Für Senioren in München fehlen Tausende Wohnungen

Das Durschnittsalter in München steigt immer weiter. Doch Wohnungen, die sich für Rollstühle eignen, gibt es viel zu wenig, befürchtet eine Gewerkschaft. Was die Stadt nun plant.
von  Christina Hertel
Fast 300.000 Münchner werden in 20 Jahren über 67 Jahre alt sein. Unklar ist, wo sie alle wohnen sollen.
Fast 300.000 Münchner werden in 20 Jahren über 67 Jahre alt sein. Unklar ist, wo sie alle wohnen sollen. © dpa

München - In 20 Jahren werden rund 290.200 Münchner über 67 Jahre alt sein. Das sind fast so viele, wie heute in Augsburg leben. Doch wo sollen all diese Menschen wohnen, wenn sie vielleicht nicht mehr fit genug sind, Treppen zu steigen oder nicht reich genug, um sich die teuren Münchner Mieten leisten zu können? Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) macht sich über diese Frage Sorgen.

Schon jetzt müssten die Zahlen den Wohnungsbaupolitikern Kopfzerbrechen bereiten, schreibt die Gewerkschaft: Laut Pestel-Institut benötigen bereits heute mehr als 43.350 Haushalte in München eine Seniorenwohnung, heißt es dort weiter.

München: "Schon jetzt herrscht ein massiver Mangel an Seniorenwohnungen"

In zwanzig Jahren würden nach Berechnungen der Wissenschaftler über 50.400 Wohnungen gebraucht, in denen Menschen mit einem Rollator oder Rollstuhl klarkommen. "Damit herrscht auch jetzt schon ein massiver Mangel an Seniorenwohnungen. Und demnächst gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente", sagt der Bezirksvorsitzende der IG Bau Oberbayern Harald Wulf.

Neben dem Mangel an altersgerechten Wohnungen befürchtet die IG Bau eine zunehmende Altersarmut durchs Wohnen. "Wenn die Wohnkosten weiter in dem Tempo der letzten Jahre steigen, werden viele Senioren, die damit heute längst noch nicht rechnen, ihren Konsum einschränken müssen", sagt Wulf.

Anne Hübner (SPD): "Für mich hat das Thema höchste Priorität"

Die Gewerkschaft fordert deshalb mehr preiswerten, seniorengerechten Wohnungsbau. Das Bundesbauministerium stelle in diesem Jahr einen Fördertopf von 75 Millionen Euro für den altersgerechten Umbau von Wohnungen zur Verfügung.

"Das Geld reicht bei Weitem nicht", sagt Wulf. Zusätzlich schlägt die IG Bau vor, dass sich Wohnungskonzerne verpflichten, einen Anteil von mindestens 20 Prozent der freiwerdenden Wohnungen altersgerecht umzubauen.

Anne Hübner will dem seniorengerechten Wohnraum in München "höchste Priorität" einräumen.
Anne Hübner will dem seniorengerechten Wohnraum in München "höchste Priorität" einräumen. © Daniel von Loeper

Dass es ein Problem werden könnte, für die vielen Senioren genug Wohnraum zu schaffen, ist im Rathaus angekommen. Die Chefin der SPD-Fraktion Anne Hübner betont: "Für mich persönlich und die SPD hat das Thema höchste Priorität."

Bald gibt es fast 300.000 Senioren in München: Doch der Wohnraum ist knapp

Momentan gibt es 3500 Plätze in verschiedenen Seniorenwohnanlagen, 1900 Plätze in einem betreuten Wohnen und 174 weitere Plätze in Wohnbereichen stationärer Einrichtungen. Für fast 300.000 Münchner Senioren, die 20 Jahren in München leben werden, also viel zu wenig. Noch diesen Herbst werde der Stadtrat über den Stand Planungen informiert, kündigt Hübner an.

Klar ist bereits: 18 Standorte für Seniorenwohnanlagen mit Mehrgenarationenanteil sind in Planung. So geht es aus einer Unterlage hervor. Darunter sind Anlagen, die heuer schon fertig geworden sind wie das Queer Quartier Herzog*in in Sendling, wo lesbische, homosexuelle und trans Senioren wohnen sollen. Aber auf der Liste stehen auch Projekte, bei denen es wohl noch lange dauert, bis jemand einzieht: Drei Anlagen liegen zum Beispiel im Gebiet der SEM Nordost, wo heute noch Ackerland ist.

Seniorengerechte Wohnungen in München: "Leider werden viele Fertigstellungen erst ab 2027 erfolgen"

Außerdem sind 21 Standorte für sogenannte "Sorgende Hausgemeinschaften" angemeldet. Das ist eine Wohnform, bei der Menschen ab 55 Jahren mit geringem Einkommen in einzelnen Mietwohnungen leben und sich mit nachbarschaftlicher Hilfe unterstützen. Bisher gibt es davon sieben für etwa 50 Menschen.

Anne Hübner geht davon aus, dass insgesamt mehrere Tausend Wohnungen für Senioren entstehen werden. Allerdings weiß sie auch: "Leider sind viele Planungsvorläufe sehr lang und viele Fertigstellungen werden erst ab 2027 erfolgen."

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