Helmut Schleich: Posthumes Tagebuch von Franz Josef Strauß

Kabarettist Helmut Schleich hat ein „Tagebuch“ von  FJS herausgegeben. Über wen sich der CSUler seit seiner Ankunft im Himmel aufregt.
von  Julia Lenders
Helmut Schleich in seiner Paraderolle als Franz Josef Strauß.
Helmut Schleich in seiner Paraderolle als Franz Josef Strauß. © dpa

Kabarettist Helmut Schleich hat FJS' „Tagebuch“ herausgegeben. Über wen sich der CSUler seit seiner Ankunft im Himmel aufregt.

München - Der erste posthume Tagebucheintrag ist vom 3. Oktober 1988, Franz Josef Strauß ist gerade im Himmel angekommen. Von dort aus beobachtet er das Treiben auf der Erde – und sendet zumeist wutentbrannte Zwischenrufe herunter.

So entsteht ein kurzweiliger Streifzug durch die Geschichte der vergangenen 25 Jahre. Festgehalten von Strauß’ Wiedergänger, dem Kabarettisten Helmut Schleich, und vom Autoren Thomas Merk. Was FJS da oben zu zetern hat, wen er aufs Korn nimmt:

- FJS in seinem „Tagebuch“ über Christian Ude, als dieser 1993 sein Amt antritt: „Da schau her, der kleine Schwabinger Stehaufkasperl ist doch tatsächlich Münchner OB geworden…na ja, lang wird er sich nicht halten.“

- Für ihren Nach-Nachfolger Edmund Stoiber hat die Schleich’sche Strauß-Figur wenig übrig. FJS tituliert Stoiber wahlweise als „dieser Clark Kent aus Wolfratshausen“, als „Aktendeckel im Trachtenanzug“ und „Wolfratshauser Kamillenteesieder“.

Um dann festzustellen: „Eine neue Form des Absolutismus bricht sich hier Bahn: die absolute Mittelmäßigkeit.“

- FJS über Karl-Theodor zu Guttenberg: Als 2011 die ersten Plagiatsvorwürfe laut werden, atmet Strauß, der himmlische, auf: „Wurde ja höchste Zeit, dass man dieser von einer völlig von der Rolle geratenen CSU in Heimarbeit zusammengeschusterten Lichtgestalt ein paar Birnen aus der Gloriole schraubt.“

Guttis Abschreiberei an sich bringt FJS zwar nicht wirklich auf: „Soll er doch, wenn er’s anders nicht schafft! Aber dann muss er es halt so machen, dass man ihm nicht auf die Schliche kommt. Außerdem gibt es nun wahrlich elegantere Methoden, um an einen Doktortitel zu kommen, wenn man schon zu faul ist, dafür eine Arbeit zu schreiben. Man muss ihn sich halt verleihen lassen!“

Strauß selbst wurden zu Lebzeiten die Ehrendoktorwürden der Universitäten Cleveland und Kalamazoo (1962), Chicago (1964), Detroit (1965), Santiago de Chile (1977), Dallas (1980), Maryland (1983) sowie München (1985) verliehen.

- Günther Beckstein hatte im September 2008 bei einer Bierzeltrede für vertretbar erklärt, dass sich ein Autofahrer nach zwei Maß Bier noch ans Steuer setzt. Das weckt bei FJS Erinnerungen: „Zu meiner Zeit hat man noch gefragt: Wie kriegt man das bayerische Kabinett auf 0,8 Promille? Antwort: Indem man ihm drei Tage nichts zu trinken gibt.“

- Als Horst Seehofer im Oktober 2008 vom Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt wird, lästert der (un-)tote Strauß: „Wenn ich schon höre, dass man diesem Horst Seehofer ein uneheliches Kind andichten musste, damit er wenigstens eine Affäre hat! Wissen die denn nicht, dass bei einem bayerischen Ministerpräsidenten nur eines wichtig ist: dass man nicht an einen Rehpinscher denkt, wenn man sagt: ,A Hund is a scho.’“

- FJS über den früheren CSU-Fraktionschef im Landtag Georg Schmid, der im Zuge der Verwandtenaffäre zurücktrat: „Da schreien die Sozialdemokraten Jahr und Tag nach einem branchenübergreifenden Mindestlohn, und wenn dann mal einer seiner Sekretärin 5500 Euro im Monat zahlt, ist es auch wieder nicht recht.“ Schmid hatte seine Ehefrau auf Werkvertragsbasis 23 Jahre lang beschäftigt.

- Bundeskanzlerin Angela Merkel nennt Schleichs Strauß eine „fastrussische Zonenwachtel im Kanzleramt“. Das Jahr 2005 ist für ihn durchaus verwirrend: „Die Merkel wird Kanzlerin, und der Schröder wird Putins Gasmann – langsam fragt man sich schon, ob es wirklich so klug war, den Eisernen Vorhang aufzumachen.“

Und als dann im Jahr 2012 auch noch Joachim Gauck Bundespräsident wird, tönt es im Himmel: „Das ist ja eine Personalsituation, da hätte man zu meiner Zeit noch den Verteidigungsfall ausgerufen.“

- FJS über den Steuersünder Uli Hoeneß: „Er hat Großes geleistet, der Uli Hoeneß, heißt es. Ja sicher. Natürlich hat er Großes geleistet. Aber halt für seine eigenen Firmen. Eine für Bratwürste und eine für Fußballhanswursten.“

- Frei von Zukunftsangst ist selbst der verblichene FJS nicht, siehe Kommentar zum Ötzi-Fund 1991: „Und dann der Name: Ötzi. Was für eine Respektlosigkeit! Vielleicht war er der Ministerpräsident vom Ötztal, und keiner von den Trotteln weiß das heute noch. Wenn’s mich in 5000 Jahren in meiner Gruft entdecken, kann vielleicht auch keiner mehr sagen, wer ich zu Lebzeiten war, und dann nennen sie mich am Ende Rotti, bloß weil sie mich in Rott am Inn gefunden haben.“

Franz Josef Strauß, Mein Tagebuch von 1988 bis heute, Autoren: Helmut Schleich und Thomas Merk; Droemer-Verlag, 14,99 Euro.

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