Glyphosat im Bier: Wie groß ist die Gefahr wirklich?
München – Für Trinkwasser gilt ein gesetzlicher Grenzwert von 0,1 Mikrogramm Glyphosat pro Liter. In bayerischem Bier maß das Umweltinstitut München jedoch Werte von 0,46 bis 2,92 Mikrogramm pro Liter. Beim negativen Spitzenreiter der Untersuchung, dem Hasseröder Pils, wurden sogar 29,74 Mikrogramm nachgewiesen, was einer beinahe 300-fachen Grenzwertüberschreitung entspricht.
Für das Umweltinstitut ist die Botschaft daher klar: "Ein Stoff, der wahrscheinlich krebserregend ist, hat weder im Bier noch in unserem Körper etwas verloren", sagte dessen Referentin für Gentechnik in der Landwirtschaft, Sophia Guttenberger. Auch Rosi Steinberger, verbraucherschutzpolitische Sprecherin der bayerischen Landtags-Grünen, schlägt in dieselbe Kerbe: "Wenn Agrargifte sich in unser Bier schleichen, kann von Reinheit nicht die Rede sein. […] Glyphosat hat auf unseren Äckern nichts verloren; der Einsatz dieses Monsanto-Gifts muss verboten werden."
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Was ist eigentlich Glyphosat?
Glyphosat ist der weltweit am häufigsten eingesetzte Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln. In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird es vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung verwendet. Getreide darf in Deutschland unter bestimmten Umständen auch vor der Ernte damit behandelt werden.
Bundesweit wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2012 knapp 6.000 Tonnen reine Wirkstoffmenge aufgebracht. Dabei werden Glyphosat oft noch Beistoffe beigemischt. Sie sollen das Eindringen in die Pflanze erleichtern. Diese Stoffe sind nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zum Teil giftiger als das Glyphosat selbst.
Wie schädlich ist Glyphosat?
Überhaupt ist die Schädlichkeit von Glyphosat umstritten. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) hat das Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehörende Behörde hatte zuvor mehrere Studien zu dem Mittel ausgewertet.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hingegen hält den umstrittenen Unkrautvernichter für "wahrscheinlich nicht krebserregend". Das Mittel stelle vermutlich keine krebserregende Bedrohung für den Menschen dar, erklärte die EU-Behörde im November 2015 veröffentlichten neuen Einschätzung. Die Efsa empfiehlt aber, die tägliche Aufnahme von Glyphosat beim Menschen auf 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu begrenzen.
Wie groß ist die Gefahr für Biertrinker?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher. Glyphosatrückstände in Bier seien aus wissenschaftlicher Sicht plausibel und grundsätzlich erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff sei. Selbst die höchsten Werte von rund 30 Mikrogramm pro Liter seien jedoch so niedrig, dass die rechnerisch resultierende Aufnahmemenge bei einem Erwachsenen mehr als 1000-fach niedriger liegen würde, als die derzeit als unbedenklich geltenden Aufnahmemengen, teilte das BfR auf Anfrage mit.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt erklärte daher: "Nach dem was mir bisher vorliegt müssten Sie, um in den gesundheitlich bedenklichen Bereich zu kommen, ungefähr tausend Liter Bier pro Tag trinken. Selbst die Bayern schaffen das nicht."
Noch deutlicher wird Bayerns FDP-Landesvorsitzender Albert Duin, der die Debatte nutzt, um gleich mal zum politischen Rundumschlag auszuholen: "Jedes Jahr treiben Grüne und selbsternannte Verbraucherschützer eine neue Sau durchs Dorf. Dabei geht es in Wahrheit selten um die Gesundheit der Verbraucher, dafür sehr häufig um die eigene Profilierung. Das geschieht in diesem Fall auf Kosten des bayerischen Bieres, das zu Recht einen hervorragenden Ruf in der Welt genießt.
Die im Bier nachgewiesene Menge des Pflanzenschutzmittels ist verschwindend gering. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat ausgerechnet, dass ein Mensch rund 1000 Liter Bier pro Tag trinken müsste, um eine gesundheitlich bedenkliche Menge Glyphosat aufzunehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei den Grünen so viel gesoffen wird."
So reagieren die Bierbrauer
Der Deutsche Brauer-Bund hat sich mittlerweile auch zu der Studie geäußert und weist sämtliche Vorwürfe von sich: "Glyphosat ist seit Jahrzehnten als Wirkstoff in einer Reihe von in Deutschland und weltweit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthalten, aus deren Anwendung sich bekanntlich Rückstände in Ernteprodukten und Lebensmitteln ergeben können. Unzählige Studien haben diese Spuren für gesundheitlich unbedenklich erklärt.
Auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stuft die in Lebensmitteln nachgewiesenen Spuren wie andere europäische und internationale Institute als gesundheitlich unbedenklich ein. Der Deutsche Brauer-Bund vertraut der Einschätzung der unabhängigen Wissenschaftler. […]
Der DBB weist den Vorwurf des Umweltinstitutes, die Brauereien würden ihre Rohstoffe nicht ausreichend kontrollieren, als absurd und völlig haltlos zurück. […] Der Münchner Verein möchte mit seiner Veröffentlichung offensichtlich Einfluss nehmen auf die für Anfang März 2016 vorgesehene Entscheidung der EU-Staaten über die Verlängerung der Zulassung für Glyphosat, welche von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach umfangreichen Untersuchungen befürwortet wird."
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