Hausärzte fürchten den Ruin

Wegen der Sparpläne der Regierung wollen die Hausärzte streiken: Sie verdienen zu wenig, der Nachwuchs fehlt
MÜNCHEN Wer zum Hausarzt muss, sollte sich den 26. und 27. August dick im Kalender anstreichen: Dann wollen die Hausärzte in München und ganz Bayern streiken – als Auftakt zu einer bundesweiten Protestwelle. Die Hausärzte wehren sich damit gegen die Sparpläne von Bundesgesundheitsminister Philipp Roesler (FDP), die viele Allgemeinarztpraxen in den Ruin treibe.
„Der Bundesgesundheitsminister gefährdet ihre Gesundheit“ plakatieren die aufgebrachten Mediziner bundesweit. Denn Roesler will die Honorare für die 32000 Hausärzte in Deutschland drastisch senken. So sollen deren Sondervergütungen um 500 Millionen Euro im Jahr gekürzt werden.
„Ich bekäme dann rund 35000 Euro im Jahr weniger“, rechnet der Münchner Hausarzt Hans-Ulrich Lausmann der AZ vor: „Dann stehen wir Hausärzte noch klammer da, und das bereitet mir große finanzielle Sorgen. Deshalb gehen wir auf die Barrikaden.“
Eigentlich läuft es im Moment nicht schlecht für die Hausärzte. Denn vor drei Jahren haben die Kassen mit den Hausarztverbänden sogenannte „Hausarztverträge“ mit neuen Sondervergütungen abgeschlossen. „Seitdem haben wir eine gewisse Sicherheit beim Einkommen.“
Allein mit den Honorarsätzen der Kassen sei eine Praxis nicht mehr rentabel, sagt auch der Hausarzt Hans Joachim Willerding: Mit den Sondervergütungen hätten die Ärzte mehr Zeit für die Patienten und könnten sich Fortbildungen leisten. Seine Rechnung: „Nach den Kürzungen hat eine mittelgroße Praxis nur noch etwa 1000 Euro netto im Monat verfügbar. Dafür ist kein junger Arzt mehr zu gewinnen.“
Bei solchen Rechnungen muss man allerdings berücksichtigen: Die Ärzte leben nicht nur von den Vergütungen der Krankenkassen. Zusätzlich verdienen sie an Privatpatienten.
Trotzdem warnen die Ärzte vor einem gefährlichen Trend: Junge Mediziner gingen scharenweise ins benachbarte Ausland, um besser zu verdienen. Hausarzt Willerding klagt: „Ich finde seit Monaten keinen Weiterbildungassistenten mehr.“
In München sei die Lage nicht so dramatisch, hier gebe es teilweise sogar eine Überversorgung. Prekär werde die Situation auf dem Land. Dort seien mehr als die Hälfte der Praxisärzte älter als 50 Jahre. Für die fehle der Nachwuchs. „Mit den Roesler-Plänen wird das noch schwieriger.“
Dabei, so argumentieren die Mediziner, sparen die Hausärzte den Kassen Millionen: Weil sie als Gesundheitslotsen die Verschreibung überflüssiger Artzney, Facharztbesuche und Klinikeinweisungen verhinderten. Willi Bock