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Historische Fotos aus München: Prunk im Herzog-Max-Palais

Das Herzog-Max-Palais in der Ludwigstraße von Leo von Klenze war ein unfassbar prächtiger klassizistischer Palast- bis die Nazis ihn 1937 abreißen ließen.
Thomas Müller
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Ein klassizistisches Schloss an der Ludwigstraße: das 1828 bis 1831 von Leo von Klenze erbaute Herzog-Max-Palais um 1900. Nur 38 Jahre später wird es auf Betreiben Hitlers abgerissen.
Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 10 Ein klassizistisches Schloss an der Ludwigstraße: das 1828 bis 1831 von Leo von Klenze erbaute Herzog-Max-Palais um 1900. Nur 38 Jahre später wird es auf Betreiben Hitlers abgerissen.
Malereien, Schnitzereien und Stuck - Klassizismus pur: die Enfilade (Raumflucht) der sieben Räume auf der Ostseite mit Blick aus demPompejanischen Eckzimmer.
Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 10 Malereien, Schnitzereien und Stuck - Klassizismus pur: die Enfilade (Raumflucht) der sieben Räume auf der Ostseite mit Blick aus demPompejanischen Eckzimmer.
Der Weiße Saal im ersten Stock mit seiner kostbaren Ausstattung.
Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 10 Der Weiße Saal im ersten Stock mit seiner kostbaren Ausstattung.
Hochherrschaftlich: das Treppenhaus.
Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 10 Hochherrschaftlich: das Treppenhaus.
Abriss 1938: Vom Palais steht nur mehr ein trauriger Rest.
Stadtarchiv 10 Abriss 1938: Vom Palais steht nur mehr ein trauriger Rest.
Hheute hängen dieFresken in einem astreinen Nazibau: im ehemaligen "Haus des Deutschen Rechts" (hier der Sitzungssaal 1939), das heute zur LMU gehört.
Stadtarchiv 10 Hheute hängen dieFresken in einem astreinen Nazibau: im ehemaligen "Haus des Deutschen Rechts" (hier der Sitzungssaal 1939), das heute zur LMU gehört.
Erhalten: Das von Ludwig von Schwanthaler 1829 erschaffene Relieffries (Geschichte des Bacchus) hängt nun im Bundesbankgebäude, das in der NS-Zeit zu bauen angefangen und erst 1951 fertig wurde.
Bundesbank 10 Erhalten: Das von Ludwig von Schwanthaler 1829 erschaffene Relieffries (Geschichte des Bacchus) hängt nun im Bundesbankgebäude, das in der NS-Zeit zu bauen angefangen und erst 1951 fertig wurde.
Fast schon sakral: das Badezimmer der Herzogin. Zwischen den beiden Öfen stand die Badewanne.
Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 10 Fast schon sakral: das Badezimmer der Herzogin. Zwischen den beiden Öfen stand die Badewanne.
Prunkstück: der riesige Ballsaal. Oben drei Bilder aus dem insgesamt 16 Bilder zählenden Kaulbach-Zyklus "Amor und Psyche".
Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 10 Prunkstück: der riesige Ballsaal. Oben drei Bilder aus dem insgesamt 16 Bilder zählenden Kaulbach-Zyklus "Amor und Psyche".
Eines von vier Fresken von Robert Langer († 1846) aus dem Empfangssalon des Herzog-Max-Palais, die sich auf fast schon wundersame Weise erhalten haben.
Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 10 Eines von vier Fresken von Robert Langer († 1846) aus dem Empfangssalon des Herzog-Max-Palais, die sich auf fast schon wundersame Weise erhalten haben.

München - Was wäre das für ein Pilgerort für Sisi-Fans aus aller Welt: das Herzog-Max-Palais in der Ludwigstraße 13, wo die Tochter von Herzog Maximilian in Bayern und seiner Frau Ludovica (einer Schwester von König Ludwig I.) an Heiligabend 1837 das Licht der Welt erblickte. Und in einem schlossähnlichen Palast aufwuchs, der an Größe und klassizistischem Prunk in München nur von der Residenz übertroffen wurde. Ja, das wäre schon was. In Wirklichkeit ist das Palais längst Geschichte - abgerissen 1937/38.

Adolf Hitler war für die geplanten Aufmärsche zum "Haus der Deutschen Kunst" die damals viel zu schmale Von-der-Tann-Straße ein Dorn im Auge, weshalb vier Häuser an der Ecke zur Ludwigstraße abgerissen wurden - auch das Reichsbankgebäude, das jetzt einen Ersatzstandort benötigte: gleich gegenüber, anstelle des alten Klenze-Palais.

Als überzeugter Demokrat war Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern ohnehin in der Schusslinie der Nazis und wurde unter Druck gesetzt, das Kaufangebot der Reichsbank zu akzeptieren und in nur drei Wochen das Palais leerzuräumen. Am 14. Juni verkaufte er - kurz vor seiner Flucht in die USA, um seiner drohenden Verhaftung durch die Nazis zu entgehen.

Herzog-Max-Palais: Abriss konnte nicht verhindert werden

Noch 1937 ließ der spätere Wiederaufbau-Architekt Hans Döllgast (Alte Pinakothek, St. Bonifaz, Residenz, Würzburger Dom) die herrlichen Innenräume dokumentieren, um zumindest das Andenken dieser verlorenen Pracht zu bewahren.

Und Fritz Gablonsky von der Obersten Baubehörde überreichte Hitler sogar persönlich seine schriftlichen Bedenken (nebst Fotos) gegen den Abriss des prachtvollen Palais - vergeblich. Ende März 1938 war der Abriss vollendet.

Was damit verloren war: nicht weniger als die repräsentativsten Raumfluchten des Klassizismus von Leo von Klenze in München - vergleichbar nur mit dem ebenfalls von Klenze konzipierten und ausgestatteten Königsbau (in weiten Teilen erhalten) und Festsaalbau (im Krieg und Wiederaufbau verloren) der Residenz.

Abriss 1938: Vom Palais steht nur mehr ein trauriger Rest.
Abriss 1938: Vom Palais steht nur mehr ein trauriger Rest. © Stadtarchiv

So etwa der Große Speisesaal mit Kassettendecke und einem 44 Meter langen Relieffries von Ludwig von Schwanthaler, der noch prunkvollere, zweistöckige Ballsaal, der Empfangssalon mit seinen monumentalen Fresken, der Stuckmarmor, prächtiges Parkett, die vielen Malereien und kunstvoll geschnitzten Decken und Türen in allen Räumen. Auch ein zeltartiger Theatersaal, eine Hauskapelle sowie die angrenzenden Wirtschaftsgebäude sowie dahinter liegenden Stallungen wurden in nur wenigen Monaten plattgemacht.

Dass sich dennoch ein wenig vom alten Palais erhalten hat, ist fast schon ein Wunder. Das Meiste davon im 1938 begonnenen Reichsbankgebäude, das nach dem Krieg von der Landeszentralbank Bayern und Architekt Prof. Carl Sattler bis 1951 vollendet wurde.

Das erinnert heute noch an den Herzog-Max-Palais

Das wertvollste Relikt hängt dort in der gewölbten Eingangshalle des Bankgebäudes - das Bacchus-Relief von Ludwig von Schwanthaler, das fast komplett erhalten ist. Oder auch die von Klenze konzipierten und vor dem Abriss ausgebauten Intarsien-Parkettböden, die im Großen Sitzungssaal, in Vorstandsräumen, mehreren Diensträumen, im Präsidentenzimmer oder im kleinen Sitzungssaal Verwendung gefunden haben und so erhalten geblieben sind.

Auch die vier monumentalen Fresken von Robert von Langer haben die Nazi-Barbarei überlebt. Vor dem Abriss bewahrt hatte sie der zuständige Baudirektor der Reichsbank Heinrich Wolff, der jedes der Monumentalfresken (2,5 Mal fünf Meter) - einschließlich Mörtelschicht wog so ein Fresko etwa zehn Zentner - ausbauen ließ.

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Eingebaut wurden sie ausgerechnet in einem astreinen Nazi-Bau: in den Sitzungssaal im "Haus des Deutschen Rechts" in der Ludwigstraße, das 1939 eingeweiht wurde. Wo sie dann allerdings erst in Vergessenheit gerieten, teils übertüncht und erst 1992/93 restauriert worden sind.

Immerhin, auch der Kaulbach-Zyklus aus dem Ballsaal ist erhalten - in der Musikalienabteilung der Staatsbibliothek. Ansonsten: nichts. Und das Einzige, was heute noch an Sisi und an das Pracht-Palais am Nachfolgebau erinnert, sind eine unauffällige Bronze- und eine nichtssagende Infotafel. Nein, wahrlich kein guter Ort für Sisi-Fans aus aller Welt.


Alle derzeit 16.245 München-Fotos aus der Photothek gibt's kostenlos im Netz auf Google Arts & Culture, Infos zum Zentralinstitut für Kunstgeschichte gibt es hier

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