Geheimbünde in München: Die Spur der Illuminaten

Seit jeher geht von diesen Verbindungen, die im Verborgenen wirkten, besondere Anziehungskraft aus – die AZ zeigt, wo sich heute noch Spuren von Templern, Freimaurern und Illuminaten finden.
Clemens Hagen |
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Geheimbünde faszinieren die Menschen von jeher. Wer sich für ihr Erbe interessiert, kann in München an vielen Stellen fündig werden, unter anderem am Karlstor oder am Promenadeplatz, wo das Montgelas-Denkmal steht.
Stadtspürer Geheimbünde faszinieren die Menschen von jeher. Wer sich für ihr Erbe interessiert, kann in München an vielen Stellen fündig werden, unter anderem am Karlstor oder am Promenadeplatz, wo das Montgelas-Denkmal steht.

München - Templer, Illuminaten, Guglmänner – München ist die heimliche Hauptstadt der Geheimgesellschaften. Das wussten Sie nicht? Eben, drum!

Doch wer genau hinsieht und hinhorcht, der findet ihre Spuren im Stadtbild – manchmal im Verborgenen, oft genug überdeutlich vor unserer Nase. Von den Templern ist nicht viel geblieben, doch rätselhafte Sagen könnten auf ihre Anwesenheit im mittelalterlichen München verweisen.

Für die Illuminaten wiederum war München ihr "Athen" und damit gewissermaßen das Zentrum ihrer Untergrundbewegung, deren Ziel es war, hohe Posten zu besetzen, um das Licht der Aufklärung, beeinflusst durch die großen zeitgenössischen Philosophen wie Kant, Rousseau und Voltaire, in die Amtsstuben und das Staatswesen überhaupt zu tragen.

Das wöchentliche München-Quiz: Wie gut sind Sie informiert?

Wen wundert es, dass unter den bedeutenden deutschen Geistesgrößen wie Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832, Ordensname "Abaris") und Johann Gottfried Herder (1744 bis 1803, Ordensname "Damasus Pontifex") auch bekannte Münchner Mitglied in diesem mysteriösen Geheimbund waren?

Der Orden der Illuminaten wurde natürlich weltbekannt durch den Bestseller "Illuminati", den Roman von Dan Brown, der mit Tom Hanks in der Hauptrolle auch ein großer Kinoerfolg war.

Wer sich auf die Spur der aufklärerischen Illuminaten – genauso wie der elitären Templer, der streng gläubigen Jesuiten, der verschworenen Freimaurer und der königstreuen Guglmänner – machen will: Stadtführer Christopher Weidner und seine Kollegen von den "Stadtspürern" bieten regelmäßig Führungen an.


Freimaurer: Max Joseph I. – König mit Winkel und Zirkel

Paulaner im Tal

Die erste offizielle Großloge der Freimaurer wurde am 24. Juni 1717 in London gegründet, im Geiste des Zeitalters der Aufklärung. Von Hamburg kommend breiteten sich die Geheimzirkel in der Folge auch in Deutschland aus und erreichten 1744 München. Die erste, zunächst irreguläre Loge wurde im Wirtshaus "Zur Sonne" gegründet, auch als Pögner-Wirt bekannt.

Als der 1776 gegründete Illuminatenorden Mitglieder in Freimaurerlogen rekrutierte, wurden die Logen immer mehr unterwandert. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass ab 1782 die Illuminaten das Logenwesen in der bayerischen Hauptstadt kontrollierten. Da viele Adelige und höfische Beamte Freimaurer waren, hatten es die Illuminaten geschafft, höchste Regierungskreise zu unterwandern. Kein Wunder, dass Kurfürst Karl Theodor 1784 nicht nur die Illuminaten verbot, sondern im gleichen Atemzug die Freimaurer.

Hofbräuhaus

Die Säule im Treppenhaus des Aufgangs zum Festsaal des Hofbräuhauses erinnert an die Erbauer dieses weltberühmten Gebäudes: den Bauunternehmer Heilmann und den Architekten Littmann, Schwiegervater und Schwiegersohn.

Wenn man genauer hinsieht, entdeckt man das Emblem der Unternehmer, die für viele typisch münchnerische Gebäude Ende des 19. Jahrhunderts verantwortlich zeichnen, zum Beispiel auch für das Kaufhaus Oberpollinger am Stachus und das Prinzregententheater.

Dieses Emblem zeigt Winkel und Zirkel, die traditionell einerseits für das Architektenhandwerk stehen, andererseits das zentrale Symbol der Freimaurerei ist. Der Winkel steht unter anderem für die universellen Gesetze und die Tugenden, der Zirkel für den Geheimbund selbst, den Geheim zirkel, in dem sich alle Brüder auf gleicher Augenhöhe begegnen.

Winkel und Zirkel symbolisieren das Ideal des freien Menschen, der sich an den zentralen Werten der Freimaurerei orientiert: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Menschlichkeit. Tatsächlich waren sowohl Heilmann als auch Littmann Mitglied in einer Freimaurerloge. Heute gibt es elf reguläre Logen in München.

Max I. Joseph

Der erste König von Bayern thront auf dem nach ihm benannten Max-Joseph-Platz vor der Oper wie ein Patriarch undwinkt dem bayerischen Volk. Er war so beliebt bei seinen Unterta- nen, dass ihm zu Ehren im Kartenspiel Watten der höchste Trumpf "Maxi" genannt wird – der Herz-König. Was aber wenige wissen: Er war nicht nur der erste gekrönte König der Bayern, sondern auch Freimaurer!

An sich für die Zeit um 1800 für einen Adeligen nichts Ungewöhnliches, wäre da nicht der bis heute währende Konflikt zwischen Kirche und Freimaurertum, der so weit geht, dass einem Freimaurer aus Sicht der Kirche die Kommunion verweigert wird, da er in Sünde lebe. Ein Freimaurerkönig schadet im Grunde dem Image des katholischen Bayern, auch wenn es andererseits erklärt, warum Max I. Joseph viele Reformen durchführte, die deutlich dem Geist der Aufklärung entsprungen sind.

Templer: Die Sage vom dreigesichtigen Götzen in der Zöllnerstube

Karlstor


Neben dem Karlstor stand in früher Zeit einmal die Zöllnerstube. Foto: Stadtspürer

In der Zöllnerstube neben dem Tor soll einst eine merkwürdige Figur zu sehen gewesen sein: ein Kopf mit drei Gesichtern, eines weiß, eines rot und eines schwarz. Manche sagen, dass sich in Vorzeiten an der Stelle des Tores ein heidnisches Heiligtum befunden habe, in dem dieser Götzen aufgestellt war. Vielleicht handelte es sich aber auch um ein Relikt der Tempelritter, den mysteriösen Baphomet, angebliches Kultobjekt dieses geheimnisvollen Ordens aus dem Mittelalter. Beim Umbau des Tores wurde das Häuschen zerstört – und der seltsame Kopf ging für immer verloren.

Schmidtstraße


Hier war angeblich der Tempelherrenhof. Foto: Stadtspürer

In der schmalen Gasse zwischen Oberanger und Sendlinger Straße soll sich einst der Tempelherrenhof befunden haben, also die Komturei der sagenumwobenen Tempelritter. Dieser Orden wurde im 12. Jahrhundert in Jerusalem gegründet und bestand bis 1312. Die Mitglieder waren nicht nur Elitesoldaten, sondern auch Mönche – ein Novum in der Geschichte. Zugleich sagte man ihnen schon sehr früh nach, ihre Macht auf geheimem Wissen begründet zu haben. So sollen sie in Besitz der Bundeslade, des Heiligen Grals sowie der Alchemie kundig gewesen sein. Viele spätere Geheimgesellschaften sehen sich als Nachfolger dieses Bundes, der nach einer Reihe falscher Beschuldigungen der Inquisition zum Opfer fiel.


 


Das Westenrieder-Denkmal. Foto: Stadtspürer

Illuminaten: In ihrer Geheimsprache nannten die Ordensmitglieder München "Athen"

Graf Montgelas

Als 1799 Max IV. Joseph, der spätere erste König Bayerns, die Regierungsgeschäfte übernimmt, ernennt er Montgelas zum Außenminister, später auch zum Finanz- und Innenminister, und damit mächtigsten Mann im Staat, der zu Recht als Gründer des modernen Bayerns bezeichnet werden kann. Seinen geheimen Verhandlungen hat Bayern die Königskrone von Napoleons Gnaden zu verdanken, aber auch die Sanierung der Staatskasse, vorangetrieben durch die barbarische Säkularisation, in deren Zuge Kirche und Klöster enteignet wurden. Hier erkennt man den zutiefst von der Aufklärung geprägten Geist.

Natürlich war Montgelas Freimaurer. Aber darüber hinaus hat er auch eine dunklere Vergangenheit: Von 1779 bis 1785 war er Mitglied im berüchtigten Illuminatenorden, der sich zu Aufgabe gemacht hatte, durch Infiltration der Regierungen die Gedanken der Aufklärung zur Staatsräson zu machen. Im Zuge der Illuminaten-Verfolgung verließ er München, kehrte aber mit seinem neuen Herrn Max Joseph zurück. Diesmal gelang es ihm, die Geschicke des Landes im Sinne der Aufklärung zu steuern.

Zwar distanzierte er sich später von seiner Illuminaten-Vergangenheit, doch die Handschrift des modernen Bayern trägt eindeutige Züge des aufklärerischen Geistes, der mit Montgelas durch München wehte.

Westenrieder

Der berühmte Geschichtsschreiber und Publizist Lorenz von Westenrieder war sicher einer der hellsten Köpfe seiner Zeit und trotz seiner jesuitischen Ausbildung zutiefst von den Prinzipien der Aufklärung überzeugt. Dies mag auch zu seiner Mitgliedschaft bei den Illuminaten geführt haben, denen er im Jahre 1779 beitrat. Allerdings missfielen seinem skeptischen Geist wohl die dubiose Geheimniskrämerei, die merkwürdigen Rituale und die zunehmende Vorliebe für esoterische Spielereien in diesem Geheimbund – und so verließ er zum Jahresende die Illuminaten wieder.

Bis zum Schluss aber war Westenrieder ein Vertreter der gemäßigten Aufklärung in München und ein wichtiger Zeitzeuge der turbulenten Jahre, in der der von Adam Weishaupt im Jahre 1776 gegründete Illuminatenorden für Aufruhr im Kurfürstentum sorgte. München war für die Illuminaten gewissermaßen die Hauptstadt, denn hier saß ja auch die Regierung, die es zu unterwandern galt. Dies spiegelt sich zum Beispiel auch darin wider, dass in der Geheimsprache der Illuminaten München "Athen" genannt wurde. Als die Verschwörung aufflog, war es auch zu Ende mit dem Geheimbund, der intern bereits zutiefst zerstritten war. Der Gründer der Illuminaten, Adam Weishaupt, floh 1787 nach Gotha, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.

Guglmänner: Sie führen sich selbst auf Kaiser Barbarossa zurück

Michaelskirche


Der Sarkophag mit dem Leichnam von Ludwig II. in der Michaelskirche. Foto: Stadtspürer

Bis heute gibt es bayerische Geheimgesellschaften, die von sich reden machen, allen voran die mysteriösen Guglmänner. Ihr Erscheinen ist schon unheimlich, treten sie doch in schwarzen Kutten auf, das Gesicht von einer sogenannten Gugl mit Augenschlitzen verhüllt.

Sie führen sich selbst auf Kaiser Friedrich Barbarossa zurück und auf den Kult von Begräbnis-Bruderschaften, die vor allen Dingen adelige Familien im Tod begleiten. Ihr schauriges Auftreten mit gekreuzten Fackeln soll daher auch an die Sterblichkeit des Menschen erinnern: media in vita in morte sumus – mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben. Aber noch eine andere Berufung kennzeichnet sie in unserer Gegenwart: das Bewahren des Gedenkens an König Ludwig II. von Bayern. Sie sind überzeugt davon, dass sein Tod kein Unfall, sondern Mord gewesen sei, und zwar im Auftrag der eigenen Familie, der Wittelsbacher.

Im Zuge der Beweisführung fordern sie die Öffnung des Sarkophages, der in der Gruft der Michaelskirche besucht werden kann. Weil die Guglmänner dort einmal in einer spektakulären Aktion die Unterseite des Sarges fotografierten und tatsächlich Unregelmäßigkeiten in der Beschaffenheit feststellen konnten, ließen die Wittelsbacher rasch einen Zaun um den Sarg errichten, angeblich, um die Totenruhe nicht weiter stören zu lassen . . .

Jesuiten: Ihre Nähe zur Macht erregte Missgunst

Michaelskirche


St. Michael in der Neuhauser Straße. Foto: Stadtspürer

Die Jesuiten wurden im 15. Jahrhundert von Ignatius von Loyola gegründet und etablierten sich bald als besonders papsttreuer Orden mit straffer Hierarchie überall dort, wo es darum ging, den wahren katholischen Glauben gegen die grassierende Reformation zu verteidigen – so auch in Bayern. Die Michaelskirche und das dazugehörige Kolleg legen Zeugnis davon ab, wie wichtig Herzog Wilhelm V. die Positionierung der Jesuiten in der Mitte der Gesellschaft war.

Schnell wurden sie zu Fürstenerziehern und Beichtvätern der Wittelsbacher. Diese Nähe zur Macht und ihr Einfluss auf die Bildungspolitik bis weit ins 18. Jahrhundert hinein, ließen schon früh Verschwörungstheorien rund um diesen Orden blühen. Dies führte 1773 sogar zur Aufhebung des Ordens, die erst 1814 wieder rückgängig gemacht wurde. Die Jesuiten bildeten einen strengen Gegenpol zum Illuminaten-Orden.

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