vorgesehen.

Sie werden es verkraften. Daran hat man keinerlei Zweifel, wenn man den beiden eine halbe Stunde zugehört hat, wie sie über sich und ihre Liebe sprechen, sich anlachen und sich auf ihre gemeinsame Zukunft freuen. Dann müssen Dominik Krause und Sebastian Müller los. Der Eine mit dem Rad und der Andere zu Fuß.

„Das hätte ich mir nie träumen lassen“: Krause an der Spitze der CSD-Parade

Am Samstag wird die große CSD-Parade erstmals von einem schwulen Bürgermeister (mit) angeführt. Was das Dominik Krause bedeutet? „Ich nehme seit vielen Jahren am CSD in München teil und hätte mir nie träumen lassen, einmal als Bürgermeister den Zug anführen zu dürfen“, sagte er der AZ. „Das ist schon etwas Besonderes!“

Dass jetzt erstmals ein offen schwuler Bürgermeister den Zug anführe, zeige, „dass wir als queere Community in den letzten Jahren viel erreicht haben in Sachen Gleichberechtigung und Akzeptanz. Ich hoffe, dass das vor allem jungen Queers zeigt, dass ihre sexuelle Orientierung in München kein Karrierehindernis mehr ist, dass sie alles erreichen können, was sie wollen. Wenn das als positives Signal ausgeht, würde mich das sehr freuen.“  

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