Hartnäckig wie Hahnzog: Münchens Ex-Bürgermeister stirbt mit 89 Jahren

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Es gibt diese kleinen Geschichten, die viel über Klaus Hahnzog erzählen. Da ist zum Beispiel die Münchner Familie, die erzählen kann, dass drei Generationen regelmäßig mit Hahnzog gekickt haben. Der Opa, später der Sohn - und schließlich der Enkel. Ja, Hahnzog war einfach Generationen lang immer da. Hartnäckig dran, bei den Dingen, die ihm Spaß machten und am Herzen lagen, aber auch, wenn es mal was auf die Knochen gab. Das galt in politischen und gesellschaftlichen Debatten der Stadt - und auf den Fußballplätzen.
Landtags-Libero über 90 Minuten: Das war Hahnzog noch mit 75
Vor 15 Jahren, da war er schon weit über 70, erklärte Hahnzog mal, warum er 90 Minuten als Libero der Landtagsmannschaft durchhielt. Wenn er schon auflaufe, dann wolle er auch durchspielen, sagte er ganz selbstverständlich - so als gebe es für einen 75-Jährigen nichts Naheliegenderes. Und Libero? Das sei „zwar altmodisch“, sagte er da. „Aber da kann ich meine Erfahrung einbringen.“
Und Erfahrung, die hatte er. 1968 in die SPD eingetreten, wurde der Jurist schon 1973 Kreisverwaltungsreferent der Stadt, von 1984 bis 1990 war er Dritter Bürgermeister unter Schorsch Kronawitter, dann zog er in den Landtag ein, wo er bis 2003 Abgeordneter war (um anschließend immer noch viele Jahre in der Landtagsmannschaft mitzukicken).

Mit welchen Weggefährten man auch spricht in diesen Tagen, alle würdigen die Lebensleistungen des Klaus Hahnzog. Dass es heute Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene gibt? „Der Vater dieses Gedankens heißt in Bayern ganz klar Klaus Hahnzog“, sagte sein langjähriger Landtagskollege Franz Maget am Mittwoch der AZ.
Willi Bock, der die Politik in der Stadt über Jahrzehnte als Reporter eng begleitet hat, erinnerte daran, dass Hahnzog als Bürgermeister durchgesetzt habe, dass auch Referenten im Rathaus ein Antragsrecht haben, nicht nur der OB. „Das war eine Demokratisierung auf der Regierungsbank.“ Franz Maget betont, Hahnzog habe eine sehr große Rolle bei der Etablierung der Bezirksausschüsse gespielt.
Demokratisierung also auf allen Ebenen - das war Hahnzogs Lebensthema. Er, der als kleiner Bub noch die Nazi-Zeit erlebt hatte, war kein Konservativer. Viele Weggefährten erinnern daran, dass er sich sehr oft an dem bürgerlichen OB Schorsch Kronawitter gerieben habe.
E-Mail? Diese Welt blieb ihm lange fremd
Wie das so ist bei Menschen, die im hohen Alter noch sehr aktiv sind, konnte auch Hahnzog ein bisserl aus der Zeit gefallen wirken. Das blitzt zum Beispiel durch, wenn Jürgen Buhl, der in Hahnzogs Landtagszeit ein paar Jahre sein Büro leitete, sagt, E-Mails seien Hahnzog lange arg fremd geblieben. „Klaus Hahnzog schrieb seine Gesetzesentwürfe noch per Hand.“ Andererseits schwärmt Buhl ausgiebig davon, wie schön es war, für Hahnzog zu arbeiten. „Er war ein sehr moderner Chef, er hat uns gefordert, aber auch frei gestalten lassen.“
Dazu passt, dass Reporter Willi Bock betont, die Büros von Hahnzog seien stets Kaderschmieden gewesen, viele seiner Mitarbeiter hätten später Karriere gemacht. Zur Geschichte des fortschrittlichen Klaus Hahnzog passt aber wohl auch, dass sich CSU-Männer, die zu seiner Zeit im Rathaus aktiv waren, erinnern, er sei mit Symbolen der Friedensbewegung unterwegs gewesen - und sogar mal ohne Krawatte im Einsatz!
Auch politisch zeichnete er manches vor. So heißt es, Hahnzog, der als Bürgermeister auch für Umweltthemen zuständig war, sei anders als viele prominente Münchner SPDler dieser Jahre schon früh offen für Bündnisse mit den jungen Wilden der Grünen-Partei gewesen.

Doch Hahnzog interessierte nie nur das parteipolitische Klein-Klein. Auf vielen Ebenen stritt er um die Zukunft von Rechtsstaat und Demokratie. Seine Kinder sprechen von einem „leidenschaftlichen Skifahrer, Bergsteiger, Radfahrer, Fußballer und Genossen“, aber auch von einem „großzügigen Genießer, Vater, Bruder und Opa“.
1860 gehört ins Grünwalder – so sah das der Fußballfan und Giesinger Hahnzog
Natürlich mischte einer wie Hahnzog auch im Kleinen politisch mit, daheim in Giesing. So konnte man ihn noch vor wenigen Jahren erleben, wie er bei Bürgerversammlungen zum Sechzgerstadion aufstand und daran erinnerte, was hier doch in den 60er Jahren mit viel, viel mehr Zuschauern los gewesen sei - was ja wohl wieder möglich sein müsse! Er warb dafür, dass die Löwen in Giesing kicken sollten, schließlich sei ein identitätsstiftender Ort für einen zweiten Verein entscheidend, was man in Hamburg oder Berlin sehen könne.
Der Fußball war immer wichtig für Hahnzog. Seinen Abschied aus dem Landtag 2003 feierte er, klar, im Grünwalder. Und dass er mit der CSU als linker bayerischer Politiker oft über Kreuz lag? Auch da habe ihm der Fußball geholfen, erzählt Franz Maget. „Er war sehr gerne Kapitän, da konnte er eine parteiübergreifende Rolle spielen, das hat ihm richtig gutgetan.“
Wie die AZ bereits berichtet hat, ist Klaus Hahnzog nun mit 89 Jahren verstorben. OB Dieter Reiter würdigte Hahnzog gestern und erklärte, die SPD verliere „einen leidenschaftlichen und streitbaren Sozialdemokraten“.
Die Familie Hahnzogs, die ihn in den vergangenen Jahren zu Hause gepflegt hat, teilt mit, dass die Beerdigung auf dem Friedhof am Perlacher Forst am 23. September um 10.30 Uhr stattfinden wird.
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