Hightech für Hund und Katz in Schwabing: Wie eine Praxis Tierarztbesuche revolutionieren will
"Ganz zentral kann man hier auf Buchen tippen", sagt Jonathan Loesing (32) und umkreist mit seinem Finger das Symbol auf dem Smartphone-Bildschirm. Er wählt die Art der Untersuchung aus, anschließend ploppen die verfügbaren Tage und Uhrzeiten-Slots auf. Er tippt auf einen zufälligen am späten Nachmittag für nächste Woche. Bestätigt ihn. Und schon steht der Termin bei Rex in der Praxis in Schwabing – die erste in München.
Loesing will mit seinem Start-up moderne Tierarztpraxen etablieren. „Bitte möglichst viele sollen uns kopieren“, sagt er selbstbewusst. Die Idee: Per App machen Nutzer den Termin für ihre kranken Vierbeiner aus, können die Patientenakte und nötige Medikamente jederzeit abrufen sowie Erinnerungen für weitere Untersuchungen erhalten.
Ruhige Atmosphäre, ein "Safespace" für Katzen und nur zwei Minuten Wartezeit
Ebenso clever soll auch die Praxis selbst designt sein. Die sieht mit ihrem cleanen Look aus Weiß, Beige und Holz nicht nur nach Zeitgeist aus, sondern trifft ihn auch mit ihrer Raumaufteilung: Direkt links neben der Eingangstür befinden sich Sitze für Hundehalter – mit Futterspender in nächster Nähe und Platz für die Hunde zum Herumlaufen.

Hinter der Empfangstheke ist der Warteraum für Katzen – abgetrennt mit einer Glastür. So haben die ihren eigenen "Safespace". "Ist ja komisch, wenn man darüber nachdenkt, dass Hunde und Katzen sonst zusammen in einem Kreis sitzen", sagt Loesing. Was in diesem Bereich direkt auffällt: Es ist ruhig. Nicht mal ein Telefon klingelt – Anrufe laufen über die Zentrale. Nur das Miauen einer Katze dringt aus dem separaten Warteraum, sonst ist zur Mittagszeit an diesem Tag nicht sonderlich viel los.
Viele Warteplätze gibt es ohnehin nicht – Tierhalter sollen im Schnitt nur zwei bis drei Minuten warten müssen, bis sie dran sind. Weil bei der Terminauswahl die Beschwerde bereits angegeben wurde, passe das System auf Grundlage der dafür typischen Behandlungszeit den Startpunkt des nächsten freien Termins automatisch an, erklärt Loesing.
"Da findet man auch vor oder nach der Arbeit einen Termin"
Am meisten los sei in den Abendstunden: Die Praxis hat wochentags von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends geöffnet – samstags von neun bis 16 Uhr. "Da findet man auch mal vor oder nach der Arbeit einen Termin", sagt Loesing.
Er selbst ist zwar Hundepapa, aber kein Tierarzt. Statt blauem Kasack trägt er einen blauen Hoodie und Turnschuhe. Früher arbeitete er als Unternehmensberater im Gesundheitssektor, ist mit der Branche also schon länger vertraut. Dass er seit 2021 ein Start-up für Tierpraxen führt, sei ihm "ein bisschen in die Wiege gelegt worden", scherzt er. "Mein einer Opa hat eine große Reha-Klinik für Menschen geleitet. Und der andere Opa hatte einen riesigen Bauernhof."
Bald wohl nicht nur in Schwabing: Weitere Praxis soll in einigen Monaten eröffnen
Als Loesing weiter durch die Praxis führt, geht es an einigen Behandlungszimmern vorbei. In deren Türen ist jeweils ein Bullauge eingelassen – ein übergroßes Schlüsselloch in das Behandlungszimmer. In einem davon wird gerade eine Hündin auf einer Liege untersucht – wegen einer Geschwulst, wie später die Tiermedizinische Fachangestellte (TFA) erklärt.
Auch die Behandlungszimmer sind nach Tierarten aufgeteilt. "Eine Katze fühlt sich weniger wohl, wenn es nach Hund riecht", sagt Loesing. Wer in welchen Raum verarztet wird, lassen die Bilder an der Wand erkennen: Entweder hängen da nur Motive mit Katzen oder nur mit Hunden.

In Schwabing liegt die Praxis, weil es "ein schönes Stadtviertel" mit Nähe zum Englischen Garten sei, wo viele mit ihren Hunden vorbeikämen. Schwabing ist bundesweit die siebte Praxis des Unternehmens. In München soll eine weitere Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres folgen, der Standort steht noch nicht fest.
"Es ist keine Verdrängung, die wir machen"
Als Gefahr für bestehende Tierarztpraxen sieht er sein Unternehmen nicht. "Es ist keine Verdrängung, die wir machen", sagt Loesing. Zu viele Tierarztpraxen gebe es nicht. Denn die Zahl der Haustiere steigt tendenziell, wenngleich diese laut Statista seit Corona rückläufig ist. Schon jetzt leben einer Studie des Regionalinstituts Marktforschung München zufolge in jedem dritten Haushalt in der Region München Haustiere.
Rex ist daher nicht die einzige Kette, die die Wachstumspotenziale der Branche erkennt. In München gibt es etwa zwei Praxen des Unternehmens Filu. Um sich um die vielen Tiere und ihre Beschwerden schnell kümmern zu können, besitzt Rex viele der Gerätschaften selbst: von einer Zahnstation über einen Röntgenraum bis hin zu einem eigenen Labor.
Tag der offenen Tür am 19. Juni
Dort sitzt die TFA an einem Tisch mit medizinischen Gerätschaften, um die Proben der untersuchten Hündin an ein spezialisiertes Labor zu verschicken. Ein Sonderfall: Meistens reicht das eigene für die Untersuchungen. So sollen die Ergebnisse statt nach Tagen bereits in wenigen Stunden vorliegen. Natürlich direkt in der App.
Am 19. Juni gibt es in der Tierpraxis Rex in der Hohenzollernstraße 36 einen Tag der offenen Tür.
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