Genitalverstümmelung: München bietet mehr Hilfe für Opfer
Der Stadtrat hat beschlossen, die städtische Prävention und Hilfe für von Genitalverstümmelung betroffene Mädchen und Frauen auszubauen.
"Die Praxis der weiblichen Beschneidung ist grausam, menschenrechtsverletzend und hat schwere gesundheitliche und seelische Folgen für die betroffenen Frauen und Mädchen", sagte SPD-Stadträtin Constanze Söllner-Schaar, Mitglied im Sozialausschuss. Darum hatte die SPD-Stadtratsfraktion in mehreren Anträgen Verbesserungen gefordert für Präventions- und Hilfsprojekte.
Mehr Personal, mehr Fortbildungen
Diese wurden nun beschlossen: Die Beratungsstelle "Wüstenrose/Imma e.V." wird personell besser ausgestattet. Für Personal im Gesundheitswesen werden Fortbildungen angeboten, um sowohl die Prävention als auch die Versorgung von Betroffenen aufzugreifen.
Um kulturelle Barrieren abzubauen und sensibel den Zugang zu Betroffenen zu erreichen, bildet die Stadt einen Pool an Kulturmittlern und -mittlerinnen, die von Ärzten, Ärztinnen und Kliniken abgerufen werden können. Sie stammen aus Ländern, in denen weibliche Genitalverstümmelung (FGM, Female Genital Mutilation) vermehrt auftritt.
"FGM": Genitalverstümmelung diagnostiziert
Außerdem bringt das Referat für Umwelt und Gesundheit – angeregt durch ein Schreiben von OB Dieter Reiter (SPD) an die Kassenärztliche Vereinigung Bayern – das Anliegen in den Städtetag ein, dass die Codierung "FGM" von Ärzten verstärkt genutzt werden müsse. Hintergrund ist, dass Hilfe nur angeboten werden kann, wenn Genitalverstümmelung auch diagnostiziert wird.
Waris Dirie brachte Thema Beschneidung in die Öffentlichkeit
Das somalische Top-Model Waris Dirie brachte das Thema Beschneidung von Mädchen und Frauen 1998 mit ihrem Buch "Wüstenblume" in die breite Öffentlichkeit. In München ist die somalische Übersetzerin Fadumo Korn eine Vorkämpferin der Null-Toleranz-Haltung gegenüber der weiblichen Genitalverstümmelung. Das Ritual ist in vielen Staaten Afrikas verboten, wird aber trotzdem praktiziert. Somalia (98 Prozent der Frauen sind betroffen) und Eritrea (89 Prozent) stechen dabei aus der Statistik heraus. Die weibliche genitale Beschneidung, also die teilweise oder vollständige Entfernung von Klitoris und Schamlippen, gilt als gravierende Menschenrechtsverletzung und steht hier unter Strafe. In Deutschland leben nach Schätzungen rund 48.000 betroffene Migrantinnen, 9.300 Mädchen gelten als gefährdet.
Der Münchner Verein "Nala" organisiert Mädchengruppen, klärt auf und bekämpft die grausame Praxis. Für Mädchen, die in Gefahr sind, und für Angehörige und Bekannte, die einen aktuellen Verdacht haben, gibt es die Nala-Notfallnummer: 140 98 147. Menschenrechtsorganisationen fordern seit Jahren, dass die weibliche Genitalverstümmelung weltweit als expliziter Asylgrund anerkannt wird.
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